# taz.de -- Wirtschaftliche Entwicklung in Kuba: Wachstum für alle? 2016 eher … | |
> Trotz besserer Beziehungen zu den USA steht Kuba ein hartes Jahr bevor. | |
> Es muss gespart werden. Die geplanten Reformen ziehen bislang nicht. | |
Bild: So stellen sich Touristen Kuba vor: Mit einem Oldtimer in den Sonnenunter… | |
Der dringendste Wunsch vieler Kubaner für 2016 ist wirtschaftliches | |
Wachstum. Und zwar Wachstum, von dem auch etwas ankommt. Denn die | |
Lebensbedingungen auf der Insel haben sich auch nach den ersten | |
vorsichtigen Reformen kaum verbessert. Doch mit der Erfüllung dieses | |
Wunsches sieht es nicht besonders gut aus, wie Kubas Präsident Raúl Castro | |
der halbjährlich zusammenkommenden Nationalversammlung in Havanna erklärte. | |
Ein Plus von gerade mal zwei Prozent erwartet er, halb so viel wie im | |
laufenden Jahr. | |
Dabei will die Regierung im neuen Jahr 7.841 Millionen Peso (rund 309 | |
Millionen Euro) investieren, „unnötige Ausgaben“ sollen allerdings gekürzt | |
werden. Priorität bei der Entwicklung sollen Sektoren wie der Tourismus, | |
der Energiesektor und die Landwirtschaft haben, sagte Kubas Superminister | |
Marino Murillo. Er ist für Planung und Wirtschaft zuständig und zugleich | |
oberster Verantwortlicher für die Umsetzung der Reformbeschlüsse des | |
letzten Parteitags der Kommunistischen Partei. | |
Murillo gab auch gleich die Devise für das neue Jahr aus. Kuba müsse die | |
Produktion steigern und die Importe senken: „Alles, was wir in Kuba | |
produzieren können, sollten wir auch hier herstellen“, sagte der Minister | |
vor den Abgeordneten. „Es ist besser, Rohstoffe zu importieren und sie hier | |
weiterzuverarbeiten, als die fertigen Produkte auf dem Weltmarkt zu | |
kaufen.“ | |
Wie das genau aussehen soll, ist unklar. Derzeit verlassen viele Menschen | |
die Insel, weil sie zu wenig Perspektiven sehen. Pavel Vidal, | |
Wirtschaftsprofessor an der Universität Javeriana im kolumbianischen Cali, | |
erklärt: „Nur rund 8 bis 10 Prozent der Bevölkerung sind eigenständig, | |
arbeiten für einen Kleinunternehmer und profitieren direkt von den Reformen | |
der letzten Jahre.“ Die restlichen Kubaner seien auf einen „überaus mageren | |
staatlichen Lohn“ angewiesen. | |
Das dämpft die Arbeitsmotivation nachhaltig, und die doppelte Währung tut | |
ein Übriges. Seit der Einführung des US-Dollar im Jahr 1993 (der später | |
durch den Devisenpeso CUC ersetzt wurde) gibt es eine schädliche | |
Zweiteilung der kubanischen Wirtschaft. „Letztlich lässt sich aufgrund der | |
doppelten Struktur nicht vernünftig messen, welche Unternehmen | |
konkurrenzfähig sind und welche nicht“, kritisiert Vidal. Dieses | |
Kernproblem der kubanischen Wirtschaft soll die anvisierte Währungsreform | |
beseitigen. | |
Doch die war bei der Parlamentsdebatte am Dienstag kein Thema, obwohl | |
Wirtschaftsminister Murillo auf die schädlichen Effekte der doppelten | |
Währung einging. Das Fehlen von Großmärkten, an denen sowohl Kleinbauern | |
als auch Selbstständige zu Großhandelspreisen einkaufen könnten, wurde laut | |
dem staatlichen Nachrichtenportal Cubadebate zwar diskutiert, doch Neues | |
gab es auch hier nicht zu vermelden. Beide Reformen sollen eigentlich bis | |
zum Parteitag der Kommunistischen Partei im April initiiert werden. | |
## Beziehungen zu Venezuela kühlen ab | |
Doch danach sieht es derzeit nicht aus. „Eine Währungsreform hat nur Sinn, | |
wenn der Geldmenge ausreichend viele Produkte gegenüberstehen. Das ist | |
nicht der Fall. Und es fehlt auch an Reserven, um höhere Löhne und ein | |
höheres Angebot übergangsweise finanzieren zu können“, erklärt Omar | |
Everleny Pérez, Ökonom am Studienzentrum der kubanischen Wirtschaft. | |
Zudem macht der Regierung zu schaffen, dass die Perspektiven des | |
bilateralen Austauschs mit dem Bruderland Venezuela düster sind, seit sich | |
dort Anfang Dezember die Opposition gegen die Regierung des sozialistischen | |
Präsidenten Nicolas Maduro durchgesetzt hat. Die Öllieferungen sollen | |
bereits reduziert worden sein, und der Rohstoffpreisverfall hat Caracas in | |
finanzielle Nöte gebracht. Davon ist auch Kuba betroffen, das von dort | |
immer großzügig gefördert wurde. | |
30 Dec 2015 | |
## AUTOREN | |
Knut Henkel | |
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