# taz.de -- Anschlag auf Ex-Geheimdienstchef: Schock und Angst in Burundi | |
> Der mächtigste Scharfmacher hinter dem Präsidenten wurde getötet. | |
> Explodiert jetzt die Gewalt in Burundi? | |
Bild: Ein Polizist in der Hauptstadt Bujumbura nach den Wahlen Ende Juli. | |
Ouagadougou/Stuttgart taz | Sein schwarzer Geländewagen ist ausgebrannt. | |
Eine Rakete hatte ihn frontal getroffen, die Scheiben wurden von Kugeln | |
durchsiebt. Die Fotos von der Leiche zeigen schlimme Kopfwunden und viel | |
Blut. Der mächtigste Mann in Burundi neben dem Präsidenten, | |
Ex-Geheimdienstchef General Adolphe Nshimirimana wurde am Sonntagmorgen in | |
Burundis Hauptstadt Bujumbura in einem Hinterhalt ermordet. Jetzt herrscht | |
große Anspannung in Burundi, das nach Präsident Pierre Nkurunzizas Wahl zu | |
einer dritten Amtszeit in einem Umfeld blutiger Gewalt ohnehin schon in | |
einer schweren politischen Krise steckt. | |
Augenzeugen berichten von Männern in Uniformen, die auf den stadtbekannten | |
Geländewagen von „Adolphe“, wie ihn in Burundi alle nennen, gezielt hätte… | |
Einem Bericht des unabhängigen Radiosenders RPA auf seiner Webseite zufolge | |
überholte ein Militärfahrzeug mit offener Ladefläche den Jeep des Generals, | |
und die Soldaten darauf feuerten auf den Wagen zwei Raketen und zwei | |
Granaten ab. Ausgerechnet in jenem Stadtteil Kamenge, wo General | |
Nshimirimana und seine engsten Mitstreiter leben, eine Hochburg der heute | |
regierenden ehemaligen Hutu-Rebellen, wo er sozusagen der „Patron“ ist. | |
Der Angriff geschah nicht weit von Nshimirimanas Bar, seinem | |
quasi-Hauptquartier, von wo aus er die Jugendmiliz „Imbonerakure“ der | |
Regierungspartei CNDD-FDD (Nationalkomitee/Kräfte zur Verteidigung der | |
Demokratie) führte. Nshimirimana galt als der eigentliche starke Mann | |
Burundis; als ehemaliger Geheimdienstchef befehligte er die brutale | |
Niederschlagung der Massenproteste gegen die dritte Amtszeit des | |
Präsidenten im April und Mai. Als erstes bestätigte Präsident Nkurunzizas | |
Kommunikationsberater und rhetorischer Scharfmacher Willy Nyamitwe den Tod | |
des Generals, „ein Bruder und ein Kamerad“. | |
Wenig später rief der Präsident selbst in einer Ansprache die Burunder zur | |
Ruhe auf, er richtete sich in der lokalen Sprache Kirundi direkt an | |
Adolphes Anhänger in Kamenge: „Gott wird uns helfen, diese Kriminellen zu | |
fassen“, sagte Nkurunziza und mahnte, keine Racheakte zu begehen, sondern | |
so zu reagieren, wie ihr Vorbild es getan hätte: „ruhig, cool, mit | |
Intelligenz und Weisheit“. Niemand solle den Tätern jetzt helfen, dies zu | |
erreichen, was sie bezwecken wollten: Die Burunder spalten, Massaker zu | |
provozieren. | |
## „Die haben den Krieg erklärt“ | |
Es besteht kurzfristig die reale Gefahr, dass die Adolphe-treuen Milizen | |
auf Rache aus sind. In sozialen Netzwerken wird der tote General als Held | |
der Demokratie gefeiert. Er sei von „ruandischen Agenten“ getötet worden, | |
die Tutsi in Burundi müssten jetzt aufpassen, heißt es. „Die haben den | |
Krieg erklärt und jetzt werden sie sehen, was sie davon haben“, sagte | |
gegenüber AFP ein hoher Armeegeneral. In der Nacht zu Montag kam es in | |
oppositionellen Stadtteilen von Bujumbura zu Gefechten und Explosionen; | |
mindestens drei Menschen sollen gestorben sein. | |
Die Afrikanische Union (AU), die EU und die USA haben große Sorge geäußert | |
und zu Dialog in Burundi aufgerufen. Es besteht jetzt langfristig auch die | |
Möglichkeit, dass Präsident Nkurunziza sich ohne Nshimirimana | |
bereitwilliger zurück an den Verhandlungstisch begibt und einen Schritt auf | |
die Opposition zugeht. Der ermordete General galt als der Super-Radikale | |
innerhalb der kleinen Clique, die um Nkurunziza regiert. Er war bereit, | |
enorme Gewalt anzuwenden, um den Präsidenten und damit sich selbst mit | |
allen Mitteln an der Macht zu halten. Eine Einigung mit der Protestbewegung | |
auf der Straße oder auch mit den zahlreichen Politikern, die mit der | |
Regierung gebrochen haben und aus Burundi geflohen sind, kam für | |
Nshimirimana nicht in Frage. | |
Der Mord an General Nshimirimana kam zwei Tage, nachdem sich diese | |
Protestbewegung im Exil eine neue Struktur gegeben hatte. Zum Abschluss | |
mehrtägiger Beratungen in Äthiopiens Hauptstadt Addis Abeba gründete sie | |
den „Nationalen Rat zur Wiederherstellung des Arusha-Friedensvertrages und | |
des Rechtsstaates in Burundi“ (CNARED) – eine breite Koalition aller | |
Anti-Nkurunziza-Fraktionen. Mit dabei sind zwei Ex-Präsidenten des Landes | |
sowie hochrangige Deserteure des Regimes wie der geflüchtete Vizepräsident | |
Gervais Rufyikiri, der geflohene Parlamentspräsident Pie Ntavyohanyuma | |
sowie die Rebellenbewegung aus fahnenflüchtigen Generälen der Armee, die im | |
Mai einen Putschversuch gewagt hatten. | |
Präsident der CNARED ist Altpolitiker Leonard Nyangoma, der 1994 den | |
bewaffneten Kampf der Hutu-Rebellen gestartet hatte, aus denen später die | |
heute regierende CNDD-FDD wurde. Die neue Plattform will mit Hilfe der AU | |
den burundischen Präsidenten zum Einlenken zwingen. | |
3 Aug 2015 | |
## AUTOREN | |
Dominic Johnson | |
Simone Schlindwein | |
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