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# taz.de -- Die Wahrheit: Knoblauch gegen Katzenkrimi
> Hilfe! Meine Bücher sind infiziert! Ein Band von Akif Pirinçci streut
> Bösartiges ins Regal! Da hilft nur eins: Burgmauern aus guten Werken.
Bild: 1999 streichelt er noch Katzen, heute vor allen Dingen die „Volksseele�…
Als ich den Satz hörte, fing es an zu jucken. Eine schnell fortschreitende
Allergie. Ich fühlte mich vergiftet. Das steigerte sich minütlich, seit
Akif Pirinçci den Satz gesagt hatte: „Die KZs sind ja leider derzeit außer
Betrieb!“ Dieser Pirinçci hatte doch diese Katzenkrimis geschrieben, als
ersten „Felidae“. Und den hatte ich gelesen. Den fand ich damals gut!
Eine Schameswelle überflutete mich. Der musste hier doch irgendwo sein!
Eine Kontamination meines Bücherschranks. Das Buch musste sofort entsorgt
werden. Hektisch durchforstete ich Zimmer und Regale. Indiana Jones und das
Katzenbuch des Todes. Ich habe viele Zimmer und noch mehr Regale. Der
sollte nicht meine wunderbaren Werke von Stamm, Capus, von Haggard, Hammett
und Chandler, von Fauser, Bukowski und all den anderen vergiften.
Hoffentlich war denen noch nichts passiert! Wie hatte ich den hier
reinlassen können?
Wenn man Heavy-Metal-Platten rückwärts spielt, kann man satanische
Botschaften hören. Vielleicht hatte Pirinçci mit seinen scheinbar harmlosen
Katzenkrimis Bösartiges zwischen meine Buchrücken gestreut! Ich fand
Wallraffs „Ganz unten“ wieder, tatsächlich in einem Stapel ganz unten. Ich
stellte es sofort oben ins Regal. Gut sichtbar, wie Knoblauch gegen
Vampire.
Ich fand den Sarrazin und riss ihn aus dem Regal. „Deutschland schafft sich
ab!“ Den hatte ich gekauft, weil ich dachte, man müsste sich damit
„auseinandersetzen“. Ich stellte dann fest: Scheiße kann man nicht lesen.
Ich musste dieses Buch abschaffen! Aber wie? Bücher sind heilig! Habe ich
ein Buch gelesen, sieht es aus wie neu. Wenn jemand ein Buch beim
Aufschlagen knickt, sterbe ich einen kleinen Tod. Frauen haben sich von mir
getrennt, weil sie verlangten: „Ich oder das Buch!“
Von der Dummheit, dieses Buch auch noch gekauft zu haben, ganz abgesehen:
Wie sollte man es entsorgen? Es sollte ja auch niemand anders lesen. Schon
gar keiner, der Sarrazins Meinung ist.
Ein Wunder, dass sich Pirinçci und Sarrazin noch nicht zusammengetan und in
meinem Regal Schulterschluss geübt hatten. Wer hätte sich denen womöglich
noch zur Seite gestellt? Ich baute einen ersten Verteidigungswall aus
Venske, Rühmkorf, Knorr, Werning und Eckenga. Ich verstärkte ihn weiter,
weil Komik die stärkste Waffe ist, mit Wieland, Eilert, Waechter, Sonneborn
und Wischmeyer.
Und dann holte ich nach vorn, was lange hinten stand: die Ausgaben von Fink
und Kästner. Burgmauern wurden aus den Werken von Brecht, Hilsenrath, den
Manns, Tucholsky, Lasker-Schüler, Traven, Zuckmayer und anderen. Sie alle
waren vor den Nazis geflohen, hatten, wenn auch manchmal privilegierter,
ein ähnliches Schicksal wie die heutigen Flüchtlinge in Deutschland.
Allein, der Pirinçci war nicht zu finden. Sollte ich mich freuen? Oder
hielt er sich irgendwo im Dickicht meiner Stapel versteckt? Egal, für den
Sarrazin zumindest fand ich eine Lösung. Er liegt nun auf der Toilette. Und
die Seiten 7 bis 56 fehlen bereits.
23 Oct 2015
## AUTOREN
Bernd Gieseking
## TAGS
Buch
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Akif Pirinçci
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Schwerpunkt Rassismus
Politik
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