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# taz.de -- Landstrom gegen Luftverschmutzung: Steckdose für Kreuzfahrtschiffe
> Eine vertrauliche Senatsdrucksache empfiehlt Bau einer Landstromanlage in
> Altona - aber nicht in der Hafencity. Ein neues Kraftwerk im Hafen sei
> nicht notwendig.
Bild: Kommt bald an die Steckdose: Die "Queen Elizabeth" am 15. Juli am Kreuzfa…
HAMBURG taz | Im Hafen soll eine Anlage für Landstrom eingerichtet werden.
Das ist die Empfehlung einer vertraulichen Senatsdrucksache, welche der taz
vorliegt. Nach abschließender Behandlung im Senat im Laufe des August werde
dieser, so steht es im Abschnitt „XI.4 Fazit“ der 31-seitigen Drucksache,
„ein Konzept für den Bau und Betrieb einer Landstromanlage am Terminal
Altona vorrangig erarbeiten“. Die Investitionen werden auf 8,75 Millionen
Euro beziffert.
Eine entsprechende Anlage zur Stromversorgung von Kreuzfahrtschiffen im
Cruise Center in der Hafencity wird es jedoch voraussichtlich nicht geben.
Diese wäre mit 17,5 Millionen Euro doppelt so teuer wie in Altona, aber
weniger wirtschaftlich: „Die Erlöse in der Hafencity wären in der
Konsequenz geringer als in Altona“, lautet die Erkenntnis der
federführenden Wirtschaftsbehörde.
Seit Jahren wird in Hamburg diskutiert, wie die hohen Schadstoffemissionen
vor allem von Kreuzfahrtschiffen vermieden werden können (siehe Kasten).
Denn der Stromverbrauch von Küchen, Festsälen und Schwimmbädern der
schwimmenden Luxushotels entspricht dem Bedarf einer Kleinstadt – und wird
von den Schiffsmotoren erzeugt, die mit billigem und hochgiftigem Schweröl
betrieben werden. Der Naturschutzbund (Nabu) hatte deshalb seinen
Anti-Umweltpreis „Dinosaurier 2011“ an die „dreckigen Rußschleudern“ d…
Kreuzfahrt-Reedereien Aida und Tui verliehen.
Verschärft wird das Problem durch den Kreuzfahrtboom in Hamburg. 2005 kamen
32 Kreuzfahrer in den Hafen, 2011 waren es 118, für das laufende Jahr sind
schon 164 Schiffsanläufe angemeldet. Sowohl am Terminal Altona wie auch in
der Hafencity klagen Anwohner zunehmend über Schmutz, Gestank und Lärm, der
von den gewaltigen Schiffsmotoren ausgeht.
Gutachter hätten errechnet, heißt es nun in der Senatsdrucksache, dass
durch Landstrom „60 Prozent der CO2- und SO2-Emissionen, ca. 80 Prozent der
NOx-Emissionen und ca. 50 Prozent der Feinstaub- bzw. Rußemissionen
vermieden werden“. Ein neues Kraftwerk im Hafen, über dessen Notwendigkeit
spekuliert worden war, sei überflüssig. Die Schiffe würden über einen
Transformator „als reguläre Verbraucher an das örtliche Stromnetz
angeschlossen“.
Unter dem schwarz-grünen Senat war 2008 beim Germanischen Lloyd ein
Gutachten zur Verringerung der Emissionen von Kreuzfahrtschiffen in Auftrag
gegeben worden. 2009 stellte der Industrieverband Hamburg eine
Machbarkeitsstudie vor. Seitdem debattieren in einem Gesprächskreis unter
Leitung der Senatskanzlei Behörden, Reeder, Werften, Energieversorger und
Kreuzfahrtverbände über Möglichkeiten, Schiffsemissionen zu vermindern. Im
vergangenen Oktober hatte die Bürgerschaft vom Senat verlangt, bis April
2012 einen ausführlichen Bericht vorzulegen. Der kommt nun mit vier Monaten
Verspätung.
Das Vorhaben sei jedoch „halbherzig“, kritisiert der grüne Fraktionschef
Jens Kerstan. Eine Landstromanlage nur in Altona, nicht aber in der
Hafencity, sei „die kleinste Lösung“. Er wertet das als Zeichen, dass es
„dem SPD-Senat am politischen Willen für eine saubere Politik fehlt“.
9 Aug 2012
## AUTOREN
Sven-Michael Veit
## TAGS
Schiffbau
Hamburg
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