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# taz.de -- Flüchtlingspolitik in Deutschland: Da ist sie wieder, die Task-For…
> Justizminister Maas nennt Angriffe auf Unterkünfte für Flüchtlinge
> beschämend. Umweltministerin Hendricks will mehr sozialen Wohnungsbau.
> Andere eine Task Force.
Bild: Ankunft in einer Erstaufnahmeeinrichtung in Trier-West.
Berlin dpa | Bundesjustizminister Heiko Maas fordert einen besseren Schutz
von Asylbewerbern vor ausländerfeindlichen Übergriffen. „Das beste
Einwanderungsgesetz wird nichts nützen, wenn Unterkünfte angezündet
werden“, schreibt Maas in einem Beitrag für das Redaktionsnetzwerk
Deutschland. „Ganz gleich, aus welchen Gründen Menschen zu uns kommen und
wie lange sie bleiben – wir müssen sie besser schützen.“ Dies sei eine
Aufgabe nicht nur für die Behörden, sondern für alle Bürger.
Deutschland sei in den 20 Jahren seit den Brandanschlägen von Solingen und
Mölln weltoffener geworden. „Dieses neue, tolerante Deutschland müssen wir
heute mit aller Macht verteidigen“, sagte Maas. „Angesichts der größten
Flüchtlingskrise seit Ende des Zweiten Weltkriegs sind wir dabei alle
gefragt.“
Mehr als 200 Angriffe auf Flüchtlingsunterkünfte allein in der ersten
Hälfte dieses Jahres seien eine schreckliche und für Deutschland
beschämende Bilanz. „Jede Attacke auf ein Flüchtlingsheim ist ein Angriff
auf unsere Gesellschaft und auf unsere freiheitliche Grundordnung“,
schreibt Maas. „Deswegen braucht jede Form von Fremdenfeindlichkeit und
Intoleranz Widerspruch – je entschiedener und lauter, desto besser.“
Bundesumweltministerin Barbara Hendricks sagte der Rheinischen Post, bei
der menschenwürdigen Unterbringung von Flüchtlingen spiele der soziale
Wohnungsbau eine besondere Rolle. „Diesen müssen und wollen wir stärken.“
Der Bund stelle den Ländern jährlich 518 Millionen Euro für neue
Sozialwohnungen zu Verfügung. Die Zweckgebundenheit dieser Mittel sei auf
Druck der Länder 2007 entfallen. Ziel sei, dass die Länder diese Mittel
wieder zweckgebunden in den sozialen Wohnungsbau investieren.
## „Das System ist zusammengebrochen“
Der Deutsche Städte- und Gemeindebund sprach sich für eine Task Force aus,
die auf Bundesebene die Flüchtlingspolitik in Deutschland steuert. „Das
wäre ein wirksames Mittel, um die Reaktionszeiten zu verkürzen und die
Koordination zu verbessern“, sagte Hauptgeschäftsführer Gerd Landsberg der
Neuen Osnabrücker Zeitung. In einer solchen Arbeitsgruppe müsse allerdings
der Sachverstand der Kommunen Gehör finden, Bund und Länder müssten die
Situation vor Ort stärker als bisher in den Blick nehmen.
Der Präsident des niedersächsischen Städte- und Gemeindebunds, Marco Trips,
sagte der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung: „Das System ist schon
zusammengebrochen.“ Es gebe auf dem Papier einen klaren Ablauf, „an den
sich aber keiner mehr hält, weil die Ressourcen es nicht mehr hergeben“.
Die Menschen kämen ohne Gesundheitsprüfungen in überfüllte
Erstaufnahmeeinrichtungen, dann würden sie ohne Asylantrag auf die Kommunen
verteilt. „Die Bearbeitung der Anträge dauert unglaublich lange“, sagte
Trips.
Der Gutachter Dietrich Thränhardt kommt in einem Gutachten zu dem Ergebnis,
dass Deutschland derzeit knapp 240.000 unbearbeitete Asylanträge vor sich
herschiebt. „Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) kommt nicht
hinterher“, [1][sagte Thränhardt auf tagesschau.de]. Es gebe zu wenig
„Entscheider“ in der Behörde. Der von der Bundesregierung zugesagte
Stellenaufbau komme nur sehr zögerlich voran. Der Bearbeitungsstau „ist
einmalig in Europa“, sagte der Migrationsforscher.
Sellering sagte dem NDR: „Insgesamt müssen wir möglichst schnell Klarheit
schaffen, wenn die Menschen hierher kommen.“ Der nordrhein-westfälische
Innenminister Ralf Jäger (SPD) sagte der Welt, das BAMF werde seine
Prognose von 450.000 Asylbewerbern für 2015 erhöhen müssen. Länder und
Kommunen bräuchten Klarheit für ihre Planungen. Wie die Zeitung unter
Berufung auf eine Telefonkonferenz der Innenminister berichtete, wurden in
diesem Jahr bereits mehr als 300.000 Asylsuchende registriert.
FDP-Chef Christian Lindner forderte die Übernahme sämtlicher Kosten für
Asylverfahren und Unterkunft durch den Bund. „Die Aufnahmeverfahren und die
Unterbringung von Flüchtlingen und Asylbewerbern sind eine gesamtstaatliche
Aufgabe und nicht Sache von Ländern und Kommunen“, sagte er der Berliner
B.Z..
## „Sichere Herkunftsländer“ ausweiten
Angesichts steigender Flüchtlingszahlen hatte die rheinland-pfälzische
Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) vor kurzem in der Bild-Zeitung eine
Flüchtlings-Task-Force ins Spiel gebracht.
Dreyer plädierte unterdessen für die Ausweitung des Kreises „sicherer
Herkunftsländer“. „Ich persönlich könnte mir weitere „sichere
Herkunftsländer“ vorstellen“, sagte sie der Frankfurter Rundschau. Sie
verband die Frage mit der Forderung nach einem Einwanderungsgesetz: „Wenn
wir das Einwanderungsgesetz hätten, könnten wir womöglich eine Situation
schaffen, in der auch grüne Kolleginnen und Kollegen zu überzeugen wären.“
Hier müsse sich dann aber auch die Union bewegen – CDU und CSU lehnen
bislang ein Einwanderungsgesetz mehrheitlich ab, allerdings deutete sich
zuletzt Bewegung in der Frage an.
Im vergangenen Jahr waren Bosnien-Herzegowina, Serbien und Mazedonien als
„sichere Herkunftsstaaten“ eingestuft worden – im Bundesrat stimmte damals
auch der baden-württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann
(Grüne) nach langer Diskussion zu. Mit der Zunahme von Flüchtlingen aus
Albanien und dem Kosovo gab es zuletzt – auch in der SPD – vermehrt
Überlegungen, diese Staaten einzubeziehen, um Asylanträge von Menschen aus
diesen Ländern schneller ablehnen zu können.
1 Aug 2015
## LINKS
[1] http://www.tagesschau.de/inland/interview-asyl-101.html
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