# taz.de -- Stadtplanung & Bürgerprotest: Die „Steinwüste“ am Deichtor | |
> In der Neustadt sollen rund 100 Wohnungen gebaut werden. „Völlig | |
> überdimensioniert“, kritisieren Anwohner. Das Projekt könnte sogar noch | |
> größer sein | |
Bild: Schön gezeichnet - aber will man's auch gebaut sehen? | |
BREMEN taz | Über 100 Mietwohnungen sollen entstehen am Buntentorsteinweg | |
171, dort, wo heute vor allem ein Supermarkt ist. Für die Bürgerinitiative | |
(BI) Buntentor trägt das Projekt jedoch „fast irrsinnige Züge“. Weil es | |
„völlig überdimensioniert“ sei, wie Susanne Erbe sagt, eine der | |
BI-AktivistInnen. Eine „Steinwüste“ solle da entstehen. Und am Ende würden | |
die AnwohnerInnen „erdrückt“. Doch aus Sicht des Bebauungsplanes ist das | |
Vorhaben vollkommen in Ordnung. | |
Derzeit wird der Bauantrag von der Behörde geprüft. Am 24. April debattiert | |
der Beirat Neustadt das Projekt – bereits zum vierten Mal. Doch ein | |
Vetorecht hat das Stadtteilparlament nicht. Es wird nur angehört. Und so | |
ist am Ende mit einer Ablehnung des Bauantrages der Projektentwickler nicht | |
zu rechnen. | |
Justus Grosse plant ein kastenfömiges „Marktgebäude“ mit vier Geschossen, | |
Tiefgarage und Flachdach, mit Supermarkt und 66 Mietwohnungen, die zwischen | |
zwei und vier Zimmer haben und 30 bis 90 Quadratmeter groß sind. Daneben | |
soll ein „Riegel“ hin, ebenfalls mit Tiefgarage und vier Geschossen, aber | |
nur mit 43 Zwei bis Vier-Zimmer-Wohnungen, die zwischen 40 und 100 | |
Quadratmeter groß sind. Die Preise sind noch unklar, manche der Wohnungen | |
werden wohl deutlich über zehn Euro je Quadratmeter kosten, andere | |
könntenfür weniger als neun Eurozu haben sein. Projektleiter Paul | |
Schulze-Smidt spricht von einem „sozialen Mix“, ohne sich da näher | |
festzulegen. 25 Millionen Euro will das Bremer Unternehmen investieren. | |
Die Kritik der BI entzündet sich indes weniger an sozialen Fragen als | |
vielmehr an den schieren Dimensionen des Bauvorhabens. Das, was Justus | |
Grosse wolle, sei „zu hoch, zu dicht, zu viel“, kritisiert die BI. Und es | |
würde „zu einer Abwertung“ der Neustadt führen, sagt Erbe, sie | |
„verschandeln“. Die Neustadt als schon jetzt „am dichtesten besiedelter | |
Stadtteil“ würde „weiter zubetoniert“, noch dazu durch ein „ausschlie�… | |
profitorientiertes“ Projekt. 13,60 Meter soll hier in die Höhe gebaut | |
werden, doch die BI will lieber nur drei statt vier Wohnetagen und auch | |
mehr als die jetzt vorgesehenen 5,80 Meter Abstand zum nächsten Haus – | |
wegen der Verschattung. Dabei sollten es ursprünglich sogar nur 4,20 Meter | |
sein, auch das wäre zulässig. „Wir wollen weniger Masse“, sagt Erbe. | |
„Kleiner, niedriger, mehr Abstand.“ | |
Dabei sei man „nicht prinzipiell gegen das Bauvorhaben“, sagt Hans-Jürgen | |
Pohl, der sich auch in der BI engagiert – im Gegenteil: „Wir begrüßen es.… | |
Es soll eben nur „drastisch verkleinert“ werden, sagt Erbe. | |
Doch genau das kommt für Justus Grosse nicht infrage: Schulze-Smidt | |
verweist darauf, dass seine Firma schon „eine Menge“ gemacht habe, um den | |
KritikerInnen entgegen zu kommen. „Wir wollen ein im Stadtteil akzeptiertes | |
Projekt“, so Schulze-Smidt. Man wolle das auch „nicht kleinreden“, | |
entgegnet Pohl. Aber die Änderungen „berühren nicht den Kern“. Doch was | |
weitere Zugeständnisse angeht, sei die Firma nun „wirtschaftlich am Ende“, | |
so Schulze-Smidt. Das „Deichtor“ genannte Vorhaben würde so wie jetzt | |
skizziert realisiert – oder eben gar nicht. Schulze-Smidt sagt: „Es bringt | |
nichts, ein Projekt zu machen, das hier keiner will.“ | |
Er sagt aber auch: Es gebe viele Interessenten und viel positives Feedback, | |
auch aus dem Stadtteil. Und er sagt: „Wir haben ein Anrecht auf eine | |
Baugenehmigung.“ Es könne da keine negative Entscheidung geben, was den | |
Bauantrag angeht. | |
Zwar könnten die AnwohnerInnen hernach dagegen klagen, viele Chancen werden | |
dem aber nicht eingeräumt. Es könnte sogar „noch sehr viel bitterer“ für | |
sie kommen, heißt es aus der Behörde – weil der mittlerweile über 20 Jahre | |
alte Bebauungsplan das hergeben würde. Die BI findet ihn überholt, manch | |
einer träumt gar davon, dass er jetzt noch geändert und der | |
Projektentwickler dafür entschädigt wird. Doch aus der Behörde heißt es: | |
Der Bebauungsplan sei immer noch zeitgemäß. Dennoch ist man auch dort nicht | |
ganz undankbar über die Proteste der Bürgerinitiative. | |
Sie habe die Dinge „zum Positiven begleitet“, sagt ein Stadtplaner aus der | |
Behörde. Aber mehr sei wohl jetzt nicht mehr drin. Alles weitere: liegt in | |
der Hand von Justus Grosse. Oder, um es mit Schulze-Smidt zu sagen: „Eine | |
Diskrepanz bleibt.“ | |
14 Apr 2014 | |
## AUTOREN | |
Jan Zier | |
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