# taz.de -- Flüchtlingspolitik in Dänemark: Ghettos zur Abschreckung | |
> Kopenhagen halbiert die öffentlichen Gelder für die Flüchtlinge. Das soll | |
> sie abschrecken, nach Dänemark zu kommen. Und schafft eine neue | |
> Isolation. | |
Bild: Garantiert: Premier Rasmussen fährt einen strammen Rechtskurs. | |
Stockholm taz | Im Schnitt waren es täglich 32 Flüchtlinge, die im Juni und | |
Juli nach Dänemark kamen. Im August ist diese Zahl auf etwa 50 pro Tag | |
gestiegen. Im Verhältnis zur Bevölkerung nur ein Bruchteil der | |
Flüchtlingszahlen wie in den Nachbarländern Deutschland und Schweden. | |
Und es sind sogar deutlich weniger als noch vor einem Jahr. Weshalb in den | |
vergangenen Wochen mehrere hundert Plätze in Asylunterkünften abgebaut | |
werden konnten. Doch dieser Rückgang reicht Kopenhagen noch nicht. Die | |
rechtsliberale Venstre, die mit Ministerpräsident Lars Løkke Rasmussen an | |
der Spitze das Land seit zwei Monaten regiert, hatte den DänInnen im | |
Wahlkampf nicht nur versprochen, sondern „garantiert“, die | |
Flüchtlingszahlen im Vergleich zum Vorjahr deutlich zu reduzieren. | |
Und die „Garantie“ will man offensichtlich einlösen, ganz gleich wie es mit | |
den Flüchtlingsströmen nach Europa derzeit aussieht. Am Mittwoch | |
verabschiedete eine Parlamentsmehrheit mit 56 gegen 50 Stimmen eine | |
Gesetzesvorlage der Regierung, die die Restriktionsschraube in der | |
Flüchtlingspolitik eine weitere Umdrehung anzieht. | |
Der „blaue Block“ aus Rechtsliberalen, Dänischer Volkspartei, Konservativen | |
und Liberaler Allianz halbierte mit Wirkung ab 1. September die finanzielle | |
Unterstützung für Asylsuchende und ihre Familien. „Wir bekommen nicht | |
weniger, sondern ärmere Flüchtlinge“, meint Anders Ladekarl, Vorsitzender | |
des dänischen Roten Kreuzes. | |
## Baracken statt Wohnungen | |
Vor allem werde man damit einen Großteil der bisherigen | |
Integrationsbemühungen zunichte machen, kritisiert Winni Grosbøll, | |
sozialdemokratische Bürgermeisterin von Bornholm. Ihre Gemeinde habe in der | |
Vergangenheit die Strategie verfolgt, Flüchtlinge in „normalen“ | |
Mietwohnungen oder -häusern verteilt unterzubringen, um so deren schnelle | |
Integration in die lokale Gemeinschaft zu fördern: „Wir haben gute | |
Erfahrungen damit, sie so gleich zum Teil des lokalen Alltagslebens zu | |
machen.“ | |
Mit den halbierten Leistungen fehle dafür aber die finanzielle Grundlage, | |
und es drohten nun stattdessen Baracken- und Containerlager und damit die | |
Entwicklung hin zu regelrechten Ghettos und einer Parallelgesellschaft. | |
Man habe bislang eine Spaltung in „die und wir“ weithin vermeiden können, | |
betont auch Rebecca Helqvist, Leiterin des Integrationsteams der Stadt | |
Næstved: „Doch nun besteht die Gefahr, dass wir eine Sammlung von | |
Behelfsunterkünften errichten müssen, die dann in der Bevölkerung den Ruf | |
als Asyllager bekommen: Mit allen eventuellen negativen Konsequenzen,“ | |
betont Helqvist. Bislang gab es noch keine Meldungen über Anschläge auf | |
Asylunterkünfte oder auf Flüchtlinge. | |
26 Aug 2015 | |
## AUTOREN | |
Reinhard Wolff | |
## TAGS | |
Schwerpunkt Flucht | |
Flüchtlinge | |
Dänemark | |
Lars Lökke Rasmussen | |
Ghetto | |
Volksinitiative | |
Dänemark | |
Dänemark | |
Schwerpunkt Flucht | |
Europa | |
Flüchtlinge | |
Schwerpunkt AfD | |
Dänemark | |
Dänemark | |
Lars Lökke Rasmussen | |
Dänemark | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Volksinitiative in Hamburg: Aufstand des Establishments | |
Ein Dachverband von acht Bürgerinitiativen will Großunterkünfte für | |
Flüchtlinge verhindern. Ihre Wut richtet sich gegen die „autoritäre | |
Basta-Politik“ von Olaf Scholz. | |
Kommentar Dänemarks Asylpolitik: Eheringe zur Abschreckung | |
Der dänischen Regierung geht es nicht um Geld oder Schmuck, sondern allein | |
um Abwehr. Darin ist sie ein Vorbild für andere Regierungen. | |
Dänische Anti-Flüchtlingskampagne: „Geschmacklos, nutzlos, schädlich“ | |
Die Zeitungsanzeigen sollen Einwanderer aus dem Libanon abschrecken. Dafür | |
bekommt die dänische Regierung jetzt Gegenwind. | |
Debatte Demokratie in Deutschland: Das deutsche Dispositiv | |
Der hässliche Deutsche ist zurück. Scharfmacherisch im Ton, unerbittlich | |
gegenüber Griechenland, entwürdigend im Umgang mit Flüchtlingen. | |
Westbalkan-Konferenz: Um Schicksale schachern | |
Auf dem Treffen in Wien wollen die Staaten nach Lösungen in der | |
Flüchtlingskrise suchen. Die UN fordern unterdessen die Einrichtung | |
sogenannter Hotspots. | |
Kommentar Flüchtlingspolitik der EU: Europa schottet sich ab | |
In der Flüchtlingspolitik ist sich in Europa jeder Staat selbst der | |
nächste. Deutsche Appelle an mehr Solidarität klingen wie das Pfeifen im | |
Walde. | |
Rechtspopulismus und Einwanderung: Asyl nur für Christen? | |
Überall in Europa machen Populisten Stimmung gegen Muslime und wollen ihnen | |
Grundrechte verweigern. Oft übernehmen Regierungen die Parolen. | |
Dänemark will Flüchtlinge vergraulen: Geht lieber nach Schweden! | |
Mit Zeitungsannoncen will Dänemark Flüchtlinge fernhalten. Die Kampagne | |
richtet sich speziell an jene, die vor dem Krieg in Syrien flüchten. | |
Minderheitsregierung in Dänemark: Erst mal strengere Asylregeln | |
Der neue Venstre-Regierungschef Rasmussen stellt Königin Margrethe sein | |
Kabinett vor. Als erstes will die Regierung ein neues Ausländergesetz | |
vorlegen. | |
Regierungsbildung in Dänemark: Allein oder mit den Rechten | |
Die Sondierungsgespräche in Dänemark haben keine Mehrheit zustandegebracht. | |
Nun will Venstre-Chef Rasmussen eine Minderheitsregierung bilden. | |
Wahl in Dänemark: Rechtspopulisten mit Rekordergebnis | |
Der große Erfolg der Rechtspopulisten sorgt für einen Machtwechsel in | |
Dänemark. Neuer Ministerpräsident wird voraussichtlich der Liberale | |
Rasmussen. |