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# taz.de -- Asylsuchende in Indonesien: Fliehen vor dem Flüchtlingslager
> Flüchtlinge aus Afghanistan und Irak, die in Indonesien landen, versuchen
> mit Fischerbooten nach Australien zu kommen. Zu schlecht ist ihre
> Sitaution in Indonesien.
Bild: 120 Flüchtlinge weigerten sie sich zwei Tage lang, einen australischen T…
JAKARTA taz | Jetzt nach Ende des Monsuns nehmen die gefährlichen
Überfahrten afghanischer, irakischer und anderer Asylsuchender von
Indonesien nach Australien wieder zu. Ziel ist meist die nur 450 Kilometer
entfernte australische Weihnachtsinsel. Die Asylsuchenden reisen oft auf
hochseeuntüchtigen und überladenen Booten.
Vor einer Woche gerieten 120 Flüchtlinge in Seenot, wurden jedoch von einem
Tanker gerettet und nach Indonesien zurückgebracht. Dort weigerten sie sich
zwei Tage lang, das Schifff zu verlassen, um nicht in indonesischen
Flüchtlingsheimen zu landen. Gesuche, direkt mit australischen
Botschaftsvertretern zu sprechen, wurden abgelehnt.
Zwei Tage später gerieten 60 afghanische Flüchtlinge bei der Insel Sumbawa
in Seenot. Sie wandten sich vom Schiff aus telefonisch direkt an
australische Flüchtlingsanwälte, die daraufhin indonesische Rettungsdienste
informierten. Nach dreitägiger Suche wurde das Boot an der Südküste Lomboks
geortet. Von den Asylsuchenden fehlt jede Spur. Derweil trafen zwei weitere
Boote mit 19 und 75 Flüchtlingen auf der Weihnachtsinsel ein. Im Dezember
2011 war ein Boot mit 250 Asylsuchenden vor Java gesunken, nur 47
überlebten.
Laut UN-Flüchtlingshochkommissariat (UNHCR) sind derzeit 4.921 Asylsuchende
und anerkannte Flüchtlinge in Indonesien. Die Dunkelziffer ist viel höher.
Wegen sinkender Aufnahmequoten dauern Umsiedlungen von Indonesien in
Drittländer mindestens drei Jahre. In diesem Jahr wurden erst 17 Personen
umgesiedelt. Wegen der langsamen Umsiedlungen und anhaltender Gewalt in den
Heimatländern, die eine freiwillige Rückkehr verhindern, wagen mehr
Flüchtlinge die gefährliche Schiffspassage.
## Zustände in den Gefängnissen sind mangelhaft
Obwohl Australien jährlich 13.000 Flüchtlinge aufnimmt, kommt davon nur ein
Bruchteil über Indonesien. Die Verantwortung für die Flüchtlinge vor der
Küste schieben sich Australiens Regierung und Opposition gegenseitig zu.
Als Nichtunterzeichner der Genfer Flüchtlingskonvention verweist Indonesien
Asylsuchende ans UNHCR. Die Behörden sehen von Abschiebungen meist ab,
sperren jedoch Asylsuchende ohne gültige Papiere in spezielle Gefängnisse.
Diese werden mit australischen Geldern indirekt finanziert, doch sind die
Zustände mangelhaft. Im Februar starb ein Afghane in Pontianak an den
Misshandlungen des Wachpersonals, nachdem sein Fluchtversuch gescheitert
war.
Zunehmend regt sich in Indonesien Unmut, das Land könne zum Langzeitlager
werden. Regierungsvertreter sehen inzwischen nationale Interessen
gefährdet. Obwohl der aktuelle Fünfjahresplan der Regierung die
Unterzeichnung der Flüchtlingskonvention vorsieht, hat das keine Priorität.
Ein Mitarbeiter des General-Direktoriats für Immigration sagt: „In
Indonesien leben 240 Millionen Menschen, 30 Prozent davon unter der
Armutsgrenze. Würden wir die Konvention unterzeichnen, müssten wir den
Asylsuchenden eine Grundversorgung und Bildung garantieren. Doch können
wird das noch nicht einmal unserer eigenen Bevölkerung bieten.“
Auch indonesische Nichtregierungsorganisationen helfen kaum. Asylsuchende
werden eher als wohlhabend betrachtet. Viele Indonesier versuchen an ihnen
zu verdienen, indem ihnen überteuerte Wohnungen vermietet werden.
Asylsuchende dürfen nicht legal arbeiten, sondern sind auf Unterstützung
ihrer Familien angewiesen.
Viele Asylsuchende versuchen schnellstmöglich nach Australien
weiterzureisen. Es haben sich Schmugglernetzwerke gebildet, die aus dem
Ausland operieren und vorfinanziert werden. Indonesier – einschließlich
korrupter Beamter und Sicherheitskräfte – sind nur Vermittler oder
Transporteure. Verarmte Fischer sind für die Versprechen der Schmuggler
offen. Mit einer Fahrt nach Australien verdienen sie umgerechnet 1.300
Euro, ein wahres Vermögen für sie. Doch wissen viele nicht, dass sie in
Australien mehrjährige Haftstrafen erwarten.
20 Apr 2012
## AUTOREN
Antje Missbach
## TAGS
Australien
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