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# taz.de -- NSU-Prozess in München: Zschäpe macht Winterpause
> Der Richter lässt Zweifel an der Erklärung der Hauptangeklagten erkennen.
> Er hat viele Nachfragen. Auf Antworten muss er warten.
Bild: Beate Zschäpe muss dem Richter über 50 Nachfragen zu ihrer Aussage bean…
München taz | Manfred Götzl versucht es einfach. „Sie hatten ja in Ihrer
Einlassung auf Ihren Alkoholkonsum abgestellt“, fragt der Richter am
Dienstagmittag direkt Beate Zschäpe, die nur wenige Meter vor ihm sitzt.
„Wie häufig haben Sie denn Alkohol konsumiert, mit welcher Wirkung?“
Zschäpe schaut fragend ihren Verteidiger Mathias Grasel an, der greift zum
Mikro: Man habe sich besprochen, seine Mandantin aber fühle sich weiter
nicht in der Lage, Fragen mündlich zu beantworten.
Es ist Tag 1 nach der 53-seitigen Erklärung von Zschäpe im Münchner
NSU-Prozess, nach zweieinhalb Jahren Schweigen: zum Vorwurf der
Mittäterschaft bei den zehn Morden des NSU, den zwei Anschlägen, den 15
Überfällen. All dies sei Werk ihrer Kumpanen Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos
gewesen, hatte Zschäpe vergangene Woche über ihren Anwalt verlesen lassen.
Sie selbst habe erst im Nachhinein davon erfahren, die Taten stets
verurteilt, die „Uwes“ aber auch nicht davon abbringen können.
Nun liegt der Ball wieder bei Götzl. Grasel hatte angeboten, das Gericht
dürfe Fragen stellen – aber nur schriftlich. Ein beispielloser Vorstoß. Man
wolle „Missinterpretationen“ der Antworten vermeiden, bekräftigt Grasel am
Dienstag. Und Götzl, der sonst gern den Ton angibt, lässt sich überraschend
darauf ein. Zu wichtig ist ihm offenbar, die Chance zu wahren, doch noch
offene Fragen im NSU-Komplex zu klären.
Mehr als 50 Fragen sind es schließlich, die Götzl runterreferiert. Zu fast
jeder Seite der Zschäpe-Erklärung hakt er nach. Wer war vor dem
Untertauchen neben Zschäpe noch in der „Kameradschaft Jena“? Wer hatte
alles Schlüssel zu der von ihr angemieteten Garage, in der die Polizei
Sprengstoff fand? Warum war sich Zschäpe im November 2011 so sicher, dass
es um Mundlos und Böhnhardt ging, als im Radio von zwei toten Bankräubern
die Rede war?
## Antworten erst im neuen Jahr
Regungslos verfolgt Zschäpe den Fragenkatalog, den Blick starr zur
Richterbank. Anwalt Grasel kommt mit dem Tippen kaum hinterher. Man werde
die Fragen beantworten, verspricht er, allerdings erst im neuen Jahr. Wohl
kann beiden nicht sein.
Denn Götzl deutet mit seinen Fragen an, dass er der Erklärung wenig Glauben
schenkt. Immer wieder fragt er nach Einzelheiten. Und Götzl will die Namen
weiterer Helfer und Waffenbeschaffer wissen. Er will die Rolle von Susann
E. erklärt bekommen, der engsten Vertrauten Zschäpes und Frau des
mitangeklagten André E., die wöchentlich bei dem Trio ein- und ausging.
Alles Punkte, die Zschäpe in ihrer Erklärung tunlichst ausgespart hatte.
Bereits am Vormittag erhielt die 40-Jährige zudem einen weiteren Dämpfer.
Ein Fluchthelfer des NSU hatte ausgesagt, Volker H.. Zschäpe selbst hatte
Volker H. in ihrer Einlassung erwähnt: Die Wohnung seiner Eltern sei der
erste Anlaufpunkt nach dem Untertauchen gewesen. Volker H. aber
widerspricht: Die Wohnung sei bereits aufgelöst gewesen, weil sich seine
Eltern getrennt hatten. Zschäpe verfolgt auch diese Aussage mit
angestrengtem Blick. Der Befreiungsschlag, den sie sich mit ihrer Erklärung
erhofft hatte – er bleibt aus.
15 Dec 2015
## AUTOREN
Konrad Litschko
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NSU-Prozess
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