# taz.de -- Forschung in den neuen Bundesländern: Aufbau Ost mit Lupinen | |
> Ob Ultrakurzpuls-Laser aus Jena oder Organische Elektronik aus Dresden – | |
> das Programm „Unternehmen Region“ fördert seit 15 Jahren. | |
Bild: Ein Vorzeigeprojekt: OncoRay, das Nationale Zentrum für Strahlenforschun… | |
Berlin taz | Es mundet nicht nur veganen Schleckermäulern: das pflanzliche | |
Speiseeis „Lupinesse“, frei von Cholesterin, Gluten, Laktose und tierischen | |
Inhaltsstoffen. Das aus der „Blauen Süßlupine“ gewonnene Eiweiß kann auch | |
in anderen Milch- und Käseprodukten eingesetzt werden und könnte bald dem | |
Soja als Fleischalternative den Rang ablaufen. Entwickelt wurde die | |
Ernährungsinnovation, die vor einem Jahr auch mit dem [1][Deutschen | |
Zukunftspreis] ausgezeichnet wurde, von dem Rostocker | |
[2][Forschungskonsortium PlantsProFood]. | |
Das am Markt erfolgreiche Lupineneis war in dieser Woche eines von vielen | |
Beispielen auf der Berliner Konferenz des Förderprogramms [3][“Unternehmen | |
Region“], mit dem das Bundesforschungsministerium (BMBF) seit 15 Jahren | |
versucht, den ostdeutschen Bundesländern per Innovationsschub aus der | |
wirtschaftlichen Talsohle zu helfen. Insgesamt 1,57 Milliarden Euro wurden | |
seit 1999 an BMBF-Mitteln in rund 3.000 Einzelprojekte investiert, bei | |
denen sich jeweils Wissenschaftler und Unternehmen zusammentun, um in ihrer | |
Region eine bestimmte technische Innovation marktfähig zu machen. | |
Ultrakurzpuls-Laser aus Jena oder Organische Elektronik aus Dresden, beide | |
ebenfalls mit dem Zukunftspreis des Bundespräsidenten „geadelt“, entstanden | |
aus Initiativen von „Unternehmen Region“. Obwohl es in Sachsen-Anhalt | |
keinen Autohersteller gibt, konnte sich das Zuliefernetzwerk MAHREG für die | |
Autothemen Aluminium und Virtuelles Engineering bilden, das heute über | |
10.000 Beschäftigte umfasst. | |
Mit Forschung dem Osten wirtschaftlich auf die Beine helfen? Für Hans-Peter | |
Hiepe, den zuständigen Programmleiter des BMBF, ist es keine Frage, dass | |
dies gelingen kann: „Wir haben viel bewegt in den 15 Jahren.“ Nach der | |
Wende, als die alten Industriekombinate der DDR flächendeckend | |
zusammenbrachen und ein funktionierender Mittelstand kaum vorhanden war, | |
blickt Hiepe zurück, „ging es um die Erschließung der endogenen | |
Innovationspotenziale“. Im Unterschied zum „Aufbau Ost“ der | |
Infrastrukturpolitiker mit Straßenbau und Stadtsanierung setzte die | |
Forschungspolitik auf die „Ressource Kreativität“. | |
Werden die klugen Köpfe richtig zusammengebracht, kann einiges bewegt | |
werden. In Dresden entstand in zehn Jahren aus dem Innovationscluster | |
OncoRay das Nationale Zentrum für Strahlenforschung in der Onkologie, das | |
zusammen mit Kollegen aus Heidelberg heute international an der Spitze | |
dieser Krebsbehandlungstechnik steht. Gern erzählt Hiepe auch die | |
Geschichte vom Musicon Valley im Vogtland, wo die alte Handwerkstradition | |
des Musikinstrumentenbaus mit neuen Technologien der Materialbehandlung | |
verheiratet wurde. | |
Wie es weitergehen kann, skizzierte der Kölner Zukunftsforscher [4][Klaus | |
Burmeister] mit Blick auf die Automatisierung der Produktion, habe diese | |
heute die Dienstleistungen erreicht. Für die Zukunft stehe die | |
„Automatisierung von Wissen“ an. Deep Learning werde das „nächste große | |
Ding“ der Informationsgesellschaft sein, sah Burmeister voraus. Schon jetzt | |
zeichne sich in der Bildung, wo Deutschland nur im Mittelfeld liege, „ein | |
digitaler Tsunami“ ab. | |
## Eine kritische Stimme | |
Kritisch wurde auf der Konferenz die Bewertung des Düsseldorfer | |
Innovationsforschers [5][Jens Südekum] aufgenommen. In der Auswertung | |
zahlreicher internationaler Studien war er zu dem Urteil gelangt, dass die | |
Förderung von Wirtschaftsclustern nur geringe ökonomische Effekte nach sich | |
ziehe, quasi die Antithese zur Konferenz. | |
Da musste sogar Forschungsministerin Johanna Wanka (CDU) aufstehen, um zu | |
kontern: „Aber unsere Expertenkommission für Forschung und Innovation hat | |
uns das genaue Gegenteil erzählt.“ Es wäre hilfreicher, wenn sich die | |
Ökonomen besser abstimmen würden. | |
Anderswo im Westen kommen die Erfolgsbeispiele aus Ostdeutschland besser | |
an. So verständigte sich der Bundestag in der vorigen Woche darauf, das | |
Programm „Unternehmen Region“ im nächsten Jahr um zusätzlich 10 Millionen | |
Euro aufzustocken, damit es auch auf die westdeutschen Bundesländer | |
ausgerollt werden kann. Das Geld solle „bundesweit für Regionen mit | |
besonderen Herausforderungen beim Strukturwandel eingesetzt werden können“, | |
begründete die CDU-Bundestagsabgeordnete Anette Hübinger aus Saarbrücken | |
den Schritt: „Davon kann auch das Saarland profitieren“. | |
21 Nov 2015 | |
## LINKS | |
[1] http://www.deutscher-zukunftspreis.de/de | |
[2] http://www.unternehmen-region.de/de/4569.php | |
[3] http://www.unternehmen-region.de/ | |
[4] http://foresightlab.de/gruender/ | |
[5] https://sites.google.com/site/jenssuedekum/ | |
## AUTOREN | |
Manfred Ronzheimer | |
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