| # taz.de -- Jürgen Trittin über Atom-Finanzen: „Es geht überhaupt nicht um… | |
| > Wie lässt sich das nötige Geld für den Atomausstieg sichern? Jürgen | |
| > Trittin hofft auf eine Einigung der von ihm geleiteten Kommission mit den | |
| > Betreibern. | |
| Bild: Nicht jedes Lager für radioaktive Abfälle stellt sich hinterher als gut… | |
| taz: Herr Trittin, an diesem Mittwoch befragt die neue Kommission zur | |
| Sicherung der Atom-Finanzen die Energiekonzerne. Trauen Sie denen | |
| eigentlich noch über den Weg? | |
| Jürgen Trittin: Der Auftrag an die Kommission lautet nicht, jemandem zu | |
| trauen, sondern etwas zu überprüfen: ob der Rückbau der Atomkraftwerke und | |
| die Endlagerung des Atommülls noch immer abgesichert sind. Und dafür müssen | |
| wir natürlich auch die Sicht der betroffenen Unternehmen kennen. | |
| Vor 15 Jahren haben Sie mit den gleichen Konzernen den „Atomkonsens“ | |
| ausgehandelt. Den haben diese später aufgekündigt, und gegen den neuen | |
| Ausstieg kämpfen sie derzeit vor Gericht. Ist das eine gute Basis für | |
| Zusammenarbeit? | |
| Um zu gewährleisten, dass es beim Verursacherprinzip bleibt, soll die | |
| Kommission ja einen Vorschlag machen für eine gesetzliche Regelung. Dass | |
| die Bundesregierung einer Großen Koalition in diese Richtung geht, hat | |
| vielleicht auch mit den Erfahrungen zu tun, die auch Mitglieder der | |
| jetzigen Bundesregierung mit Verabredungen mit den Unternehmen gemacht | |
| haben. | |
| Das heißt, jetzt kommt die späte Rache? | |
| Nein, es geht überhaupt nicht um Rache, sondern darum, eine Lösung für ein | |
| Problem zu finden, das nach dem gemeinsam beschlossenen Atomausstieg und | |
| dem Neubeginn der Endlagersuche noch offen geblieben ist. Das ist ja | |
| durchaus auch im Interesse der Unternehmen. Wie sich gerade bei RWE wieder | |
| gezeigt hat, haben die ja große Probleme, neue Kredite zu bekommen, solange | |
| ihnen die Verbindlichkeiten für Rückbau und Endlager am Bein hängen. | |
| Das Problem war auch schon bekannt, als Sie Umweltminister waren. Warum | |
| haben Sie es nicht schon damals geregelt? | |
| Ich habe als Minister dafür plädiert, die Rückstellungen in einen | |
| öffentlich-rechtlichen Fonds zu überführen. Doch diese Frage konnten wir | |
| nicht im Konsens mit der Industrie lösen. Und zu einer nichtkonsensualen | |
| Lösung war unser Koalitionspartner seinerzeit nicht bereit. | |
| Wie groß ist denn aus Ihrer Sicht das Risiko, dass am Ende doch der | |
| Steuerzahler auf einem Teil der Kosten sitzen bleibt? | |
| Das Gutachten der Regierung sagt, es gibt eine 25-prozentige | |
| Wahrscheinlichkeit, dass die Erlöse der Unternehmen nicht reichen, um die | |
| Kosten zu decken. Das ist eine ziemlich hohe Zahl. Was am Ende tatsächlich | |
| passiert, lässt sich seriös nicht vorhersagen. Wir reden über sehr lange | |
| Zeiträume. | |
| Sehen Sie die Gefahr, dass die Unternehmen noch schneller pleitegehen, wenn | |
| die Rückstellungen für Rückbau und Endlagerung in einen externen Fonds | |
| überführt werden? | |
| Die Rückstellungen sind ja ohnehin Fremdkapital. Am Wert des Unternehmens | |
| würde sich quasi nichts ändern, wenn das durch anderes Fremdkapital ersetzt | |
| würde. Die praktische Frage ist aber, ob es überhaupt jemanden gibt, der | |
| den Unternehmen neues Kapital gibt. Und das hängt wiederum davon ab, wie | |
| das Geschäftsmodell der Energiekonzerne beurteilt wird. | |
| Die Kommission soll möglichst im Konsens entscheiden. Ist das mit den | |
| atompolitischen Hardlinern wie dem Unions-Fraktionsvize Michael Fuchs | |
| überhaupt denkbar? | |
| Ich teile die Auffassungen von Herrn Fuchs nicht. Entscheidend wird aber | |
| eher sein, was die Unternehmen wollen. Wenn sie einsehen, dass es auch in | |
| ihrem Interesse ist, diese Frage zu lösen, weil sie ihre Zukunft belastet, | |
| sehe ich eine Chance, dass wir einen konsensualen Vorschlag finden. | |
| Und was passiert, wenn Sie sich nicht einigen? | |
| Dann haben die Unternehmen ein immer weiter wachsendes Problem. | |
| 24 Nov 2015 | |
| ## AUTOREN | |
| Malte Kreutzfeldt | |
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