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# taz.de -- Müll-Entsorgung in der EU: Miese Geschäfte mit Elektroschrott
> Nur etwa ein Drittel der Geräte wird ordnungsgemäß entsorgt. Der Großteil
> landet in der Tonne – oder bei Verbrecherbanden.
Bild: Auf einem Recyclinghof in Hamburg: ausgediente Festplatten und Co.
BERLIN taz | | Knapp 10 Millionen Tonnen Handys, Computer oder Kühlschränke
werden in Europa jedes Jahr ausrangiert. Eigentlich müssen die Besitzer
ihre alten oder kaputten Geräte an Annahmestellen oder in Läden abgeben,
damit sie entsorgt und wiederverwertet werden können. So schreibt es
jedenfalls die Elektro- und Elektronik-Altgeräte-Richtlinie WEEE der
Europäischen Union vor. Doch in der Praxis hat sie versagt. Zu dem Ergebnis
kommt [1][eine Studie des Projektes CWIT zum Kampf gegen die Verschwendung
und den illegalen Handel mit Elektroschrott], die die EU unterstützt hat.
Zwei Jahre lang haben sieben Organisationen, darunter die Universität der
Vereinten Nationen und ein UN-Forschungsinstitut, recherchiert, wo der in
Europa produzierte Elektroschrott landet. Die Internationale
Polizeiorganisation Interpol hat das Projekt koordiniert. Am Sonntag wurde
der Bericht veröffentlicht. Sein Ergebnis ist erschreckend.
Gerade einmal rund ein Drittel (35 Prozent) der Altgeräte werden demnach
ordnungsgemäß entsorgt. Mit dem Rest, insgesamt 6,15 Millionen Tonnen,
passiert Folgendes: 3,15 Millionen Tonnen Elektroschrott werden nicht
fachgerecht in Europa recycelt. 750.000 Tonnen landen jedes Jahr im Müll.
Bei 750.000 Tonnen werden wertvolle Teile, zum Beispiel Festplatten von
Computern, ausgeschlachtet. Und rund 1,5 Millionen Tonnen werden aus der EU
heraus exportiert – wobei der Export nur bei 200.000 Tonnen dokumentiert
ist.
Das ist deshalb problematisch, da alte Handys und Kühlschränke Quecksilber
und Blei enthalten – hochgiftige Stoffe, diedie Umwelt verseuchen und
Krankheiten verursachen können. In vielen Altgeräten sind aber auch
wertvolle Rohstoffe wie Kupfer, Silber und Gold eingebaut. Daher haben sich
international organisierte Verbrecherbanden auf das Geschäft mit dem Müll
spezialisiert. Sie profitieren davon, dass Hersteller oder
Entsorgungsunternehmen bis zu 600 Millionen Euro im Jahr sparen, wenn sie
den Elektroschrott nicht selbst verwerten.
Wo genau die Altgeräte landen, geht nicht aus der Studie hervor. Doch sie
verweist darauf, dass Schmuggler für einen Container alter Kühlschränke und
Handys mehr als 10.000 Euro bekommen. Die verkaufen sie nicht nur an ärmere
Länder in Afrika oder in Asien. Rund 4,65 Millionen Tonnen Elektroschrott
kursieren innerhalb der EU – zehnmal mehr als offiziell deklariert. Der
illegale Handel wird nach Informationen von Interpol aber nur in 0,5
Prozent aller Fälle geahndet. Insgesamt verzichtet die EU dabei auf
Einnahmen von bis zu 1,7 Milliarden Euro.
Daher schlagen die Autoren nationale Taskforces für Umweltsicherheit vor.
Die Strafverfolgungsbehörden müssten international kooperieren. Zudem
kritisieren sie, dass 30 Prozent der EU-Mitgliedsländer die WEEE-Richtlinie
nicht einmal umsetzen.
30 Aug 2015
## LINKS
[1] http://www.cwitproject.eu/wp-content/uploads/2015/08/CWIT-Final-Summary1.pdf
## AUTOREN
Julia Maria Amberger
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