| # taz.de -- Pressefreiheit in der Türkei: Polizei stürmt Medienhaus | |
| > Vor laufender Kamera haben türkische Sicherheitskräfte die Kontrolle über | |
| > zwei TV-Sender übernommen. Sie gelten als regierungskritisch. Am Sonntag | |
| > wird gewählt. | |
| Bild: Bereits am Dienstag hatten sich türkische Polizisten vor dem Koza-Ipek-H… | |
| Istanbul taz | Als Teil einer neuerlichen Eskalation zwischen Regierung und | |
| Opposition, hat die Polizei am Mittwochmorgen ein Medienhaus in Istanbul | |
| gestürmt. In dem Medienzentrum sind zwei Fernsehsender und zwei | |
| Tageszeitungen untergebracht sind, die beide zur Koza-Ipek Holding gehören, | |
| einem Konzern, der dem Umfeld der islamischen Gülen Sekte zugerechnet wird. | |
| Bugün-TV und Kanaltürk, sowie die beiden Tageszeitungen Bugün und Millet | |
| gehören zu den wenigen in der Türkei noch verbliebene Oppositionsmedien, | |
| die Präsident Erdogan und seine AKP scharf kritisieren. | |
| Mit der Besetzung durch die Polizei am Mittwoch sind damit vier Tage vor | |
| den Parlamentswahlen die Möglichkeiten der Opposition sich Gehör zu | |
| verschaffen, weiter eingeschränkt worden. | |
| Da bereits am Vortag die Muttergesellschaft des Medienhauses, die Koza-Ipek | |
| Holding in Ankara unter Zwangsverwaltung gestellt worden war, hatten die | |
| Redakteure bereits mit dem Erscheinen der Polizei gerechnet und sich in | |
| ihrem Haus im Istanbuler Stadtteil Sisli verbarrikadiert. | |
| Mit schwerem Gerät, darunter Räumpanzer und Wasserwerfer, verschaffte sich | |
| die Polizei Zugang zu dem Gebäude. Es kam zu tumultartigen Szenen. Die | |
| Polizei verprügelte Journalisten und ging mit Tränengas und Wasserwerfern | |
| gegen Sympathisanten vor dem Gebäude vor. Selbst ein Abgeordneter der | |
| oppositionellen ultrarechten MHP, der zur Unterstützung der Redaktion | |
| herbeigeeilt war, wurde verprügelt. | |
| ## Noch senden sie | |
| Trotzdem schaffte es die Mannschaft von Bugün-TV bis zum frühen Nachmittag | |
| weiter zu senden. Im Laufe des Tages trafen immer mehr Unterstützer der | |
| Redaktion ein, darunter auch prominente Oppositionspolitiker. | |
| Der Angriff auf Bugün und Kanaltürk ist Teil einer umfassenden Kampagne, | |
| die insbesondere Präsident Erdogan gegen sämtliche oppositionelle Medien | |
| durchführen lässt. Erst vor wenigen Wochen war das Redaktionshaus der | |
| größten regierungskritischen Zeitung Hürriyet von einem von | |
| AKP–Abgeordneten dirigierten Mob angegriffen worden. | |
| Mit Mühe entkam die Redaktion größerem Unheil. Die linke Cumhuriyet war | |
| bereits mehrfach Ziel von Angriffen, ihr Chefredakteur Can Dündar ist mit | |
| einer Anklage konfrontiert, die für ihn zwei Mal lebenslängliches Gefängnis | |
| fordert. Auch die linke Tageszeitung Birgün wird mit einer Flut von | |
| Prozessen überzogen. | |
| Bugün und Kanaltürk sind allerdings noch ein Sonderfall. Die Koza-Ipek | |
| Holding, zu dem die Mediensparte gehört, ist einer der größten | |
| Börsennotierten Konzerne der Türkei, der sein Geld hauptsächlich mit | |
| Goldminen, Bergwerken und im Energiesektor verdient. | |
| ## Das Aus droht | |
| Der Chef der Holding, Akin Ipek, war lange Jahre mit Erdogan gut befreundet | |
| und selbst Profiteur einer früheren Enteignungskampagne kemalistischer | |
| Medien vor knapp 10 Jahren. Das änderte sich erst vor drei Jahren, als | |
| Erdogan sich mit der Gülen-Gemeinde, zu der Akin Ipek gehört, völlig | |
| überwarf und Gülen-Anhänger seitdem gnadenlos verfolgen lässt. | |
| In diesem Krieg spielen Bugün und Kanaltürk eigentlich nur eine Nebenrolle, | |
| das Hauptziel sind die große Gülen-Zeitung Zaman und ihr | |
| englisch-sprachiger Ableger Today´s Zaman. Beide Medienhäuser rechnen | |
| täglich damit, auch vom Staat unter Zwangsverwaltung gestellt zu werden. | |
| Der Chefredakteur von Zaman, Ekren Dumanli, trat vor wenigen Tagen von | |
| seinem Posten zurück, weil er befürchtet ermordet zu werden und der | |
| Chefredakteur von Today´s Zaman, Bülent Kenes war erst kürzlich verhaftet | |
| worden, weil er angeblich mit einem Tweet Erdogan beleidigt hatte. | |
| Sollte die AKP am Sonntag eine absolute Mehrheit zurückgewinnen, dürfte das | |
| das Aus für sämtliche regierungskritische Medien bedeuten. | |
| 28 Oct 2015 | |
| ## AUTOREN | |
| Jürgen Gottschlich | |
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