# taz.de -- Streit um Notunterkunft in Reinickendorf: Integration ist nicht pla… | |
> Eine Montessori-Schule will Angebote für Flüchtlinge schaffen. Doch das | |
> landeseigene Immobilienmanagement verweigert das Gebäude. | |
Bild: Nur ein Platz zum Schlafen reicht auf Dauer nicht: Flüchtlingskinder in … | |
Das Schreiben des zuständigen Staatssekretärs an den Vorstand der Berliner | |
Montessori-Stiftung ist deutlich: Das Landesamt für Gesundheit und Soziales | |
werde eine ehemalige französische Schule im Reinickendorfer Stadtteil | |
Waidmanslust „nach dem 31. Mai nicht mehr als Notunterkunft für | |
Flüchtlinge“ nutzen. „Ich hoffe, dass mit dieser Entscheidung die für Sie | |
notwendige Planungssicherheit geschaffen werden konnte“, schreibt „Mit | |
freundlichen Grüßen“ Dirk Gerstle, Staatssekretär in der Verwaltung von | |
Sozialsenator Mario Czaja (CDU), Mitte Dezember. | |
In das ehemalige „College Voltaire“ sollen 113 Montessori-Grundschüler | |
ziehen, die derzeit in einem Gebäude der Diakonie in Heiligensee | |
untergebracht sind. Die Diakonie braucht das Gebäude aber selbst, seit | |
Oktober 2014 ist die Montessori-Stiftung deshalb auf der Suche nach einer | |
Alternative. Im März 2015 einigte man sich mit Lageso und der landeseigenen | |
Berliner Immobilienmanagement GmbH (BIM), die die ehemalige französische | |
Schule verwaltet, auf eine Übergabe zum Juni 2016. | |
Die im Dezember bekräftigte „Planungssicherheit“ für | |
Montessori-Stiftungsvorstand Christian Grune währte schließlich genau eine | |
Woche. Kurz vor Weihnachten hatte Grune die Geschäftsführung der BIM am | |
Telefon: Man sehe sich leider nicht im Stande, die Gebäude „termingerecht“ | |
zu übergeben und ziehe das Mietvertragsangebot daher zurück. | |
Das bestätigt die BIM am Freitag auch auf taz-Anfrage: Hintergrund sei, | |
dass das Lageso den Standort in der Avenue Charles de Gaulle vorläufig | |
nicht aufgeben werde, so ein Sprecher. Die für das Lageso zuständige | |
Senatsverwaltung hat ihre schriftliche Zusage, ab 1. Juni könne die | |
Montessori-Stiftung die Gebäude nutzen, allerdings bisher nicht | |
zurückgenommen. Die rund 150 notuntergebrachten Flüchtlinge würden | |
„kurzfristig“ auf andere Einrichtungen verteilt, hatte eine Sprecherin aus | |
Czajas Verwaltung Ende Dezember versichert. | |
## Hinhaltetaktik seitens des Lageso? | |
Unklar nun also, ob BIM und Lageso schlicht aneinander vorbei kommunizieren | |
– oder ob das Lageso die landeseigenen Immobilienverwalter vorschickt, um | |
eine Entscheidung so lange hinauszuzögern, bis eine rechtzeitige Sanierung | |
zum neuen Schuljahr nicht mehr zu schaffen ist. Denn das Lageso ist froh | |
über jedes Gebäude, das es als Notunterkunft bekommen kann: Die sechs | |
offiziellen Erstaufnahmeeinrichtungen reichen schon lange nicht mehr. 144 | |
Notunterkünfte, inklusive mehrerer Massenunterkünfte wie etwa am | |
Tempelhofer Feld, hat die Senatsverwaltung für Soziales inzwischen | |
eingerichtet (siehe auch Infokasten). Die BIM bestreitet eine | |
Hinhaltetaktik allerdings – man richte sich lediglich nach den Bedürfnissen | |
des Lageso. | |
Dabei müsste es nach den Vorstellungen der Montessori-Stiftung gar nicht zu | |
einem Entweder-Oder, entweder Flüchtlinge oder Schulkinder, kommen. „Wir | |
haben wiederholt Angebote für ein gemeinsames Nutzungskonzept als Schule | |
und Notunterkunft gemacht und wollen auch langfristige Integrationsangebote | |
für Flüchtlingskinder aufbauen“, sagt Stiftungsvorstand Grune. So habe man | |
etwa angeboten, zunächst lediglich eins von den drei Gebäudeteilen zu | |
nutzen. Weil die 2012 eröffnete Montessori-Schule bisher nur einen | |
Grundschulteil hat und ein Sekundarbereich erst aufgebaut werden soll, | |
brauche man nicht sofort den gesamten Platz. Auch Willkommensklassen sowie | |
reguläre Schulplätze für Flüchtlingskinder wolle man anbieten. | |
Die regionale Schulaufsicht hätte sich bereits positiv geäußert, so Grune. | |
Kein Wunder, wird der Platz an den öffentlichen Schulen für die Einrichtung | |
weiterer Willkommensklassen doch zunehmend knapp (taz berichtete). Die | |
Elternschaft hätte ebenfalls bereits positiv auf die Pläne reagiert, sagt | |
Grune. BIM und Lageso seien auf den Kompromissverschlag aber bisher nicht | |
eingegangen. | |
Am heutigen Monat will sich Sozialsenator Czaja offenbar nochmal mit allen | |
Beteiligten über den Fall abstimmen. „Bis Ende Januar müssen wir auch | |
gegenüber den Eltern definitiv eine Aussage machen können“, so Grune. Knapp | |
50 Neuanmeldungen gibt es für das kommende Schuljahr, neun Pädagogen sollen | |
eingestellt werden. | |
10 Jan 2016 | |
## AUTOREN | |
Anna Klöpper | |
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