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# taz.de -- Türkisch-russischer Konflikt: Irak wird zum Schauplatz
> Moskau und Ankara streiten wegen der Entsendung türkischer Soldaten in
> den Irak. Putin schickt zusätzliche Kriegsschiffe ins östliche
> Mittelmeer.
Bild: Der russische Lenkwaffenkreuzer „Moskau“ bei der Fahrt durch den Bosp…
Istanbul taz | Der Druck Russlands auf die Türkei aus Ärger über den
Abschuss eines russischen Kampfbombers nimmt immer mehr zu. Bereits vor
einigen Tagen hatte Präsident Wladimir Putin gedroht, sein Land werde es
gegenüber der Türkei nicht bei ökonomischen Sanktionen belassen. Allmählich
wird deutlicher, wie dies aussehen könnte.
Ende letzter Woche wurde die Türkei von der Regierung in Bagdad zu ihrer
Überraschung ultimativ aufgefordert, türkische Truppen im Nordirak, die
dort kurdische Perschmerga-Kämpfer gegen den „Islamischen Staat“ (IS) für
eine Rückeroberung der Stadt Mossul trainieren, sofort aus dem Irak
abzuziehen. Anlass war nach türkischen Angaben eine Truppenrotation, bei
der alte durch frische Einheiten ersetzt und dabei zahlenmäßig aufgestockt
werden sollten.
Die Aufstockung, zu der auch ein Panzerverband gehören sollte, begründete
die türkische Seite mit einer erhöhten Gefährdung der Ausbilder, die
geschützt werden müssten.
Iraks Ministerpräsident Haider al Abadi drohte daraufhin, den
UN-Sicherheitsrat einzuschalten, wenn die Türkei ihre Truppen nicht bis
Dienstagabend abzieht. Am Montag machte der türkische Ministerpräsident
Ahmet Davutoğlu einen Rückzieher und sagte, man werde die zusätzlichen
Truppen zunächst an der Grenze positionieren, bis der Streit mit Bagdad
geklärt sei.
Der Präsident des kurdischen Autonomiegebietes, Masud Barsani, auf dessen
Territorium die türkischen Soldaten, ähnlich wie die Bundeswehr,
Peschmerga-Truppen ausbilden, erklärte das Ganze zu einem Missverständnis.
Barsani wird am Mittwoch in Ankara erwartet.
## Gezielter russischer Druck
Tatsächlich handelt es sich bei dieser Krise wohl kaum um ein
Missverständnis, sondern um gezielten Druck Russlands. Wohl auf Bitten
Putins hatte Iran in Bagdad darauf gedrängt, dass die türkischen Soldaten
aus dem Nordirak abgezogen werden. Die Regierung in Bagdad kooperiert eng
mit dem Regime in Teheran und Iran und Russland bilden eine gemeinsame
Front zur Unterstützung des syrischen Präsidenten Baschar al-Assad. Der
plötzliche Ärger, den die Türkei nun im Irak hat, dürfte deshalb ein Teil
der russischen „Rache“ sein.
Türkische Medien berichteten in den vergangenen Tagen mehrfach über
Äußerungen russischer Parlamentarier, die davon sprechen, die Türkei durch
die Unterstützung der kurdischen PKK und Armeniens weiter unter Druck zu
setzen. Das könnte der Hintergrund dafür sein, dass kurdische YPG-Milizen
in Syrien, die mit der PKK verbündet sind, türkischen Drohungen zum Trotz
den Euphrat nach Westen hin überschritten und dort jetzt Kämpfe mit
turkmenischen und islamistischen Milizen ausfechten, die wiederum von der
Türkei, Saudi-Arabien und den USA unterstützt werden.
Gestern wurde außerdem bekannt, dass Russland als weitere Drohkulisse
Kampfhubschrauber an die türkische Grenze in Armenien verlegen will.
Außerdem werden zusätzliche russische Kriegsschiffe ins östliche Mittelmeer
verlegt. Dabei kam es am Wochenende zu einem Eklat, weil auf dem Deck eines
russischen Kriegsschiffes während der Durchfahrt durch den Bosporus
Soldaten mit Flugabwehrraketen auf der Schulter platziert worden waren.
## Forderung nach Bosporus-Durchfahrverbot
Seitdem werden in der Türkei Stimmen lauter, die fordern, die Meerengen des
Bosporus und die Dardanellen, die russische Schiffe aus dem Schwarzen Meer
auf dem Weg ins Mittelmeer passieren müssen, für russische Kriegsschiffe
vorübergehend zu sperren. Die Sperrung des Bosporus allerdings wäre ein so
massiver Eskalationsschritt, dass die USA wohl alles tun werden, um die
türkische Regierung davon abzuhalten.
Zur Rettung einer gemeinsamen Front gegen den IS versucht US-Präsident
Obama verzweifelt, Putin und Recep Tayyip Erdoğan an einen Tisch zu
bringen. Ein erstes Treffen des türkischen und russischen Außenministers am
Rande einer OSZE-Konferenz blieb am Wochenende ergebnislos.
8 Dec 2015
## AUTOREN
Jürgen Gottschlich
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