# taz.de -- Wahlbeobachter in der Türkei: Garanten korrekter Ergebnisse | |
> 60.000 Wahlbeobachter will die Gruppe „Oy ve Ötesi“ am Sonntag | |
> mobilisieren. In den großen Städten klappt das gut. Probleme gibt es auf | |
> dem Land. | |
Bild: Jubelnde AKP-Anhänger: Wird die Parlamentswahl fair sein? | |
ISTANBUL taz | „Diese NGO ist das Beste in der Türkei seit den | |
Gezi-Protesten 2013.“ Ayşe Arman, prominente Gesellschaftskolumnistin der | |
Tageszeitung Hürriyet, ist nicht die einzige, die derzeit für die | |
Organisation „Oy ve Ötesi“ kostenlose Werbung macht. „Oy ve Ötesi“ he… | |
viel wie „Wählen und Mehr“ und hat sich darauf spezialisiert, Wahlbetrug zu | |
verhindern. Ihr wichtigster Beitrag dazu: Wahlbeobachter zu organisieren, | |
die eine faire Wahl am 1. November garantieren. | |
Viele Türken sind seit Langem überzeugt, dass bei den Wahlen geschoben | |
wird, insbesondere durch die jeweilige Regierungspartei. Unter dem früheren | |
Ministerpräsidenten und jetzigen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan | |
erreichten die Unregelmäßigkeiten ein immer größeres Ausmaß, sodass viele | |
das Gefühl hatten, es bringt überhaupt nichts mehr, zur Wahl zu gehen. | |
Nach der brutalen Niederschlagung der Gezi-Proteste im Herbst 2013 | |
beschloss eine Gruppe aus der Protestbewegung, etwas gegen diesen | |
Wahlbetrug zu unternehmen. Im Vorfeld der besonders kritischen | |
Kommunalwahlen im Frühjahr 2014, bei denen sich zeigen würde, ob Erdoğan | |
für seine harte Haltung gegen die Gezi-Bewegung vom Wähler abgestraft | |
würde, gründete sie die NGO „Oy ve Ötesi“, um Leute dennoch zum Wählen … | |
bewegen. | |
Das Ziel war, möglichst viele freiwillige Wahlbeobachter zu gewinnen, die | |
den Tag über im Wahlbüro aufpassen, was mit den Stimmen geschieht. Nach der | |
Wahl konnten die Aufpasser von „Oy ve Ötesi“ nachweisen, dass vor allem in | |
Ankara, wo es für Erdoğan sehr knapp war, manipuliert wurde. Auch wenn die | |
offizielle Wahlkommission die Anfechtungen zurückwies, ein Anfang war | |
gemacht. | |
## Knappes Rennen in 39 Provinzen | |
Für die Wahl im Juni dieses Jahres waren es dann mehrere zehntausend Leute, | |
die sich als Wahlbeobachter registrieren ließen. Dass die kurdische HDP bei | |
den Wahlen auf 13 Prozent kam, war mit Sicherheit auch der intensiven | |
Wahlbeobachtung zu verdanken. | |
Den Erfolg vom Juni will „Oy ve Ötesi“ bei den Neuwahlen am Sonntag | |
wiederholen. Schon jetzt haben sich rund 60.000 Freiwillige als | |
Wahlbeobachter registrieren lassen. Ziel der Organisation ist es, von den | |
insgesamt 170.000 Wahllokalen in der gesamten Türkei alle zu besetzen, in | |
denen das Rennen knapp werden könnte. Die Wahlkampfmanager der Parteien | |
haben 39 Provinzen ausgemacht, in denen eine Neuverteilung der Sitze | |
möglich scheint. | |
Doch „Oy ve Ötesi“ hat ein Problem. Die meisten Freiwilligen melden sich in | |
den Metropolen Istanbul, Ankara und Izmir. Gebraucht werden aber Leute in | |
den Provinzen in Zentralanatolien, wo die AKP im Juni erstmals Verluste | |
einstecken musste. Die Gruppe wirbt per Internet und Twitter weiter um | |
Wahlbeobachter und um Anwälte, die helfen, wenn Wahlbeobachter von | |
Parteienvertretern der Zugang zu den Wahllokalen verwehrt wird. | |
Schon jetzt ist der Erfolg enorm. Während vor der Juni Wahl viele davon | |
überzeugt waren, die AKP werde zu verhindern wissen, dass die kurdische HDP | |
ins Parlament kommt, ist jetzt keine Rede mehr davon. „Oy ve Ötesi“ hat | |
gezeigt, dass das System funktioniert, wenn nur genügend Leute den | |
Verantwortlichen auf die Finger schauen. | |
28 Oct 2015 | |
## AUTOREN | |
Jürgen Gottschlich | |
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