# taz.de -- Folgen aus NSU-Skandal: Keine rechte Geheimwaffe | |
> Senat legt lang erwarteten Bericht zu den Konsequenzen aus dem | |
> NSU-Skandal vor. Linke: Keine klare Strategie gegen Rechts erkennbar. | |
Bild: Oberlandesgericht München: Prozess um die Morde des NSU | |
Aus den Fehlern lernen: das war die Intention des | |
NSU-Bundestagsuntersuchungsausschusses, als er den Ländern im Sommer 2013 | |
aufgab, Konsequenzen aus dem schweren Versagen von Polizei und | |
Verfassungsschutz zu ziehen. In Berlin hat das ein bisschen länger | |
gedauert. | |
Aber nun liegt er vor, der Schlussbericht des Senats. Am Dienstag fanden | |
die Abgeordneten das Papier, entstanden unter Federführung von Innensenator | |
Frank Henkel (CDU), in ihren elektronischen Postfächern. Auf 47 Seiten ist | |
aufgelistet, was das Land Berlin, allen voran die Polizei, zur Bekämpfung | |
des Rechtsextremismus tun wird. | |
Viele der Maßnahmen sind nicht neu. Und dennoch: Die grüne Innenpolitikerin | |
Clara Herrmann sagte zur taz, im Großen und Ganzen sei sie positiv | |
überrascht. Herrmann ist eine ausgewiesene Kritikerin von Versäumnissen der | |
Polizei bei der Bekämpfung von Rechtsextremismus. Herrmanns Linke-Kollege | |
Udo Wolf gibt dem Innensenator für den Bericht allerdings eine deutliche | |
schlechtere Note: „Dürftig.“ | |
Als Konsequenz aus dem NSU-Skandal hat die Berliner Polizei ihre | |
Arbeitsorganisation geändert. Betroffen davon ist vor allem der beim | |
Landeskriminalamt (LKA) angesiedelte polizeiliche Staatsschutz. Mit dem LKA | |
53 ist bereits im Herbst 2012 ein eigenständiges Dezernat zur Bekämpfung | |
rechter Straftaten eingerichtet worden. Davor waren rechts- und | |
linksextremistische Straftaten in einem Dezernat zusammengefasst. | |
Auch eine eigene Auswerteeinheit für Rechtsextremismus wurde geschaffen. | |
Führer von Vertrauenspersonen (V-Personen) werden nun nach zehn | |
Dienstjahren ausgetauscht. Die Anwerbung von V-Personen steht unter einem | |
Genehmigungsvorbehalt der Dezernatsleitung. Zudem soll die Aktenführung | |
über V-Personen und deren Berichte nun einem „sehr strengen Maßstab“ | |
unterliegen. | |
Der NSU-Bundestagsuntersuchungsausschuss hatte strukturelle Defizite der | |
Sicherheitsbehörden bei der Bekämpfung des Rechtsextremismus dafür | |
verantwortlich macht, dass das braune Terrortrio so lange ungehindert | |
morden konnte. In dem Schlussbericht werden nun auch Leitlinien für eine | |
behördenweite Gesamtstrategie aufgestellt. Wörtlich heißt es: „Die | |
Bekämpfung der politisch motivierten Kriminalität von rechts erfordert vor | |
dem Hintergrund der höchsten Prioritätensetzung keine einmalige, | |
gegebenenfalls temporäre Schwerpunktsetzung, sondern ist als Daueraufgabe | |
zu verstehen.“ Das sei auch die entscheidende Erkenntnis, so die Grüne | |
Herrmann. | |
## Manches bleibt geheim | |
Die interkulturelle Kompetenz der Polizei soll durch eine verstärkte | |
Zusammenarbeit mit Akteuren gegen rechts gefördert werden. Durch gezielte | |
Nachwuchsförderung soll der Migrantenanteil in der Polizei auf 20 Prozent | |
gesteigert werden. Vieles in dem Papier sind Selbstverständlichkeiten, | |
anderes bleibt bei Absichtserklärungen, die Handlungsempfehlungen genannt | |
werden – weil eine Umsetzung mehr Zeit brauche. | |
Was den Linkenpolitiker Wolf am meisten ärgert: Die behördenweite | |
Gesamtstrategie gegen rechts wird in dem Papier nur in Kernpunkten | |
umrissen. Denn die taktischen und strategischen Maßnahmen, so die | |
Begründung, seien geheim. Einig ist er sich mit Herrmann in der Kritik: | |
„Bei der Bekämpfung der Rechtsextremisten vor den Flüchtlingsheimen hat | |
sich noch nichts verbessert.“ | |
2 Sep 2015 | |
## AUTOREN | |
Plutonia Plarre | |
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