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# taz.de -- Abgas-Verhandlungen in Brüssel: Doppelter Dreck? Kein Problem!
> In Zukunft werden Abgaswerte auch auf der Straße gemessen. Der
> Labor-Grenzwert darf weit überschritten werden – auf Druck Deutschlands.
Bild: Ob selbst dieser Stinker unter den Grenzwerten aus Brüssel liegt?
Brüssel taz | Die Entscheidung fiel hinter geschlossenen Türen, in einer
selbst für EU-Diplomaten unzugänglichen Expertenrunde nach dem sogenannten
Komitologie-Verfahren. Sie sollte zeigen, dass Europa die Lehren aus dem
Betrugsskandal bei Volkswagen gezogen hat.
Doch was am Mittwoch nach dem Treffen in Brüssel durchsickerte, sieht nicht
nach einem Kurswechsel aus: Die Abgastests für Diesel-Pkw werden künftig
zwar unter realen Straßenbedingungen durchgeführt – und nicht mehr nur im
Labor, wie bisher.
Doch gleichzeitig werden hohe Abweichungen zu den Labor-Grenzwerten
erlaubt. Nach Angaben der Grünen werden Autos bis 2019 im realen Betrieb
noch 168 Milligramm Stickoxid pro Kilometer ausstoßen dürfen – mehr als
doppelt so viel wie die im Gesetz vorgesehenen 80 Milligramm. Auch nach
2019 soll eine Überschreitung von 50 Prozent erlaubt sein.
Damit hat sich die deutsche Regierung durchgesetzt, die die Interessen der
Autoindustrie traditionell besonders vehement vertritt. Zuletzt hatte sich
sogar Umweltministerin Barbara Hendricks (SPD) für eine deutliche
Überschreitung der offiziellen Grenzwerte auch nach 2019 ausgesprochen. Es
gehe „nicht darum, Industrie zu schützen, sondern wir müssen umsetzen, was
technologisch möglich ist“, sagte sie dem Deutschlandfunk. Was das konkret
bedeutet, ließ Hendricks offen. Auch die deutschen EU-Vertreter hielten
sich bedeckt.
## EU-Vorschlag nicht berücksichtigt
Zwar will auch die Brüsseler Behörde Abweichungen von den Grenzwerten
zulassen, allerdings viel geringere als die nun beschlossenen. Der
Vorschlag der EU-Kommission sieht zweijährige Übergangsfristen mit
Abweichungen von 60 Prozent vor, danach wäre nur noch ein vergleichsweise
kleiner Unterschied erlaubt.
Hinter den Vorschlag aus Brüssel hatte sich am Dienstag das Europaparlament
in Straßburg gestellt. Allerdings konnten sich die Abgeordneten nicht auf
die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zur VW-Affäre einigen. Das
hatten die Grünen, liberale und linke Abgeordnete in einer seltenen Allianz
gefordert. Der Vorstoß wurde jedoch von der großen Koalition aus
Konservativen und Sozialdemokraten abgeschmettert.
Dass nun auch noch die neuen Abgastests aufgeweicht werden sollen,
quittieren die Grünen mit Unverständnis. „Diese Entscheidung zeigt, dass
die Interessen der Automobilindustrie offenbar nach wie vor mehr wiegen als
der Schutz von Umwelt und Gesundheit in der Europäischen Union“, sagte
Martin Häusling, der im Umweltausschuss sitzt.
28 Oct 2015
## AUTOREN
Eric Bonse
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VW-Abgas-Skandal
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