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# taz.de -- Die Wahrheit: Konstanz in Konschtanz
> Wer sich auf Ferienwohnungen in Yogastudios am Bodensee einlässt, muss
> sich auf Überraschungen gefasst machen.
Wir sind am Bodensee. In Konstanz. Sie hat diesen Urlaub organisiert. Sonst
plane ich unsere Urlaube. Meine Reisen führen nach Gomera, Genua und
Finnland. Ihre Reise nach „Konschtanz“, wie es vor Ort heißt.
Meine Freundin kennt sich aus und war häufiger hier, bevor sie mit mir
zusammen war. „Lass dich doch mal drauf ein“, hatte sie im Frühjahr gesagt.
Daraufhin entschieden wir, in diesem Jahr nicht nach Finnland, sondern nach
Konstanz zu fahren. Die Sprache hier ist aber ähnlich wie in Finnland,
jedenfalls versteht man auch fast nichts. Und immerhin haben wir hier auch
zwei Seen, „woisch“? Das ist Schwäbisch und bedeutet: „Weißt du?“
Um die beiden Seen soll ich drum herum fahren, mit dem Fahrrad, obwohl es
auch Boote gibt, die zum anderen Ufer schippern. „Lass dich doch mal drauf
ein!“, hat sie wieder gesagt. „Und warum schaust du immer auf’s Handy?“…
schaue auf’s Handy, weil ich nachschlage, ob das Substantiv zu „konstant“
„Konstantz“ oder „Konstanz“ heißt. Ob ich das unter „mich einlassen�…
verstünde. Ich finde schon, sage das aber nicht. Dann schwinge ich mich
auf’s Rad.
Sie hat eine Ferienwohnung gemietet, die in einem Yogastudio liegt. Ich
kenne kaum eine Frau, die in den letzten zehn Jahren nicht Yogalehrerin
geworden ist. Die anderen nehmen immerhin an Yogakursen teil. Die Wohnung
ist „nach Feng-Shui“ eingerichtet. Die Folge: Ich kann nicht schlafen. Sie
kann hier sehr gut schlafen, sagt sie am nächsten Morgen. Ob ich mich nicht
gewöhnen könne? Ich sage, ich könne ja mal versuchen, mich einzulassen. Bei
mir zu Hause ist übrigens das Gegenteil von Feng-Shui und dort kann ich
immer sehr gut schlafen. Jetzt überlege ich, wie ich heimlich Gerümpel ins
Feng-Shui legen könnte, ohne dass sie es merkt, denn sonst kann sie
garantiert nicht schlafen.
Außerdem, sagt sie, habe ich bloß nicht schlafen können, weil es meine
erste Nacht seit Wochen ohne Alkohol gewesen sei. Daran müsse sich mein
Körper wohl erst mal wieder gewöhnen. „Ja“, sage ich, „da muss der sich
drauf einlassen.“ Ihre Augenbraue ruckt hoch.
Die Wohnung liegt voller Kristalle und Klangschalen und der Boden ist aus
Holz. Auf dem Infoblatt steht: Der Boden „möge es“ nicht, wenn man barfuß
auf ihm gehe. Trotzdem solle man bitte die Schuhe ausziehen? Meine Füße
sind aber sehr gern barfuß auf Holz unterwegs. Na gut, dann laufe ich eben
mit meinen Clogs hier rum. Dann bin ich immer noch barfuß auf Holz und
Schuhe sind das auf keinen Fall. Da muss sich der Boden drauf einlassen.
Dann schaue ich hier ins Bücherregal. Yoga, Esoterik, Mantra, Tantra,
Buddha. Und dann entdecke ich es: „Jetzt ändere ich meinen Mann – Wie Sie
ihn einfach umkrempeln, ohne dass er es merkt!“ Auf was habe ich mich hier
bloß eingelassen?
Sie ist übrigens der Meinung, sie käme in dieser Kolumne schlecht weg. Ich
finde das nicht und sage, sie solle sich doch einfach mal drauf einlassen!
Sie sagt, nur, wenn ich sie vom Honorar einlüde. Da kann man sich doch
drauf einlassen!
8 Sep 2015
## AUTOREN
Bernd Gieseking
## TAGS
Bodensee
Yoga
Schwaben
Konstanz
Buch
Quentin Tarantino
Finnland
Leidenschaft
Fußball-Bundesliga
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