# taz.de -- Strombedarf am Hafen: Giftige Königinnen | |
> Die Kreuzfahrtriesen "Queen Mary 2" und "Queen Elizabeth" waren im Hafen. | |
> Auch am Terminal erzeugen die Schiffsmotoren zur Stromversorgung Ruß. | |
Bild: Beim Einlauf vorn: die "Queen Elizabeth". | |
Erstmals waren am Wochenende die Kreuzfahrtriesen „Queen Mary 2“ und „Que… | |
Elizabeth“ gemeinsam in Hamburg. Zehntausende verfolgten am Sonntagabend in | |
der Hafencity bei einem Feuerwerk das spektakuläre Auslaufen der | |
Ozeanriesen zu Nordeuropa-Kreuzfahrten. | |
Während die kleinere Elizabeth tagsüber am Terminal in Altona lag und nur | |
zum Drehen und Auslaufen die Hafencity besuchte, legte die Mary, lange das | |
weltgrößte Passagierschiff, gleich am Kreuzfahrtterminal in der Hafencity | |
an. Für Fans von Traumschiffen war dieser Besuch ein Höhepunkt der | |
Kreuzfahrtsaison. Doch der nächste steht bereits bevor. | |
Bei den Cruise Days vom 17. bis 19. August sollen gleich sieben große | |
Kreuzfahrtschiffe im Hafen vor Anker gehen, illuminiert von der | |
Lichtinszenierung „Blue Port“ des Künstlers Michael Batz. Bereits 77 | |
Schiffsanläufe registrierte das Hamburg Cruise Center im ersten Halbjahr, | |
mit etwa 200.000 Passagieren. Bis Jahresende hin soll der Rekordwert von | |
mehr als 160 Schiffen erreicht werden. | |
Nicht allen gefällt das Geschäft mit den schwimmenden Luxushotels. Der | |
Naturschutzbund (Nabu) hat seinen Anti-Umweltpreis „Dinosaurier 2011“ an | |
die Kreuzfahrt-Reedereien Aida und Tui verliehen. Nabu-Präsident Olaf | |
Tschimpke kritisierte die „dreckigen Rußschleudern“, die mit billigem, aber | |
hochgiftigem Schweröl fahren. | |
Auch in den Häfen sind die Emissionen gewaltig. Der Stromverbrauch von | |
Küchen, Festsälen und Schwimmbädern entspricht dem Bedarf einer Kleinstadt | |
– und wird von den Schiffsmotoren erzeugt. Aida hat schon Besserung gelobt: | |
2010 sei der Schadstoffausstoß um bis zu 5,9 Prozent verringert worden, | |
heißt es im Nachhaltigkeitsbericht der Reederei. | |
Die Alternative, die Schiffe an das Stromnetz an Land anzuschließen, ist in | |
kaum einem Hafen verwirklicht. Bereits im Januar hatte Wirtschaftssenator | |
Frank Horch (parteilos) eine „Kreuzfahrtinitiative“ angekündigt, bei der | |
Nachhaltigkeit und Umweltverträglichkeit im Vordergrund stehen sollten. | |
Dafür ist ein Konzept für den Aufbau einer Landstromversorgung von | |
Kreuzfahrtschiffen in Arbeit, das für Ende Juli erwartet wird. | |
An mehreren Treffen unter Leitung der Senatskanzlei nahmen Reedereien und | |
Werften, die Betreiber der beiden großen Kreuzfahrthäfen Kiel und Rostock, | |
die Unternehmen Vattenfall und Siemens, zwei Umweltverbände und die | |
Handelskammer teil (taz.nord berichtete). Eine Präsentation von Siemens | |
habe laut Horch ergeben, dass Kreuzfahrtschiffe während ihrer Liegezeiten | |
an den Kais für etwa 16 Cent pro Kilowattstunde (KWh) mit 100 Prozent | |
ökologisch erzeugtem Strom beliefert werden könnten. | |
Nach Angaben der Kreuzfahrtreederei Aida lägen die Kosten für Bordstrom | |
zurzeit bei 13 Cent / KWh. Neubauten würden dafür von vornherein technisch | |
ausgestattet, bereits fahrende Schiffe würden, wenn erforderlich, | |
nachgerüstet. | |
Nach Berechnung von Siemens betragen die Umrüstkosten etwa 500.000 Euro pro | |
Schiff. Das würde zu einer durchschnittlichen Erhöhung der Reisepreise um | |
5,21 Euro je Ticket führen. Die Anlagen seien an den Hamburger | |
Kreuzfahrtterminals unproblematisch zu errichten, neue Kraftwerke würden | |
nicht benötigt. Selbst wenn einmal drei große Cruiseliner gleichzeitig an | |
der Steckdose hingen, würde das den Hamburger Strombedarf um nur etwa 1,6 | |
Prozent erhöhen. „Landstrom“, so das Siemens-Fazit, „ist wettbewerbsfäh… | |
und wirtschaftlich.“ | |
„Wir waren an vorbereitenden Gesprächen mit den Behörden beteiligt“, | |
bestätigte Alexander Porschke, Vorsitzender des Naturschutzbundes (Nabu) in | |
Hamburg auf Anfrage der taz. Technische und finanzielle Fragen einer | |
Landstromanbindung seien weitgehend geklärt worden, berichtet er. „Das wäre | |
ein großer Fortschritt“, so Porschke. | |
Besserung ist Bbereits in Sicht: Seit vorigem Montag liegen die beiden | |
Luxusfähren der norwegischen Reederei Color in Oslo an der Steckdose. Die | |
Investitionen von Reederei und Stadt belaufen sich auf 2,9 Millionen Euro. | |
Wirklich sinnvoll wird das aber erst, wenn auch der Partnerhafen Kiel, den | |
die „Magic“ und die „Fantasy“ täglich anlaufen, beide Schiffe ans Netz | |
anschließt. Reederei und Hafengesellschaft an der Förde sind darüber in | |
Verhandlungen, die sie als erfolgversprechend bewerten: „Das wird was“, | |
sagt Color-Sprecherin Lynn Siebert, „wir sind da ganz optimistisch.“ | |
15 Jul 2012 | |
## AUTOREN | |
Sven-Michael Veit | |
## TAGS | |
Hamburg | |
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