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# taz.de -- Youtube-Star trifft Kanzlerin: #MerkelGrilltLeFloid
> Der Youtube-Star kommt im Gespräch mit der Kanzlerin nicht zu Potte. Sie
> spult ihr Schülerprogramm herunter, er lässt sich klaglos maßregeln.
Bild: Frau Merkel voll cool, LeFloid knibbelt an den Fingernägeln.
„Community High Five in 3, 2, 1, bam!“, dann eine Handfläche gen Kamera
hauen. So hätte sich Frau Merkel natürlich auch verabschieden können, nach
ihrem [1][Gespräch mit LeFloid, das seit Montagabend bei Youtube steht].
Aber ob ihr das mehr Credibility eingebracht hätte bei der Zielgruppe im
viel und boshaft zitierten „Neuland“? Sie hat’s jedenfalls versucht: Im
Rahmen des „Bürgerdialogs“ (im Neuland wohnen viele Bürger!) konnte man
unter #NetzFragtMerkel Fragen an den 27-Jährigen schicken, der mit seinen
[2][„LeNews“] jede Woche über zweieinhalb Millionen Abonnenten erreicht.
LeFloid pickte sich ein paar Fragen heraus, sitzt in dem halbstündigen
Interview brav und in zwei unterschiedlichen Kameraeinstellungen im
Peter-Frey-Stil der Kanzlerin gegenüber, und fragt nach Homo-Ehe, nach
Befindlichkeiten in der Politik, und ob es wichtig ist, woher ein
Whistleblower stammt.
Und eigentlich muss man den Hashtag stante pede umbenennen in
#MerkelGrilltLeFloid, denn zu Potte kommt der Suppenkasper mit seinen
Fragen aus der nichtvorhandenen Netzgemeinde wahrlich nicht. Er verpasst
es, Merkel mit ihrem Statement über ihr „Bauchgefühl“ im Zusammenhang mit
der Homo-Ehe zu konfrontieren, macht stattdessen daraus zwei Fragen, die
nichts miteinander zu tun haben, und gibt sich mit ihrer Aussage zufrieden,
die Ehe sei eben für Mann und Frau reserviert.
Er will wissen, wieso die Sache mit dem TTIP denn „so geheim“ gehandhabt
wurde, und kann absolut nichts gegenhalten, als sie antwortet, das sei doch
öffentlich verhandelt worden, und überhaupt würde das Abkommen für größere
Nachhaltigkeit und verbesserten Umweltschutz in der Weltwirtschaft sorgen.
Richtig absurd ist seine Behauptung, die Printmedien würden eine
„Heil-Hitler-schreiende Meute als Asylgegner“ bezeichnen, und „die Sache
damit verharmlosen“.
## Eigentlich ist sie ganz „cool“
Ratlos verweist Merkel auf die Arbeit gegen Rassismus und Antisemitismus,
und würde LeFloid wahrscheinlich gern einfach mal einen Grundkurs in
Journalismus spendieren, damit er den Unterschied zwischen Nachricht und
Kommentar kennenlernt und begreift, wieso es jenen Unterschied gibt. Dann
bringt er Cannabisfreigabe aufs Tapet, was Merkel kategorisch ablehnt.
LeFloid nickt verstehend: cool. Als ob es die Absurditäten des legalen
Saufens und des illegalen Kiffens nie gegeben hätte.
Wieso sie nicht bei Instagram ist, wie Obama, will er am Ende noch wissen,
ob sie denn nicht auch „catchy“ sein will. Will sie aber nicht. „Ich muss
mich nicht darüber beklagen, dass man mich nicht kennt.“ Merkel spult
routiniert ihr Programm herunter, das sie auch bei Schülergesprächen
mitbringt, und LeFloid lässt sich klaglos maßregeln und beginnt jede Frage
mit der Phrase „Was mich tatsächlich persönlich interessiert...“. Dabei i…
es doch angeblich eh‘ „das Netz“, das aus ihm spricht.
So bleibt das Gespräch eine einzige, politisch inhaltsleere und persönlich
höchstens unter psychologischen Gesichtspunkten interessante
Werbeveranstaltung in – jeweils – eigener Sache: In dieser Länge hatten
sich einige Youtuber Merkel garantiert noch nie zu Gemüte geführt, und
umgekehrt wissen jetzt noch viel mehr potentielle Abonnenten, wer LeFloid
ist. Das ist nämlich der, der die Kanzlerin eigentlich ganz cool findet.
14 Jul 2015
## LINKS
[1] https://www.youtube.com/watch?v=5OemiOryt3c
[2] http://www.youtube.com/user/LeFloid/featured
## AUTOREN
Jenni Zylka
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