# taz.de -- Neues aus der Berliner Club-Landschaft: Vintage sozusagen | |
> Wieder hat ein Club den Namen gewechselt: Statt in den C-Club geht man | |
> jetzt am Columbidamm ins frisch herausgeputzte Columbia Theater. Dort | |
> soll‘s rocken. | |
Bild: Eine der ersten Bands, die im neuen Club auftreten: Cocorosie. Ist aber a… | |
Die Berliner Clubszene ist in Bewegung. Nein, nein, keine Sorge, sie stirbt | |
nicht, sie verändert sich nur. Und Veränderung muss ja nicht schlecht sein. | |
Gleich zwei Traditionsläden haben jüngst geschlossen, nur um ohne | |
nennenswerte Unterbrechung unter neuen Namen und anderer Leitung | |
weiterzumachen. Das Magnet am Schlesischen Tor, einst das Zuhause der | |
Berliner Indierockszene, hört jetzt auf den Namen Musik & Frieden, und der | |
Live-Konzert-Laden C-Club am Columbiadamm, in unmittelbarer Nähe zum | |
ehemaligen Flughafen Tempelhof, nennt sich ab sofort Columbia Theater. | |
Nicht weil man hier demnächst Aufführungen von Shakespeare- oder | |
Tschechow-Stücken erwarten darf, sondern weil die US-Airforce das Gebäude | |
bereits in den Fünfzigern bauen ließ und als Kino nutzte, unter dem Namen | |
Columbia Theatre. Der neue Club ist somit auch eine Art Reminiszenz an das | |
alte Berlin. Vintage sozusagen. | |
Der C-Club wurde betrieben von Thomas Spindler, dem Geschäftsführer des | |
Berliner Konzertveranstalters Trinity, letztendlich war er dann auch nicht | |
viel mehr als eine Spielstätte für Trinity-Konzerte. | |
Spindler steckt auch im Columbia Theater mit drin, aber nur noch als Teil | |
einer neu gegründeten Firma mit mehreren Gesellschaftern. Ziel ist es, das | |
Columbia Theater, weit mehr als den C-Club, als eigenständigen Live-Club | |
mit einer bestimmten musikalischen Ausrichtung zu etablieren. | |
„Wir versuchen, ein echtes Profil zu entwickeln“, sagt Kristian Wolff, der | |
neue Geschäftsführer des Columbia Theaters, der immerhin 15 Jahre lang für | |
das stets überdurchschnittliche Musikprogramm im Roten Salon der Volksbühne | |
zuständig war. Und er sagt das so, dass er keine Zweifel über seine Meinung | |
lässt, dass genau dieses Profil fehlte an dem Ort, der in den letzten | |
Monaten im großen Stil, von den Toiletten bis hin zur Bühne, renoviert | |
wurde. | |
Leicht wird das nicht werden mit dem Profil. Am Columbiadamm gibt es noch | |
weitere Veranstaltungsorte, direkt neben dem Columbia Theater die weit | |
größere Columbiahalle und dann noch im Flughafengebäude das Silverwings. | |
Die 1998 als Konzertarena eröffnete Columbiahalle ist die frühere | |
Sporthalle der amerikanischen Soldaten, das Silverwings ein ehemaliges | |
Offizierskasino. | |
Die Columbiahalle ist eine Mehrzweckhalle ohne Identität, demnächst geben | |
hier Tocotronic zwei Konzerte hintereinander, ein paar Tage davor treten | |
aber auch ein gewisser Liont und eine gewisse Dagi Bee auf, sogenannte | |
YouTube-Stars. Die Zielgruppe der Columbiahalle ändert sich jedenfalls | |
täglich. Und das Silverwings ist vor allem bekannt für seine „Eis am | |
Stil“-Partys, die irgendwas mit Rock’n’ Roll zu tun haben. | |
Zusammengenommen ergibt das kein wirklich optimales Umfeld für einen Club | |
wie das Columbia Theater, der nun den Anspruch hat, irgendwann einmal als | |
mindestens so cool wie das Lido oder das Astra zu gelten. Erschwerend kommt | |
dazu: Treten hier in diesem Eck, ganz in der Nähe zu Kreuzberg, aber leider | |
eben doch nur in Tempelhof, mal kein Liont und keine Tocotronic auf und | |
findet auch keine Mottoparty statt, ist hier einfach gar nichts los. Auf | |
Laufkundschaft hoffen, so wie die Clubs in Friedrichshain oder Kreuzberg | |
das dürfen, kann im Columbia Theater niemand. | |
Kristian Wolff glaubt trotzdem daran, dass er die kleine Club-Ecke am | |
Columbiadamm mit seinem Laden, in den etwa 900 Besucher passen, stärker | |
beleben kann. „Im Gegensatz zu Kreuzberg etwa gibt es hier jede Menge | |
Parkplätze“, sagt er. Und dann will er ganz schlicht und einfach mit seinem | |
Programm punkten – qualitativ und quantitiv. „Die Auslastung im C-Club war | |
ziemlich schlecht“, sagt er, „sie lag bei nicht mehr als 25 Prozent.“ | |
Schaut man sich nun nur mal die Konzertvorschau des Columbia Theaters für | |
den Oktober und November an, muss man tatsächlich sagen: Die Auslastung | |
beträgt jetzt schon über 50 Prozent. Und es lässt sich bereits, ganz so wie | |
von Kristian Wolff erhofft, so etwas wie ein programmatisches Profil | |
erkennen. Cradle of Filth, Fear Factory, Fields Of The Nephilim und Public | |
Image Ltd. mit John Lydon beispielsweise werden hier in den nächsten zwei | |
Monaten auftreten, aber auch Catpower und Coco Rosie. Das Columbia Theater | |
wird also ein echter Rockschuppen, zuständig für vielleicht nicht mehr ganz | |
taufrische Bands, aber auch mit offenen Armen für das, was Wolff unter | |
„Indie, Indietronic und Kunstkram“ versteht. | |
4 Oct 2015 | |
## AUTOREN | |
Andreas Hartmann | |
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