Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Kommentar CSU und Betreuungsgeld: Tradierte Dickschädlichkeit
> Die Christsozialen in Bayern haben seit jeher einen Hang zur
> Verfassungswidrigkeit. Doch die früheren Schlappen zeigen: Ihre
> Misserfolge kommen an.
Bild: Will das Betreuungsgeld trotz Verfassungsgerichtsentscheid weiter in Baye…
Die CSU bestand nicht auf das Grundgesetz. Im Gegenteil. Die ganze Nacht
hindurch hatte der bayerische Landtag über die neue Verfassung diskutiert,
über zu wenig Gott in der Präambel und zu wenig Einfluss für die Länder,
und dann, am frühen Morgen des 20. Mai 1949, stimmte die CSU-Mehrheit
einfach mit Nein. Ein unmissverständliches Statement: Dieses Grundgesetz
wollen wir nicht. Nur über juristische Umwege trat es kurz darauf doch noch
in Kraft, sogar in Bayern.
Für die Debatte um das Betreuungsgeld und das Bundesverfassungsgericht
liefert das Abstimmungsverhalten des ersten bayerischen Landtags gleich
zwei Schlüsse. Erstens: Dass Gesetze mit CSU-Handschrift an der Verfassung
scheitern, zeugt von einer bemerkenswerten Konsequenz. Zweitens:
Widerstandsgeist und Dickschädlichkeit haben in Bayern so tiefe Wurzeln,
dass sich die Christsozialen auch über ihre jüngsten Schlappen freuen
können. Ihre Wähler nämlich werden den Misserfolg goutieren.
Das sprengt freilich die politische Logik. Von jeder anderen Partei würden
sich die Wähler abwenden, wenn sie eine Schlappe nach der anderen einfährt;
wenn sie in den Koalitionsverhandlungen kaum eine Forderung durchbringt,
wenn das eine Herzensthema (Autobahnmaut) an den europäischen Verträgen
zerschellt und das andere Herzensthema der vergangenen Legislaturperiode
(Betreuungsgeld) am Grundgesetz. Denn wozu braucht der Wähler schon eine
Partei, die seine Interessen nicht in Gesetze umwandeln kann?
Als Regionalpartei unterliegt die CSU aber einer speziellen politischen
Logik. Die Bayern prägt nicht nur der bemerkenswerte Widerstandsgeist, sie
sind auch immun gegen Niederlagen.
Als bayerischer Nationalheld gilt bis heute ein Schmied, der vor 300 Jahren
die Bauern gegen die österreichischen Besatzer aufwiegelte – obwohl der
Volksaufstand nach wenigen Wochen in der Sendlinger Blutweihnacht ersoff.
Der Widerstand der frühen CSU gegen das Grundgesetz war zwar letztendlich
ein Rohrkrepierer – zum Dank darf die Partei aber seitdem mit kurzen
Unterbrechungen den Freistaat regieren. Und die CSU mag 1976 mit dem
Versuch gescheitert sein, die Fraktionsgemeinschaft mit der CDU
aufzukündigen – aber den Mann hinter dem Kreuther Trennungsbeschluss (Franz
Josef Strauß) wählten die Bayern zwei Jahre nach der Pleite erst recht zum
Ministerpräsidenten.
Und so wird der CSU auch [1][das Urteil zum Betreuungsgeld] zugute kommen.
Ihre Anhänger werden sich an der Wahlurne nicht daran erinnern, dass sich
die Christsozialen mit ihrem Hang zu verfassungswidrigen Gesetzen jeden
Gestaltungsspielraum raubten. Bei ihnen bleibt etwas ganz anderes hängen:
dass Seehofer und Co den Saupreußen aus Berlin, Brüssel und Karlsruhe mit
Herdprämie und Autobahnmaut mal so richtig die Stirn geboten haben.
22 Jul 2015
## LINKS
[1] /Verfassungsrichter-gegen-Betreuungsgeld/!5215973/
## AUTOREN
Tobias Schulze
## TAGS
CSU
Bayern
Betreuungsgeld
Schwerpunkt Grundgesetz
Franz Josef Strauß
Wolfgang Schäuble
CSU
Markus Söder
Betreuungsgeld
Bayern
Betreuungsgeld
Betreuungsgeld
Alexander Dobrindt
## ARTIKEL ZUM THEMA
100. Geburtstag von Franz Josef Strauß: Der erste Terminator
Er konnte fließend Latein sprechen und steuerte seine Flugzeuge selbst. Und
war der starke Anarch, den Bayern wollte. Ein Alphabet.
Verwendung des Betreuungsgeldes: Großer Koalition droht Krach
Finanzminister Schäuble will die Mittel, die nicht für das Betreuungsgeld
ausgegeben werden, auch nicht für den Kita-Ausbau einsetzen. Die SPD ist
empört.
Die Christlich-Soziale Union: Kunst des Scheiterns perfektioniert
Die CSU erlebt im Bund gerade ein Fiasko nach dem anderen. Aber die Partei
beflügelt das. Ein Exkurs in die bayerische Logik.
Seehofers Möchtegern-Nachfolger: Der Söder auf dem Sprung
Ein Mann, ein Traum: Der größte lebende Franke, Markus Söder, möchte schon
immer an die Macht in Bayern. Jetzt könnte es klappen.
Verfassungsrichter gegen Betreuungsgeld: Einheitliche Regelung nicht notwendig
Der Bund hätte das Betreuungsgeld-Gesetz nicht einführen dürfen. Er hat
seine Kompetenzen überschritten. Zuständig sind die Länder.
Nach dem Ende der Herdprämie: Bayern bleibt Bayern
Bundesregierung, Landesregierungen, Parteien und Sozialverbände feiern das
Ende des Betreuungsgeldes. Nur die CSU will es weiterzahlen.
Kommentar Urteil zum Betreuungsgeld: Jetzt muss der Kitaausbau kommen
Das Bundesverfassungsgericht hat das Betreuungsgeld für rechtswidrig
erklärt. Die Millionen, die nun frei werden, werden dringend benötigt.
Verfassungsgericht über Betreuungsgeld: Herdprämie gekippt
Das Bundesverfassungsgericht erachtet das Betreuungsgeld als unrechtmäßig.
Die Bundesregierung habe mit der Einführung ihre Befugnisse überschritten.
Dobrindts Pläne für den Straßenbau: Mehr Beton
Von wegen „Erhalt vor Neubau“: Der Verkehrsminister steckt Milliarden in
den Ausbau der Autobahnen. Das finden Öko-Verbände „lebensfeindlich“.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.