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# taz.de -- Asylpolitik in Österreich: Zwischen Bemühen und Abschrecken
> Österreichs Umgang mit Flüchtlingen setzt häufig auf Abschreckung. Nun
> schlägt die Innenministerin einen „befristeten Schutz“ statt Asyl vor.
Bild: Amnesty International wird die Menschenrechtsstandards in österreichisch…
WIEN taz | Mit einem Befreiungsschlag will die österreichische Regierung
die Unterbringung von Asylsuchenden erleichtern. Künftig soll die
Begutachtung und Genehmigung von Asylquartieren Bundessache sein,
verkündeten Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) und Vizekanzler Reinhold
Mitterlehner (ÖVP) am Freitag.
Damit reagierten sie auf die Hinhaltetaktik und Boykotthaltung von Ländern
und Gemeinden. Gemeinde- und Landeschefs waren nie um eine Ausrede
verlegen, wenn es darum ging, eine Unterkunft als ungeeignet zu erklären.
Bisher sind in diesem Jahr etwa 45.000 Flüchtlinge in Österreich
aufgenommen worden. Mit mindestens weiteren 35.000 rechnet Innenministerin
Johanna Mikl-Leitner (ÖVP). Was die Länder, die nach einem Schlüssel zur
Übernahme einer bestimmten Quote verpflichtet sind, nicht anbieten, das
werde der Bund übernehmen. Dafür kann er zunächst auf Bundesimmobilien
zurückgreifen, aber auch weitere Quartiere anmieten.
Für diese Neuerung bedarf es einer Verfassungsänderung, die die
Regierungskoalition nicht allein beschließen kann. Sie ist auf die
Unterstützung der Grünen angewiesen. Diese zeigen sich verhandlungsbereit,
„wenn ein sinnvolles Gesetz zur menschenwürdigen Versorgung von
Schutzsuchenden vorgelegt wird“, so Fraktionschefin Eva Glawischnig. Denn
„die entwürdigende Obdachlosigkeit von tausenden Flüchtlingen in
Traiskirchen“ müsse dringend gelöst werden.
## Amnesty überprüft Menschenrechtsstandards
Im Erstaufnahmezentrum Traiskirchen, einer Bundeseinrichtung südlich von
Wien, herrscht seit Wochen Ausnahmezustand. Flüchtlinge schlafen unter
freiem Himmel, die hygienischen Bedingungen sind prekär. Eine Überprüfung
auf Menschenrechtsstandards durch Amnesty International wurde nach einigem
Zögern für kommenden Donnerstag genehmigt.
Österreichs Umgang mit den Flüchtlingen schwankt zwischen Bemühungen um die
Einhaltung der internationalen Konventionen und Abschreckung. Unter dem
Flankenschutz des auflagenstarken Boulevardblatts Kronen Zeitung wurden
Zeltlager errichtet, wo brütende Hitze oder Regenfälle das Leben
unerträglich machen. Auch in der Sonntagsausgabe zitiert die Krone wieder
verängstigte Menschen, die sich nicht mehr auf die Straße trauen, seit
Asylsuchende ihre Gemeinde bevölkern.
In einer umstrittenen Aktion hat Mikl-Leitner 5.000 Asylsuchende an die
Slowakei weitergereicht. Österreich zahlt für deren Betreuung, bis der
Asylgerichtshof über Anerkennung oder Abschiebung entscheidet.
## Vorstoß als Ablenkungsmanöver
Um die Ansiedlung von mehrheitlich muslimischen Flüchtlingen aus den
Kriegsgebieten der Welt langfristig zu bremsen, hat sich die
Innenministerin etwas anderes einfallen lassen. Sie strebt ein „Asyl auf
Zeit“ an. Rechtlich gesehen ginge es darum, dass die Flüchtlinge statt Asyl
befristeten Schutz bekommen. Eine Variante, die schon während des
Bosnienkrieges vor 20 Jahren angewandt wurde.
Für diese Idee konnte sich Mikl-Leitner des Applauses der FPÖ sicher sein.
Die Rechtspopulisten verstehen Asyl „grundsätzlich nur als Schutz auf
Zeit“, wie Parteiobmann Heinz-Christian Strache klarstellte. Die grüne
Menschenrechtssprecherin Alev Korun sieht in dem Vorstoß hingegen nur ein
Manöver der Regierung zur Ablenkung von ihrem Versagen, die Asylsuchenden
menschenwürdig unterzubringen.
2 Aug 2015
## AUTOREN
Ralf Leonhard
## TAGS
Flüchtlinge
Österreich
Schwerpunkt Flucht
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Pro Asyl
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