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# taz.de -- Kommentar Obamas Klimaplan: 6 1/2 wertvolle Jahre verschenkt
> Im Vergleich zu anderen Industrieländern sind die USA mit ihrem Klimaplan
> reichlich spät dran. Und zögerlich sind die Veränderungen auch.
Bild: Nicht besonders klimafreundlich: Kraftwerk Ravenswood in Long Island City…
WASHINGTON taz | Bei der Klimapolitik haben die USA den Rest des Planeten
lange leiden lassen. Sie jagten – zunächst auf einsamer Flur, dann auf dem
zweiten Rang hinter China – die größte Menge Treibhausgase in die
Atmosphäre. Sie haben das Kyoto-Protokoll nicht ratifiziert.
Ihr Senat hat das Inkrafttreten eines Cap-and-Trade Gesetzes über
Schadstoffemissionshandel verhindert. Sie sorgten für die große
Enttäuschung beim Kopenhagener Gipfel von 2009. Und sie leisten sich
Spitzenpolitiker, die auch im Jahr 2015 – mit Schneebällen und Bibeln in
der Hand – bestreiten, dass es überhaupt so etwas wie menschengemachte
Klimaveränderung gibt.
Der jetzt vorgelegte „Klimaplan“ von Präsident Barack Obama und der Chefin
seiner Umweltbehörde EPA, Gina McCarthy, ist aus dem Zeug gemacht, das
nötig ist, den Trend umzukehren. Erstmals in der Geschichte reduziert
Washington die CO2-Abgaben von Kraftwerken – sie sollen bis ins Jahr 2030
um 32 Prozent (im Verhältnis zu 2005) gesenkt werden. Dazu vergrößert der
US-Präsident den Anteil der erneuerbaren Energien auf 28 Prozent (von 22
Prozent in 2005). Und senkt er den Anteil der Kohle bei der
Energieerzeugung auf 27 Prozent (von 31 in 2005).
Im Vergleich zu anderen Industrieländern sind das allesamt zögerliche,
späte und kleine Schritte. Zudem hat der Klimaplan den Nachteil, dass er an
dem selben alten Mix aus Erneuerbaren Energien, Erdöl-, Gas-, Kohle- und
Atomenergie festhält. Und er könnte zu perversen Nebeneffekten führen, wie
der Intensivierung des Kohleexports auf den asiatischen Markt, oder dem
Nachdenken über den Ausbau des AKW-Parks in den USA.
Dennoch ist der Klimaplan ein gewaltiger Fortschritt. Er öffnet die Tür für
neue internationale Entwicklungen. Beim Klimagipfel in Paris wird Präsident
Obama nicht mit leeren Händen erscheinen. Er kann die Verhandlungen
erleichtern. Und er kann anderen Klimasündern – von China über Indien bis
nach Brasilien – Auswege weisen.
## Ideologischer Grabenkrieg
In den USA wird trotzdem ein neuer ideologischer Grabenkrieg losbrechen.
Die Klimaleugner werden den US-Präsidenten mit den üblichen Spitznamen –
wie „Job-Killer“ und „Wirtschafts-Feind“ – betiteln. Sie werden die
Klimapolitik in die Bundesstaaten und in die Gerichte tragen. Und sie
werden versuchen, im Präsidentschaftswahlkampf damit zu trumpfen.
Doch den lähmenden Widerstand des Kongresses hat Obama dadurch umgangen,
dass er seinen Klimaplan per präsidentieller Durchführungsverordnung
einführt. So lange dieses Vorgehen nicht gerichtlich gestoppt wird, gilt es
– zumindest bis zum Ende seiner Amtszeit.
Der Klimaplan macht die USA von einem Teil des Problems zu einem Teil der
Lösung. Unterstützung dafür wird Obama nicht nur im Rest der Welt, sondern
auch zu Hause finden: Bei jenen US-Amerikanern, die ihn unter anderem
deswegen zwei Mal gewählt haben, weil er eine andere Umwelt- und
Klimapolitik versprochen hat. Bei jenen Energieerzeugern, die bereits in
den vergangenen Jahren – ohne Klimaplan – von Kohle- zu Gaskraftwerken
gewechselt sind.
Nicht unbedingt aus klimapolitischen Erwägungen, sondern weil die Gaspreise
durch Fracking günstig geworden sind. Und bei jenen großen Konzernen aus
anderen Bereichen, die wissen, dass die USA ihren Platz im internationalen
Wettbewerb nur verteidigen können, wenn sie verstärkt in neue Technologien
investieren.
Umso bedauerlicher ist es, dass der US-Präsident sich erst in der
Schlussphase seiner Amtszeit ernsthaft an die Klimapolitik heranwagt.
Darüber sind 6,5 wertvolle Jahre verstrichen, während derer sich die Lage
des Planeten kontinuierlich verschlechtert hat.
4 Aug 2015
## AUTOREN
Dorothea Hahn
## TAGS
USA
Erneuerbare Energien
Barack Obama
Schwerpunkt Klimawandel
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Ideologie
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CO2-Emissionen
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