| # taz.de -- Asylrecht in der EU: Die Türkei als „sicherer“ Staat? | |
| > Die EU möchte eine gemeinsame Liste „sicherer Herkunftsstaaten“ | |
| > einführen. Die EU-Innenminister beraten sich auf einer Sondersitzung. | |
| Bild: Auch wenn ein Staat auf der geplanten EU-Liste steht, müssen Asylanträg… | |
| BERLIN taz | Die EU-Kommission hat vorgeschlagen, eine EU-Liste der | |
| „sicheren Herkunftsstaaten“ einzuführen. Darüber diskutiert der | |
| EU-Ministerrat auf seiner Sondersitzung in Brüssel am Montag. Wie im | |
| deutschen Recht geht es dabei vor allem um Show-Effekte. | |
| Letzten Mittwoch hat die EU-Kommission mehrere Vorschläge zum Asylrecht | |
| vorgelegt. Neben einer Quotenregelung für die Aufnahme von Flüchtlingen | |
| schlägt die von Jean-Claude Juncker geleitete EU-Kommission auch die | |
| Einführung einer Liste der „sicheren Herkunftsstaaten“ auf EU-Ebene vor. | |
| Bisher gibt es nur in 12 EU-Staaten (einschließlich Deutschland) nationale | |
| Listen, die sich stark unterscheiden. | |
| Wenn es nach der Kommission geht, würde jeweils sie vorschlagen, welche | |
| Länder auf die Liste gehören. Der EU-Ministerrat und das Europäische | |
| Parlament müssten jeweils mit qualifizierter Mehrheit die entsprechende | |
| Liste als Verordnung beschließen. Wenn sich in einem Land die Situation | |
| abrupt verschlechtert, könnte die Kommission den Staat selbst von der Liste | |
| streichen. | |
| Zunächst, so schlägt die Kommission vor, sollen sieben Staaten auf der | |
| Liste stehen: die sechs Westbalkanstaaten (Bosnien, Serbien, Kosovo, | |
| Albanien, Montenegro und Mazedonien) sowie die Türkei. Rund 17 Prozent | |
| aller in der EU gestellten Asylanträge stammen von Bürgern dieser Staaten. | |
| Bei ihrem Vorschlag hatte sich die Kommission an vier Kriterien orientiert: | |
| Werden nur wenige Asylanträge aus dem Staat anerkannt? Gibt es wenig | |
| erfolgreiche Beschwerden beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte? | |
| Steht der Staat auf einer nationalen Liste der „sicheren Herkunftsstaaten“? | |
| Wird mit dem Staat über einen EU-Beitritt verhandelt? | |
| ## Abschreckung und Aktionismus | |
| Vor allem die Benennung der Türkei sorgte für Erstaunen. Bisher gilt sie | |
| nur in Bulgarien als „sicherer Herkunftsstaat“ und 23 Prozent aller | |
| Asylanträge waren EU-weit erfolgreich. Laut Medienberichten werden die | |
| EU-Regierungen die Türkei wohl nicht als „sicheren Herkunftsstaat“ | |
| einstufen, auch wegen des drohenden Bürgerkriegs in den Kurdengebieten. | |
| Auch wenn ein Staat auf der EU-Liste der sicheren Herkunftsstaaten steht, | |
| müssen Asylanträge geprüft werden. Die Einstufung als „sicher“ ist also, | |
| wie im deutschen Recht, nur eine Vermutung, die in jedem Einzelfall | |
| widerlegt werden kann. Als Vorteil benennt die EU-Kommission, dass bei | |
| Anträgen aus sicheren Herkunftsstaaten die EU-Staaten ein beschleunigtes | |
| Verfahren anwenden können. In Deutschland hat die Einstufung bisher | |
| praktisch keine beschleunigende Wirkung, auch wenn dies oft behauptet wird. | |
| Es geht nur um Abschreckung nach außen und innenpolitischen Aktionismus. | |
| Die EU-Liste soll nicht einmal die nationalen Listen der „sicheren | |
| Herkunftsstaaten“ ersetzen. Vielmehr will die EU-Kommission zunächst nur | |
| eine Anregung bieten, die Listen zu vereinheitlichen. Erst nach drei Jahren | |
| soll entschieden werden, ob nur noch die EU-Liste gelten soll. | |
| 14 Sep 2015 | |
| ## AUTOREN | |
| Christian Rath | |
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