# taz.de -- Schuldenkrise in Griechenland: Das ewige Thema Geld | |
> Athen beantragt noch einen Kredit. Der IWF ist bei den Verhandlungen, die | |
> am Montag starten sollen, dabei. Für Diskussionen sorgen angebliche | |
> „Massenentlassungen“. | |
Bild: Unternehmen können ab sofort wieder Überweisungen ins Ausland vornehmen… | |
ATHEN ap/dpa/rtr | Die griechische Regierung hat beim Internationalen | |
Währungsfonds (IWF) einen neuen Kredit beantragt. Die Gespräche über ein | |
drittes Hilfspaket werden nach einer Verzögerung nun wahrscheinlich am | |
Montag beginnen. Experten der Geldgeberinstitutionen werden am Wochenende | |
für die Verhandlungen nach Athen reisen, wie griechische Regierungsbeamte | |
mitteilten. Nicht näher erklärte logistische Gründe hatten ihre für Freitag | |
geplante Ankunft verhindert. Die griechische Regierung lud den IWF ein, an | |
den Gesprächen teilzunehmen. | |
Die Einladung trägt die Unterschrift von Finanzminister Euklid Tsakalotos. | |
In dem Schreiben werden formal neue Hilfen von dem Fonds beantragt. Dies | |
stimmt mit der vorläufigen Einigung über das dritte Rettungspaket überein, | |
die Griechenland am 12. Juli mit seinen europäischen Partnern erzielte und | |
die eine Finanzierung und Beobachtung durch den IWF ab dem März 2016 | |
vorsieht – dann enden die bisherigen finanziellen Hilfen des Währungsfonds | |
für Griechenland. | |
In dem Brief heißt es, Athen glaube, es brauche „mehrere Quartale“, bevor | |
sich die griechische Wirtschaft ihren Herausforderungen stellen „und zu | |
einem starken und nachhaltigen Weg zum Wachstum mit Gerechtigkeit und | |
sozialer Eingliederung zurückkehren“ könne. Griechenland sehe der | |
Möglichkeit entgegen, die Kooperation mit dem IWF fortzusetzen. | |
Der Währungsfonds bestätigte in der Nacht zum Samstag (MESZ), den Antrag | |
für neue IWF-Kredite erhalten zu haben. Man werde versuchen, Gespräche mit | |
Griechenland und den europäischen Gläubigern zu arrangieren, teilte der IWF | |
in einer Erklärung mit. | |
## IWF könnte Gespräche erschweren | |
Das endgültige Abkommen über das etwa 85 Milliarden Euro schwere und auf | |
drei Jahre angelegte Paket werde am 18. August dem Parlament vorgelegt, | |
sagte Regierungssprecherin Olga Gerovasili. Bis dahin würden die | |
Verhandlungen konstant weitergehen. Griechenland muss am 20. August einen | |
Kredit über mehr als drei Milliarden Euro Schulden an die Europäische | |
Zentralbank zurückzahlen. | |
Nach Meinung von Beobachtern könnte eine Teilnahme des IWF die Gespräche | |
erschweren. Denn der IWF zeigte sich kritisch gegenüber vielen der | |
Bedingungen, die die Eurozone Athen stellte. Zudem sprach er sich für eine | |
deutliche Schuldenlastreduzierung aus – die deutsche Regierung lehnt indes | |
zumindest einen klassischen Schuldenerlass ab. | |
Griechenland will sich mit den Gesprächen sein drittes Rettungspaket binnen | |
fünf Jahren sichern. Um überhaupt in Verhandlungen über die bis zu 85 | |
Milliarden Euro treten zu können, hatte das Parlament in Athen zunächst | |
einer Reihe von Reformen zugestimmt, die die Geldgeber eingefordert hatten. | |
Athen hat derweil die Finanzkontrollen für Unternehmen und ins Ausland | |
reisende Griechen nach knapp vier Wochen gelockert. Somit können | |
Unternehmen wieder Zahlungen im Ausland leisten und Griechen bei Reisen ab | |
sofort 2.000 statt bislang 1.000 Euro mitnehmen. Reedereien sei es zudem | |
gestattet, bis zu 50.000 Euro pro Tag abzuheben, teilte das | |
Finanzministerium am späten Freitagabend mit. | |
## Limit für Auslandsüberweisungen erhöht | |
Außerdem erhöhte die griechische Zentralbank das Limit für Unternehmen bei | |
Auslandsüberweisungen von 50.000 auf 100.000 Euro. Wegen der | |
Finanzkontrollen mussten sich die Firmen bislang eine Genehmigung holen, | |
wenn sie das Limit überschreiten wollten. Die Änderungen deckten somit 70 | |
Prozent der Transaktionen ab, sagte Notenbankchef Ioannis Stournaras. | |
Griechenland hatte die Kapitalverkehrskontrollen am 29. Juni auf Druck der | |
Geldgeber eingeführt, um sein Finanzsystem zu stabilisieren und seinen | |
angeschlagenen Banken etwas Luft zu verschaffen. Am Montag öffneten nach | |
drei Wochen wieder die Banken in Griechenland, nachdem die Europäische | |
Zentralbank zuvor die Nothilfen für die griechischen Geldhäuser erhöht | |
hatte. | |
Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) ist nach Spiegel-Informationen | |
bereit, langfristig deutsche Steuereinnahmen für einen eigenständigen Etat | |
der Eurozone abzutreten. Damit könnte ein möglicher neuer Finanztopf für | |
einen künftigen europäischen Finanzminister gespeist werden. Möglich sei | |
auch, dass der Euro-Finanzminister das Recht bekomme, einen eigenen | |
Zuschlag auf Steuern zu erheben, berichtete das Magazin. | |
Im Bundesfinanzministerium hieß es dazu am Samstag auf Anfrage: „Die | |
langfristige Schaffung einer eigenen Fiskalkapazität für die Eurozone ist | |
ein Vorschlag aus dem Fünf-Präsidenten-Bericht zur Weiterentwicklung der | |
EU.“ Die Diskussion darüber beginne erst. Einzelne Elemente müssten im | |
Gesamtzusammenhang gesehen werden und setzten eine Vertragsänderung voraus: | |
„Die Rede von einer Euro-Steuer führt in diesem Zusammenhang völlig in die | |
Irre.“ | |
## Mittelfrist-Reformen | |
Beim „Fünf-Präsidenten-Bericht“ von EU-Kommission, EU-Rat, Eurogruppe, EZB | |
und EU-Parlament geht es um die Vertiefung der Wirtschafts- und | |
Währungsunion – mit einem Zeithorizont bis 2025. Dabei geht es um | |
Mittelfrist-Reformen ohne Vertragsänderungen sowie langfristige Maßnahmen, | |
die Änderungen der EU-Verträge erfordern. | |
Für Diskussionen sorgen angebliche Forderungen der Bundesregierung nach | |
„Massenentlassungen“ in Griechenland. Der Spiegel verweist auf eine Antwort | |
des Finanzministeriums auf eine Anfrage der Linken, in der auf die | |
Reformvereinbarungen mit Griechenland verwiesen wird. | |
Dabei handelt es sich um die Gipfelbeschlüsse aller 19 Euro-Länder. In | |
einer Übersetzung ist darin zwar von „Massenentlassungen“ (“collective | |
dismissals“) die Rede. Es geht dabei aber eher um „betriebsbedingte | |
Kündigungen“ und eine „tiefgreifende Überprüfung und Modernisierung der | |
Verfahren“ dafür sowie eine Annäherung „an bewährte internationale und | |
europäische Verfahren“. | |
25 Jul 2015 | |
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