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# taz.de -- Streit um Beiräte-Beteiligung: Senat blockiert Stadtteilbudgets
> Nach dem Beirätegesetz muss es „Stadtteilbudgets“ geben – und das schon
> seit fünf Jahren. Doch offensichtlich will das die rot-grüne Koalition
> nicht.
Bild: Weder Mittel noch Mitsprache? Radweg in Schwachhausen aus der Bodenperspe…
BREMEN taz | Hinter den Kulissen gibt es in der Bremer Koalition einen
heftigen Streit um die Frage, ob „Mehr Demokratie“ noch zu der rot-grünen
Programmatik gehören soll oder ob die bisherigen Schritte in diese Richtung
schon zu weit gehen.
Die Unterbringung der Flüchtlinge ist ein Beispiel – inzwischen gibt es
keinerlei Beiräte-Beteiligung mehr, wenn eine neue Notunterkunft aufgemacht
werden soll, die Regierung fürchtet heftigen Streit, wenn sie das Thema für
Diskussionen öffnet.
Ein eher harmloses Beispiel ist ein Passus des Beirätegesetzes, nach dem
diese örtliche Gemeindeebene bei verkehrspolitischen Entscheidungen, die
nicht den Durchgangsverkehr betreffen, ein Entscheidungsrecht und einen
eigenen Etat haben soll.
Dies ist seit 2010 im Beirätegesetz so verankert, das im Gesetzestext
explizit aufgeführte „Beirätebudget“ gibt es aber bis heute nicht. Nicht
einmal wenn Radwege erneuert werden sollen, wird der Beirat dazu befragt,
welche Strecke in dem Stadtteil am dringendsten wäre.
## Klage vorm Verwaltungsgericht
Einer, der seit Jahren vehement dafür streitet, dass die Beiräte ernst
genommen werden von der Verwaltung, ist der frühere Viertel-Ortsamtsleiter
Hucky Heck, der mittlerweile in Schwachhausen im Beirat sitzt. Auf seine
Initiative hat der Beirat nun eine Klage vor dem Verwaltungsgericht
eingereicht, mit der der grüne Bausenator verpflichtet werden soll, in
seinem Haushaltsentwurf einen Posten „Stadtteilbudget“ für
verkehrspolitische Belange der Beiräte einzuplanen. „Nicht zuständig“, war
die Reaktion des Ressorts: Für die Beiräte sei das Rathaus zuständig, für
den Haushalt das Parlament.
Das Thema „Stadtteilbudget“ war Thema in den Haushaltsberatungen im Jahre
2013 – die Position wurde aber am Ende gestrichen. Die Stadtteilbudgets
waren auch Thema in den Koalitionsverhandlungen im Juli 2015 – und wurden
abgebügelt, kein Wort steht davon im Koalitionsvertrag.
Obwohl doch die Verpflichtung im Beirätegesetz eindeutig formuliert ist:
„Der Beirat entscheidet“ über stadtteilbezogene „verkehrslenkende,
-beschränkende und -beruhigende Maßnahmen“, lautet der Paragraf 10.3. Und
dann steht im Paragraf 32: „In den Einzelplänen der Ressorts werden die
stadtteilbezogenen Mittel (Stadtteilbudgets) ausgewiesen, über die die
Beiräte gemäß § 10 Absatz 3 entscheiden“.
## Keiner traut sich
Wenn der Bausenator das Thema dem Rathaus zuschiebt, dann heißt das im
Klartext: Aus seinem Etat gibt er dafür nichts ab, soll doch die
Finanzsenatorin etwas für die Beiräte spendieren. Das Finanzressort wartet
aber darauf, was das Bauressort als Etatentwurf abliefert.
Das Thema wird wie eine heiße Kartoffel im Kreis der SenatorInnen
herumgereicht. Da geht es hinter den Kulissen nicht darum, einen Etat
entsprechend der gesetzlichen Lage zur Verfügung zu stellen sondern darum,
ob sich jemand traut zu erklären, dass das Gesetz geändert werden soll – um
den Anspruch aus der Welt zu schaffen.
Das Gerichtsverfahren soll die Ansprüche der Beiräte vorher festklopfen.
Heck: „Wir fordern alle Beiräte Bremens auf, sich unserer Klage
anzuschließen.“ Vor der Einreichung der Klage hat er nicht gefragt – er
weiß, dass die Kampfeslust der Beiräte gering ist. Zudem haben die Beiräte
keinerlei Budget, um ein Gutachten über ihre Rechte in Auftrag zu geben
oder einen Anwalt mit einer Klageschrift zu beauftragen.
22 Oct 2015
## AUTOREN
Klaus Wolschner
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Bremen
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