| # taz.de -- Innenminister zu Asylbewerbern: Menschenwürde ist eher billig | |
| > Weniger Bargeld, mehr Sachleistungen, keine Vorauszahlungen mehr: Thomas | |
| > de Maizière will die Leistungen für Flüchtlinge auf den Prüfstand | |
| > stellen. | |
| Bild: Der Bundesinnenminister hat mutmaßlich mehr als 143 Euro Taschengeld im … | |
| Berlin dpa | Oppositionspolitiker und Sozialverbände sind empört über den | |
| Vorschlag von Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU), angesichts des | |
| starken Flüchtlingszuzugs nach Deutschland die Leistungen für Asylbewerber | |
| zu überprüfen. | |
| Die Linke hielt dem Ressortchef am Freitag vor, er bewege sich mit der | |
| Forderung hart am Rande der Verfassung. Von den Grünen kam der Vorwurf, de | |
| Maizière schüre mit solchen Ideen rechtsradikale Vorurteile gegen | |
| Asylbewerber. Auch der Deutsche Gewerkschaftsbund und der Paritätische | |
| Wohlfahrtsverband sprachen von Stimmungsmache. | |
| De Maizière hatte am Donnerstagabend im ZDF gesagt, viele seiner | |
| europäischen Kollegen seien der Ansicht, dass die Standards für | |
| Asylbewerber in Deutschland sehr hoch seien. Nötig sei eine Debatte über | |
| europäische Standards der Menschenwürde und der Leistungen. | |
| Der Minister verwies auf die hohe Zahl von Asylbewerbern aus | |
| Westbalkan-Staaten, deren Anträge bis auf wenige Ausnahmen keinen Erfolg | |
| hätten. Die Zahlungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz seien genauso | |
| hoch wie das Monatseinkommen eines Polizisten im Kosovo oder in Albanien. | |
| Deutschland könne diese Leistungen zwar nicht beliebig reduzieren. | |
| „Aber wir können mehr Sachleistungen machen, wir können uns das Taschengeld | |
| genauer anschauen.“ In den Erstaufnahmeeinrichtungen könne man dafür | |
| sorgen, dass nicht viel Bargeld und schon gar nicht Monate im Voraus | |
| ausgezahlt werde, weil das ohnehin nur Schlepper bekämen. | |
| ## Unterstützung statt Abschreckung | |
| Die Linke-Innenpolitikerin Ulla Jelpke wertete den Vorstoß als fragwürdig | |
| und mahnte: „Am Taschengeld zu sparen, heißt, an der Menschenwürde zu | |
| sparen.“ Der Grünen-Sozialpolitiker Wolfgang Strengmann-Kuhn sagte, de | |
| Maizière schüre „mit seinen Vorschlägen rechtsradikale Vorurteile gegen | |
| Asylbewerber“. Statt einer Abschreckungskultur bräuchten Flüchtlinge | |
| Unterstützung. | |
| DGB-Vorstandsmitglied Annelie Buntenbach klagte, de Maizières Worte seien | |
| Wasser auf die Mühlen von Rechtspopulisten. Auch der Hauptgeschäftsführer | |
| des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes, Ulrich Schneider, rügte die Aussagen | |
| im ZDF als gefährliche Stimmungsmache. De Maizières Sprecher betonte am | |
| Freitag, es gebe noch keine festgelegte Position, sondern nur eine | |
| Diskussion zu dem Thema. | |
| ## Bislang 143 Euro im Monat | |
| Wer in Deutschland um Asyl bittet, muss in den ersten Wochen – bis maximal | |
| drei Monate – in einer Erstaufnahmeeinrichtung eines Bundeslandes wohnen. | |
| Dort bekommen Flüchtlinge vorrangig Sachleistungen. Außerdem gibt es | |
| Bargeld für persönliche Bedürfnisse – eine Art „Taschengeld“. Für | |
| Alleinstehende sind das 143 Euro im Monat. Wenn Asylbewerber nicht mehr in | |
| diesen Gemeinschaftsunterkünften untergebracht sind und damit in der Regel | |
| Essen und andere Sachleistungen wegfallen, gibt es mehr Bargeld. | |
| Im Innenministerium gibt es nun Überlegungen, die gesetzlich | |
| vorgeschriebene Höchstdauer für den Aufenthalt in einer | |
| Erstaufnahmeeinrichtung zu verlängern – und damit auch den Zeitraum, in dem | |
| Asylbewerber vorrangig Sachleistungen bekommen. Nach dem Willen des | |
| Innenressorts sollen Menschen, etwa vom Balkan, deren Asylanträge keinen | |
| Erfolg haben, künftig auch direkt aus diesen Erstaufnahmestellen in die | |
| Heimat zurückgeschickt werden. | |
| 14 Aug 2015 | |
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