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# taz.de -- Die bpb und YouTuber erklären den Islam: Lernen ohne Bart
> Die Bundeszentrale für politische Bildung will mehr junge Leute über den
> Islam aufklären. Dabei helfen sollen YouTube-Stars wie LeFloid.
Bild: Alles klar? LeFloid erklärt das Kalifat.
Die Videos von LeFloid mag, wer immer leicht abzulenken ist. Der
28-Jährige, der bürgerlich Florian Mundt heißt, dreht Nachrichtenvideos bei
YouTube. Als Nachricht gilt dabei, was seine Zielgruppe – vor allem junge,
männliche Onlinegamer – interessiert. Staatliche Überwachung, Putin geht
auch immer – oder dass ein Ami zu viele Folgen „The Walking Dead“
angeschaut hat und dadurch zum durchgeknallten Mörder geworden ist.
Damit niemand umschaltet, plappert LeFloid seinen Text in die Kamera, als
hätte er eine manische Episode. Er will die bei der Stange halten, denen
klassische Nachrichten zu öde sind. Sein Credo: Hauptsache, möglichst viele
Menschen reden über Politik. Das scheint zu funktionieren – LeFloids Videos
werden um die 700.000 Mal geklickt, [1][sein Kanal] hat an die drei
Millionen AbonnentInnen.
Das hat die Bundeszentrale für politische Bildung (bpb) dazu bewogen, für
[2][ihre Kampagne] „Begriffswelten Islam“ mit YouTube-Stars wie LeFloid und
Hatice Schmidt zusammenzuarbeiten. Denn die Erklärbehörde hat einen
ernstzunehmenden Gegner: die Onlinepropaganda von Terrororganisationen, zum
Beispiel des sogenannten Islamischen Staats. Die arbeitet mit
romantisierenden Videos über den Heiligen Krieg, und die klicken sich
beunruhigenderweise hervorragend. Um diesem Diskurs etwas Wirkungsvolles
entgegenzustellen, baut die bpb auf die Reichweite von LeFloid – und dessen
„Coolness“.
„Ladys und Gentle-Nerds“, begrüßt LeFloid seine Fans, „es geistern ja
gerade so einige Begriffe durch die Medien und das Netz, die im Kontext mit
dem Islam stehen. Aber wenn man versucht, diese Begriffe zu verstehen,
findet man wenig verständliche Informationen.“ So beginnt das erste Video
der Serie, das sich mit dem Begriff „Kalifat“ befasst.
Nach LeFloids Begrüßung folgt eine fünfminütige Erklärsequenz, die die bpb
in Zusammenarbeit mit IslamwissenschaftlerInnen konzipiert hat. Dort wird
Kalifat als Regierungsform historisch eingeordnet und betont, dass es um
das Konzept von Anfang an Debatten gab. Dabei ist zu sehen, wie ein Paar
Hände ausgeschnittene Illustrationen hin- und herschieben.
## „Wie ist eure Meinung dazu?“
Nach der Kurzreise durch die islamische Geschichte erscheint wieder
LeFloid: „Fassen wir das mal in eigenen Worten und Gedanken zusammen.“
Kalifat, ist sein Fazit, das sei ja wohl keine Regierungsform, die sich auf
eine moderne, globalisierte Welt übertragen lässt. „Das ist aber nur meine
ganz persönliche Einschätzung. Wie ist eure Meinung dazu?“
Die persönliche Anrede an Anfang und Ende der Videos sind die entscheidende
Schnittstelle zum breiten Publikum. „Durch die YouTuber werden unsere
Inhalte auf die Ebene der jeweiligen Fans heruntergebrochen“, erklärt
Daniel Kraft von der Bundeszentrale. „Wir treffen bei so etwas einfach
nicht den richtigen Ton und klingen wie der Erkläronkel der Nation.“
Die bpb erhält jährlich an die 40 Millionen Euro an Haushaltsmitteln vom
Staat. Damit soll sie vor allem jungen Menschen vermitteln, wie Demokratie
funktioniert. Bekannt ist sie bisher – wenn man vom durchaus flotten
Jugendmagazin fluter absieht – für textlastige Produkte wie die
„Informationen zur politischen Bildung“ und die Studizeitschrift „Aus
Politik und Zeitgeschichte“: Formate, die bei den meisten Jugendlichen
ungelesen in der Ecke vergilben.
Deswegen freut sich Medienforscher Lars Gräßer vom Grimme-Institut auch
über den Schritt der bpb in die Onlinevideowelt. „Die meisten stellen sich
Videoplattformen einfach als Speicher vor, es ist aber ein soziales
Netzwerk“.
## Der Bildung findet in den Kommentaren statt
Für Gräßer liegt das Potenzial für die politische Bildung bei YouTube vor
allem in den Kommentarspalten. „Ein Video kann ein Thema nur anreißen,
verhandelt wird es letztlich aber in den Kommentaren.“ Deswegen hört die
Aktivität der bpb auch nicht beim LeFloid-Video auf.
IslamwissenschaftlerInnen beteiligen sich unter dem Alias „experts for bpb“
an der Diskussion.
Nun liegt es in der Natur des Onlinekommentars, dass er in der Regel kein
wohltemperierter Debattenbeitrag ist. Es wird geflucht, beleidigt,
bestenfalls polemisiert. Für Gräßer ist das aber kein Grund, die
Kommentarspalten zu meiden: „Der Ton ist natürlich rau. Damit lässt sich
aber auch arbeiten. LeFloid zum Beispiel greift den Sprech auf und erreicht
damit genau die Richtigen.“
LeFloid spricht emotionalisiert und überspitzt, genau wie typische
OnlinekommentatorInnen. Erstaunlich ist, dass LeFloid selbst das
Kalifat-Video bisher nicht auf seinem Hauptkanal mit 2,8 Millionen Fans
spielt, sondern nur [3][auf dem Zweitkanal FlipFloid], den rund 300.000
abonniert haben.
Auf die Frage von Fans, warum er das Video nicht prominenter platziert,
kommentiert er knapp, er bespiele seine Kanäle „jeweils Format-passend“.
Die Basteloptik von „Begriffswelten Islam“ verträgt sich eben doch nicht so
gut mit LeFloids Skaterboy-Style.
17 Dec 2015
## LINKS
[1] https://www.youtube.com/user/LeFloid
[2] http://www.bpb.de/lernen/digitale-bildung/medienpaedagogik/213243/begriffsw…
[3] https://www.youtube.com/user/FlipFloid
## AUTOREN
Peter Weissenburger
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