# taz.de -- Kommentar Werftenkrise: Die Grenzen des Staates | |
> Erst die Fernseher, dann Kleinwagen, nun die Werften: Die Fertigung von | |
> Containerschiffen wird von der Massenproduktion aus Korea, China und | |
> Vietnam verdrängt. | |
Bild: Hat eine märchenhafte Zukunft vor sich: die Lloyd-Werft in Bremerhaven. | |
Trotz jahrelanger Subventionen stehen die P+S Werften in Stralsund und | |
Wolgast vor der Insolvenz. Asien produziert billiger. Der Schiffbau in | |
Deutschland ist nur zu retten, wenn er sich auf Hochtechnologieprodukte | |
konzentriert. | |
Die Pleitewelle bei den deutschen Werften setzt sich fort. Nach Rostock, | |
Hamburg, Kiel und Emden trifft es nun wieder den Osten: Stralsund und | |
Wolgast, nahe der polnische Grenze, im strukturschwachen und politisch | |
labilen Vorpommern. Die dortigen P+S Werften stehen vor der Insolvenz, | |
nachdem Ministerpräsident Erwin Sellering (SPD) die Erhöhung der bisherigen | |
Darlehen von 152 Millionen Euro abgelehnt hat. | |
Dabei hat der Staat seit der Wende 1990 vieles versucht: Beihilfen, | |
Forschungszuschüsse und Bürgschaften im Milliardenbereich. Und nun soll | |
alles umsonst gewesen sein? Nicht alle Bürgschaften sind verloren, wenn es | |
dem Insolvenzverwalter der P+S Werften gelingt, die vorliegenden Aufträge | |
abzuarbeiten. Und seine Fördermittel dürfte der Fiskus über Einkommen- und | |
Gewerbesteuern längst mehr als eingenommen haben. | |
Hat der Staat also womöglich zu wenig getan? Mancher meint dies: In der | |
Finanzkrise legte der Bund zwar einen sogenannten Deutschlandsfonds auf, | |
der ein Dutzend angeschlagener Werften mit Krediten versorgte – jedoch zu | |
einem horrenden Zinssatz von 12 Prozent. Dagegen haben sich Italien, | |
Spanien und Frankreich direkt an den Schiffbaukonzernen beteiligt. Aber | |
auch dort stieß der Staat an seine Grenzen. | |
Grund ist die Konkurrenz aus Fernost: Die Serienfertigung von recht simplen | |
Containerschiffen, mit der die DDR-Werften früher punkten konnten, wurde | |
längst von noch billigeren Massenprodukten aus Korea, China und bald | |
Vietnam vom Weltmarkt verdrängt. Eine Entwicklung wie sie bei Fernsehern, | |
Rolltreppen oder Kleinwagen ebenfalls zu beobachten war. | |
Deutschland hat heute aber vor allem mit individualisierten | |
Hochtechnologieprodukten und den Dienstleistungen darum herum Erfolg auf | |
dem Weltmarkt. Subventionen machen also nur dort Sinn, wo der Ökonomie | |
Rechnung getragen wird. So kann die niedersächsische Meyer-Werft | |
500-Millionen-Euro teure Kreuzfahrtschiffe verkaufen, dank modernster | |
Produktionstechnik und der nachhaltigen Ausbildung von Menschen. | |
So boomt die deutsche maritime Zulieferindustrie im Norden bis hin zu | |
Siemens in Bayern. Und so werden mitten in Mecklenburg-Vorpommern die | |
größten Schiffspropeller der Welt gebaut – und sogar nach China exportiert. | |
22 Aug 2012 | |
## AUTOREN | |
Hermannus Pfeiffer | |
## TAGS | |
Werften | |
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