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# taz.de -- Flüchtlingspolitik in Australien: Lebensgefährlich und sinnlos
> Tony Abbott hat mit dem radikalen Kurs gegen Asylsuchende und
> MigrantInnen ernst gemacht. Australien stoppt Boote, „koste es, was es
> wolle“.
Bild: Bildmaterial der Royal Australian Defence Force von Bootsflüchtlingen im…
Canberra dpa | Vor Krieg und Terror nach Australien zu fliehen ist nicht
nur lebensgefährlich, sondern auch sinnlos: Australien hat seine Schotten
dicht gemacht. „Wir feiern ein Jahr ohne eine einzige erfolgreiche
Menschenschmuggler-Aktion, ein bedeutender Erfolg“, frohlockte
Einwanderungsminister Peter Dutton gerade Anfang August. Dafür hat die
konservative Regierung aber zum Entsetzen von Menschenrechtlern offenbar
einen Pakt mit den von ihr verteufelten Schleppern in Kauf genommen.
Im Juni berichteten Schlepper in Indonesien, australische Beamte hätten
ihnen Tausende Dollar in die Hand gedrückt, damit sie ihre voll besetzten
Flüchtlingsboote zurück nach Indonesien steuern. Bei der Frage, ob
australische Steuergelder in die Taschen solcher Krimineller geflossen
seien, [1][sagte Regierungschef Tony Abbott lediglich: „Wir stoppen die
Boote, koste es, was es wolle.“]
Bei seinem Amtsantritt hatte er angeordnet, dass Flüchtlinge, die
versuchen, über das Meer ins Land zu kommen, offiziell als „IMAs“ zu
bezeichnen sind – „Illegal Maritime Arrivals“ oder illegale Ankömmlinge …
See. Das suggeriert: Hier wird gegen Gesetze verstoßen. Aber: „Asyl zu
suchen ist nicht illegal“, rügt die australische Menschenrechtskommission.
„Alle Menschen haben Anspruch auf Schutz, egal, wie sie ins Land kommen.“
Die Zahlen sind eigentlich lächerlich: 20 Boote mit 633 Menschen an Bord
seien seit Anfang 2014 zur Umkehr gezwungen worden, verkündete Dutton.
2013, unter der linken Vorgängerregierung, hätten Schlepper noch 20 000
Menschen in australische Gewässer gebracht. Zum Vergleich: Auf der kleinen
griechischen Insel Lesbos kamen in einem einzigen Monat, im Juni 2015, 15
000 Flüchtlinge an. Australien ist fast 5000 mal so groß wie Lesbos.
Die Regierung macht aber eine andere Rechnung auf. Sie zählt nicht die
vorübergehende Aufnahme von Asylsuchenden, sondern die Zahl der Menschen,
die als anerkannte Flüchtlinge ein permanentes neues Zuhause bekommen.
[2][Da ist Australien nach der Statistik des UN-Flüchtlingshilfswerk
(UNHCR) tatsächlich] – gemessen an der Bevölkerung – das großzügigste L…
der Welt. 2014 landeten elf Prozent der Flüchtlinge, die weltweit in einem
anderen Land ein neues Leben starten durften, in Australien, insgesamt 11
750 Menschen.
## „Opfer von Terror und keine Terrorgefahr“
Wer aber Krieg und Terror entronnen ist und auf eigene Faust und mit
Schleppern versucht, nach Australien zu gelangen, ist den Behörden suspekt.
„Wir verteidigen unsere nationale Souveränität und schützen unser Land von
dem üblen Menschenhandel“, sagte Abbott in einem Interview. Die meisten
Flüchtlinge kommen aus den Kriegsgebieten in Afghanistan und dem Irak, und
aus Myanmar, wo die muslimischen Rohingya verfolgt werden. „Die Leute sind
Opfer von Terror und keine Terrorgefahr“, sagt Paul Power, Chef des
Flüchtlingshilfswerks „Refugee Council of Australia“.
Die Regierung setze sich als Beschützer der kleinen Leute in Szene, indem
sie diffuse Ängste vor Konkurrenz um Arbeitsplätze und Lohndrückerei
ausnutze. „Tatsächlich starten Ex-Flüchtlinge vielmehr oft eigene
Unternehmen, bilden sich überdurchschnittlich oft weiter, und ihre Kinder
bringen es weiter in der Schule als andere. Die Motivation von Leuten, die
alles verloren haben und dann eine Chance auf ein neues Leben gekommen, ist
immens.“
Als Abschreckung dienen auch die Auffanglager, in denen Flüchtlinge teils
jahrelang hinter Stacheldraht leben. Australien bezahlt bitterarme
Nachbarländer wie Papua-Neuguinea und das Pazifik-Eiland Nauru dafür, dass
sie Flüchtlingslager betreiben. [3][Die Menschenrechtsorganisation Human
Rights Watch war da]. „Die Internierungslager sind überfüllt und dreckig“,
schreibt sie. „Asylanträge werden nicht fair, transparent oder zügig
bearbeitet.“
Hungerstreiks und Randale, mit denen die Menschen auf ihr Schicksal
aufmerksam machen, bügelt die Regierung ab. „Wer die Gesetze bricht, muss
mit Konsequenzen rechnen“, sagt Einwanderungsminister Dutton. Und: „Ich
sags noch einmal: Die, die illegal mit Schiffen angekommen sind, werden
niemals ein Bleiberecht in Australien bekommen.“ Vier haben gerade
eingewilligt, in das bitterarme Kambodscha umzusiedeln.
12 Aug 2015
## LINKS
[1] http://www.abc.net.au/news/2015-06-12/burnside-paying-off-the-people-smuggl…
[2] http://reliefweb.int/report/world/unhcr-asylum-trends-2014-levels-and-trend…
[3] https://www.humanrights.gov.au/sites/default/files/document/publication/for…
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