# taz.de -- Künstlerin Petzet über Intervention im Hafen: „Muss das unbedin… | |
> Die Künstlerin Nana Petzet will im Hafen mit Licht Insekten fangen, um zu | |
> untersuchen, ob der „Blue Port“ von Lichtkünstler Michael Batz die | |
> Artenvielfalt bedroht. | |
Bild: Könnte womöglich Lebewesen bei ihrer Reproduktion stören, befürchtet … | |
taz: Frau Petzet, wie sind Sie darauf gekommen, mit einer Lichtinstallation | |
die Auswirkungen des „Blue Port“ auf die Artenvielfalt zu untersuchen? | |
Nana Petzet: Es ging vom Thema „Schutz der Nacht“ aus, dazu gibt es eine | |
Studie vom Bundesumweltamt, wo es allgemein um die Lichtverschmutzung geht. | |
Das ist ein eher neues Spezialthema der Umweltverschmutzung. Bei Licht ist | |
es ja erst mal nicht so eindeutig, dass es eine Verschmutzung ist. Aber | |
dass es nirgends mehr dunkel ist und die Nacht für viele Arten auch ein | |
Lebensraum ist, auf den sich viele Arten spezialisiert haben, ist eine sehr | |
starke Einschränkung. | |
Aber warum beschäftigen sie sich nicht mit Straßenbeleuchtungen, sondern | |
mit der nun jährlichen Beleuchtungsaktion von Michael Batz im Hafen? | |
Es gibt schon recht viele Studien und Überlegungen dazu, wie man das | |
Problem mit der Lichtverschmutzung vermindern kann. Aber es gibt nicht so | |
viele Studien zu diesen Event-Sachen. Wir haben uns deswegen auf die im | |
Unterhaltungs- und Tourismusbereich eingesetzten Lichter konzentriert. Das | |
ist ja reiner Spaß, der keine praktische Funktion hat wie eine | |
Straßenbeleuchtung. | |
Was genau ist denn dieser „Blue Port“? | |
Das ist so ein Großereignis, das in diesem Jahr zum siebten Mal anlässlich | |
der Cruise Days stattfindet. Dabei wird der gesamte Hafen mit 12.000 mit | |
blau leuchtenden Neonröhren erleuchtet. Was eben auch eine ganz besondere | |
Art der Lichtquelle ist. | |
Ist es denn erwiesen, dass durch blaue Licht-Emissionen Arten bedroht sind? | |
Naja, erwiesen ist es eben nicht. Es wurde ja gar nicht untersucht. Es ist | |
aber zu vermuten, dass sich das blaue Licht besonders negativ auf Insekten | |
auswirkt, die auf kurzwelliges Licht reagieren. | |
Geht es Ihnen wirklich um Insekten? Oder ist eher die Kunst die bedrohte | |
Art, um die Sie sich sorgen? | |
In gewisser Weise ist die Kunst auch bedroht, wenn sie für Großspektakel, | |
die Touristen anziehen sollen, instrumentalisiert wird. Bei „Blue Port“ | |
wird die Kunst benutzt: Es wird sich bezogen auf Yves Klein, der alles blau | |
gemalt hat. Michael Batz, der Autor des „Blue Port“, bezieht sich also auf | |
die Kunst und macht ein Riesenspektakel daraus. Wenn die Besucherzahl | |
jedoch zum einzigen Kriterium wird, wird die bildende Kunst zur bedrohten | |
Art. Uns geht es mit unserer Aktion aber im Wesentlichen darum, dass Licht | |
möglicherweise Lebewesen bei ihrer Reproduktion stört. | |
Und um das sichtbar zu machen, wollen Sie vier Tage lang eine Lichtfalle | |
auf einem Feuerlöschboot installieren? | |
Genau, bei Lichtfallen setzt man Schwarzlicht ein, mit dem man Insekten auf | |
eine reflektierende Fläche lockt und dann kartiert, was sich da so absetzt. | |
Das ist eine Art Versuchsanordnung, wie Biologen sie einsetzen, nur in | |
groß. Das Boot fährt ganz langsam in den Nächten die „Blue Port“-Hauptor… | |
ab. Dann wird es zwei Tage in der Hafencity an einem Liegeplatz liegen. | |
Insekten kommen sicher eher, wenn das Schiff nicht fährt. Es ist ein | |
Experiment. | |
Ist das noch Kunst? | |
Es wird auch ein ästhetisches Ereignis und der Titel „Lichtfalle Hamburg“ | |
bezieht sich nicht nur auf Batz, sondern auf die ganze Stadt. Das ist | |
etwas, was nur die Kunst machen kann. Denn die Kunst kann eine andere | |
Öffentlichkeit herstellen und andere Fragen aufwerfen als die Wissenschaft. | |
Das ist ein Spagat zwischen Politik, Wissenschaft und Kunst, den kann man | |
nur von der Kunst her machen. | |
Was bedeutet das konkret? | |
Der „Blue Port“ wird auch als Kunst verkauft, und da stellen wir jetzt mit | |
einer künstlerischen Intervention die Frage, ist das sinnvoll und ob das | |
unbedingt sein muss? | |
Meist wird Batz, der für seine Lichtinstallationen von der Stadt viel Geld | |
bekommt, von der Kunstszene mit Ignoranz gestraft. Warum rücken Sie seine | |
Arbeit ins Zentrum? | |
Das Ereignis als solches rücke ich ins Zentrum. Denn es ist eine reine | |
PR-Aktion für die Aida-Kreuzfahrtschiffe und für eine bestimmte Politik des | |
Stadtmarketings, die solche Ereignisse eines nach dem anderen installiert. | |
Aber ich denke, das müsste eigentlich jedem klar sein. Deswegen finde ich | |
die moralische Frage gegenüber unseren Mitlebewesen interessanter. Was ist | |
das eigentlich für eine Haltung, die dahintersteckt? Eigentlich müssten wir | |
umdenken und sagen: weniger Licht! | |
17 Jul 2015 | |
## AUTOREN | |
Lena Kaiser | |
## TAGS | |
Hamburg | |
Kunst im öffentlichen Raum | |
Kunst | |
Schwerpunkt Artenschutz | |
Licht | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Umwelteinflüsse in der Stadt: Zu viel Licht | |
Nächtliches Licht in der Nachbarschaft kann Menschen um den Schlaf bringen. | |
Sich dagegen zu wehren, ist in Wohngebieten gar nicht so leicht. | |
Aufbruch im öffentlichen Raum: Ist das Kunst oder kann das weg? | |
Zwischen Stadtmöblierung und Events ringt Kunst im öffentlichen Raum um | |
Aufmerksamkeit. In Hamburg soll die erste Stadtkuratorin das Konzept | |
erneuern. | |
Fuck Marketing: Eigentor zur Welt | |
Ein Fotowettbewerb des Stadtportals hamburg.de zur Beleuchtungsaktion "Blue | |
Port" wird durch eine unplanmäßige Lichtinstallation ad absurdum geführt | |
Strombedarf am Hafen: Giftige Königinnen | |
Die Kreuzfahrtriesen "Queen Mary 2" und "Queen Elizabeth" waren im Hafen. | |
Auch am Terminal erzeugen die Schiffsmotoren zur Stromversorgung Ruß. | |
Theatermacher Michael Batz: "Erschossen in den Wäldern" | |
Im Auftrag des Hamburger Senats hat Michael Batz ein Theaterstück | |
geschrieben über die Juden, die ins Rigaer Ghetto wie auch ins nahe | |
gelegene KZ Jungfernhof deportiert wurden. Wesentlich gestützt hat er sich | |
dabei auf Prozessakten aus dem Jahr 1977. |