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# taz.de -- Ausstellung „Film und Games“: Daddeln als Teilzeitjob
> Zocken wir, weil wir unterfordert sind? Eine Ausstellung im Deutschen
> Filmmuseum Frankfurt fragt nach dem Verhältnis von Spiel und Film.
Bild: Motiv aus dem Spiel „Bit Trip Beat“ (Gajin Games 2009)
Jane McGonigal ist Spieldesignerin, Wissenschaftlerin und eine der
zentralen Stimmen in gegenwärtigen Games-Diskussionen. 2011 verglich sie
die Zeit, die wir an Konsolen und Rechnern verbringen, um zu spielen, mit
einem Teilzeitjob. In virtuellen Welten erbringen wir regelmäßig enorme
Leistungen, weil wir uns dort die Herausforderungen freiwillig aussuchen
können.
„Reality is Broken“ nannte sie ihr Buch, das den Kollaps der
Leistungsgesellschaft umreißt und nach Alternativen sucht. Ihr Urteil: Wir
sind schlichtweg unterfordert. Aus der dem Spiel eigenen Idee von
freiwilliger Herausforderung und Motivation durch unmittelbare Belohnung
entwickelt sie eine soziale Utopie.
Folgt man McGonigals Argumenten, lassen sich alle Probleme mit ein bisschen
mehr Verspieltheit und freier organisierten Arbeitssystemen lösen. Das mag
man für naiv halten. Doch fest steht: Die perfekt designten
Unterhaltungssysteme von Spielwelten beanspruchen unsere Aufmerksamkeit,
nicht zuletzt, weil sie ein Milliardengeschäft sind.
Das Frankfurter Filmmuseum trägt diesem Umstand mit der Ausstellung „Film
und Games – Ein Wechselspiel“ Rechnung und fragt, wie die Entwicklung von
Videospielen als kulturellem Unterhaltungsgut mit der Geschichte des Kinos
verknüpft ist.
## „The public must and will be amused“
Das Verhältnis zwischen Spiel und Film hat seinen Ursprung lange vor dem
digitalen Zeitalter. Denn Spaß machte das Daddeln natürlich schon, als sich
die Menschen statt mit Bildschirmen nur mit Flipper und Konsorten
beschäftigen konnten. „The public must and will be amused“: Die
Medienwissenschaftlerin Britta Neitzel zitiert das Billboard-Magazin von
1895 in ihrem Katalogtext, in dem sie auf die gemeinsamen Anfänge von Film
und Spielkultur im Zuge der Industrialisierung eingeht.
Sie beschreibt die Zeit um 1900, als Städte neuen Raum für
kommerzialisierte Freizeitangebote schufen. Film und automatisierte Spiele
erfreuten sich großer Beliebtheit. Und wie Neitzel schreibt, führten sie
möglicherweise zu einem neuen Umgang mit den Maschinen in der Fabrik.
Als später auch die Haushalte anfingen, sich zu technisieren, kam das
digitale Spielen auf; es verband klassische Automaten mit visuellen
Attraktionen zu neuen Varianten des zeitgemäßen Vergnügens. Was wir nun, 40
Jahre später, präsentiert bekommen, erscheint ästhetisch beinahe so
ausgefeilt wie das Kino selbst.
## Ein Spiel so schön, dass man es nur anschauen will
Dafür muss man sich nicht erst „Beyond: Two Souls“ ansehen, für das die
kanadischen Entwickler bei Quantic Dream Willem Dafoe und Ellen Page als
Schauspieler verpflichteten. „Ich hätte vor meiner intensiven Beschäftigung
mit Games für diese Ausstellung nie gedacht, dass es so schön und
interessant sein kann, Games nur zu schauen – ohne sie zu spielen“, sagt
Wolfger Stumpfe, der gemeinsam mit Andreas Rauscher die Ausstellung
kuratierte und organisierte.
Dass sich Spiele und Filme in ihren Szenarien, Figuren und
Erscheinungsformen immer wieder begegnen, ist in der Abhängigkeit von
Kassenerfolgen natürlich unvermeidbar: Lara Croft, die sich vom
Indiana-Jones-Pendant zur Pop-Ikone mauserte, wurde von Hollywood dankbar
für Filmadaptionen vereinnahmt.
Und im aktuellen Reboot der Spielserie erfährt die Heldin ganz im Sinne des
neuen Superheldenfilms eine nachträgliche Psychologisierung. Sie ist in
Frankfurt vertreten, gleich neben „Star Wars“, dem Paradebeispiel für
Erzählungen über alle Mediengrenzen hinweg.
Daneben beleuchtet die Schau auch weniger gelungene Gehversuche: Etwa
Ataris fatale „E.T.“-Umsetzung aus den Achtzigern, mit der sich der
Spielehersteller einst derart blamierte, dass er die unverkauften Kopien
des Spiels in der Wüste verscharrte.
24 Jul 2015
## AUTOREN
Dennis Vetter
## TAGS
Ausstellung
Film
Games
Videospiele
Kino
Surrealismus
Stalin
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