# taz.de -- Kommentar Flüchtlinge in Slowenien: Unsere Grenze | |
> Slowenien verhängt den faktischen Ausnahmezustand. Die Ursachen dafür | |
> liegen auch im Versagen der Europäischen Union. | |
Bild: Dobova, Slowenien, im Oktober. | |
Eine Sitzung brauchte das slowenische Parlament, um [1][Soldaten an die | |
südliche Grenze des Landes] zu schicken. Mit großer Mehrheit wurde in | |
Ljubljana das Militär beauftragt, Aufgaben der Polizei und des | |
Grenzschutzes zu übernehmen. | |
Sicher, die Situation an der kroatisch-slowenischen Grenze ist dramatisch. | |
Mehr als 20.000 Geflüchtete, sind in den vergangenen drei Tagen über | |
Kroatien in das 2-Millionen-Einwohner-Land gekommen. Ungefähr die Hälfte | |
davon befindet sich noch in Slowenien. | |
Diese Situation kommt jedoch nicht überraschend. Mehrere Wochen hatten die | |
slowenischen Behörden Zeit, sich darauf vorzubereiten, dass Ungarn seine | |
Grenzen für die Geflüchteten aus Kroatien schließen würde. Insofern | |
überraschen die vielen logistischen Probleme, hatten doch die Behörden | |
immer wieder betont, dass alles unter Kontrolle und gut durchgeplant sei. | |
Die nun laut werdende Klage slowenischer Politiker über die Untätigkeit der | |
EU und die mangelnde Kooperation mit Kroatien ist zwar völlig berechtigt. | |
Die Verantwortung dafür, dass in großer Eile eine Notstandsgesetzgebung | |
durch das Parlament gepeitscht wird, liegt aber erst einmal in Ljubljana. | |
Auch im Land wird genau diese Eile kritisiert. | |
## Fünf gegen den Ausnahmezustand | |
Immerhin tritt das Gesetz nicht sofort in Kraft, sondern erst in einer | |
Woche. Vielleicht nutzt Slowenien diese kurze Atempause, um die schlimmsten | |
Schnitzer des Verfahrens noch zu reparieren. Nicht nur die Kompetenzen der | |
Armee sind ungenau definiert, es ist auch unklar, wie die Befehlskette | |
zwischen Polizei und Militär aussehen wird. | |
Eine Handvoll Protestierender vor dem Parlament und fünf Abgeordnete der | |
Vereinigten Linken haben die Gefahren des aktuellen Verfahrens erkannt und | |
ihre Stimme gegen die faktische Verhängung des Ausnahmezustandes erhoben. | |
Es ist nun an der starken und kritischen slowenischen Zivilgesellschaft sie | |
darin zu unterstützen, die Aufweichung demokratischer Verfassungsprinzipien | |
zu verhindern. | |
Genauso ist es die Aufgabe der Europäischen Union, endlich eine | |
koordinierte, humane und solidarische Lösung für die Probleme zu finden, | |
die durch die große Fluchtbewegung entstehen. Hier nicht schnell tätig zu | |
werden, wird den Druck auf die bisherigen Transitstaaten nur erhöhen. | |
Panisch anmutende Reaktionen, wie die in Slowenien, würden so | |
wahrscheinlicher. | |
Die unmittelbare Folge dieser Panik ist vorhersehbar, ob im serbischen Sid, | |
dem kroatischen Opatovac oder an der Südgrenze Sloweniens: Geflüchtete, die | |
in Kälte und Regen stehen, Manövriermasse einer erratischen Politik der | |
Staaten, die sie durchqueren. Sie stehen vor Zäunen und geschlossenen | |
Toren, die vielleicht von Sicherheitspersonal mit slowenischen, | |
ungarischen, kroatischen Hoheitszeichen bewacht werden. Verantwortet werden | |
diese Sperren jedoch von allen Mitgliedsstaaten der Union. | |
21 Oct 2015 | |
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## AUTOREN | |
Daniél Kretschmar | |
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