Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Schiffe für China: Märchenhafter Milliardendeal
> Der Kreuzfahrt-Boom beschert norddeutschen Werften an Nord- und Ostsee
> glänzende Perspektiven. Investor aus Hongkong bildet Verbund aus vier
> Standorten
Bild: Hat eine märchenhafte Zukunft vor sich: die Lloyd-Werft in Bremerhaven.
HAMBURG taz | Es klingt wie ein Märchen, ist aber ein Milliardendeal, der
am Dienstag in der Hansestadt Wismar an der Ostsee besiegelt wurde. Zehn
Passagierschiffe der Luxusklasse – drei Ozeanliner, sechs Flussschiffe und
eine Megayacht – hat der Tourismus-Konzern Genting aus Hongkong bei sich
selbst in Auftrag gegeben, die ersten sollen bereits 2017 ausgeliefert
werden.
Geplant und gebaut werden sie auf den vier Werften der neuformierten
Lloyd-Gruppe in Bremerhaven, Wismar, Warnemünde und Stralsund. Alle Vier
hat Genting seit November vorigen Jahres gekauft.
Am Montag wurde zudem in Bremerhaven ein Design-Center eröffnet, in dem 250
Konstrukteure Schiffe entwerfen und designen; auf den Ostsee-Werften
startet jetzt deren Bau. Es gebe reichlich Arbeit, sagte Gentings
malaysischer Vorstandschef Tan Sri Lim Kok Thay. Der Marktführer
Meyer-Werft in Papenburg sei aber bis Mitte des nächsten Jahrzehnts
ausgelastet. „So lange können wir nicht warten“, sagte Tan Sri Lim.
## Asien baut selbst
Weil das schnelle Wachstum der Kreuzfahrtbranche die Auftragsbücher
weltweit gefüllt habe, wolle Genting sich seine Schiffe künftig selbst
bauen. Denn vor allem China gilt als Markt der nahen Zukunft: Im vorigen
Jahr buchten eine Million Chinesen eine Kreuzfahrt. 2030 sollen es
mindestens acht Millionen sein.
Und dafür will das Unternehmen aus Hongkong mit seinen Tochterreedereien
Christal Cruises und Star Cruises und deren Tochter Norwegian Cruise Line
gewappnet sein.
Nicht zufällig fiel der Blick aus Fernost auf Norddeutschland. Denn gerade
erst hat sich der japanische Mitsubishi-Konzern mächtig verhoben bei seinem
Versuch, Kreuzfahrtschiffe zu bauen. Mit Kampfpreisen hatten die Japaner
von der Rostocker Reederei Aida den Auftrag für zwei Luxusliner erhalten.
Der erste, die „Aidaprima“, wurde am Wochenende auf dem Hamburger
Hafengeburtstag getauft – mit gut einem Jahr Verzögerung. Ihr
Schwesterschiff soll demnächst ebenfalls verspätet vom Stapel laufen.
## Monopol wieder in Europa
Die Branche munkelt, die Mitsubishi-Werft in Nagasaki habe einen Verlust
von 1,5 Milliarden Euro gemacht. Im März verkündete der Konzern
schmallippig, aus dem Bau von Luxusschiffen wieder auszusteigen: Das
Monopol liegt wieder in Europa (siehe Kasten) – in Italien und Frankreich,
bei der Meyer-Werft im emsländischen Papenburg und künftig auch bei der
Lloyd-Gruppe.
Für Meinhard Geiken, Bezirksleiter der IG Metall Küste, ist das japanische
Desaster der Beleg, „dass unsere Leute das einfach besser können“.
Mitsubishi habe die Komplexität dieses Spezialschiffbaus gnadenlos
unterschätzt. Europas und Deutschlands Innovations- und
Technologieführerschaft sei nun „auf Jahre hinaus gefestigt“.
Und eben deshalb hat Genting die vier angeschlagenen Werften an Nord- und
Ostsee für rund 230 Millionen Euro aufgekauft. Nach zwei Jahrzehnten voller
Krisen gibt das neue Hoffnung an der Küste.
## Gute Arbeit, gute Löhne
Denn am Dienstag versicherte Genting in Wismar, sämtliche 1.400
Beschäftigten zu unveränderten Konditionen zu übernehmen. Eben das hatte
Gewerkschafter Geiken noch vor einem Monat nachdrücklich gefordert: „Für
gute Arbeit sind gute Leute und gute Löhne nötig“, sagte Geiken.
Das sieht auch Genting-Chef Tan Sri Lim offenbar so. Zumindest verspricht
er „eine jahrelange nachhaltige Auslastung der Werften“ und Sicherheit für
Tausende von Arbeitsplätzen. Klingt in der Tat märchenhaft.
11 May 2016
## AUTOREN
Sven-Michael Veit
## TAGS
Werften
Kreuzfahrt
China
Seefahrt
Kreuzfahrt
Kreuzfahrt
Schiffbau
Offshore-Windpark
## ARTIKEL ZUM THEMA
Kreuzfahrt-Boomtown Bremerhaven: Mehr Schiffe und mehr Dreck
Von der wachsenden Kreuzfahrtbranche profitiert auch Bremerhaven: 110
Schiffe haben in diesem Jahr an der Columbuskaje angelegt.
Fröhliche Kreuzfahrt: River Cruise Blues
Die Konkurrenz nimmt zu, die Arbeitsbedingungen auf Flusskreuzfahrtschiffen
werden härter. Unterwegs auf der Schattenseite eines Boomsektors.
Kreuzfahrtbranche im Norden: Vollspeed auf hoher See
Norddeutsche Werften sind noch Jahre mit Aufträgen für Luxusliner
ausgelastet. Weltmarktführer Meyer in Papenburg und die neue Lloyd-Gruppe
liegen mit ihrer Technik vorn.
Umstrittenes Offshore-Terminal: Bremens Offshore-Träume
Siemens in Cuxhaven? Befürworter halten am geplanten Offshore-Terminals
fest. Kritiker starten Online-Petition
Kommentar Werftenkrise: Die Grenzen des Staates
Erst die Fernseher, dann Kleinwagen, nun die Werften: Die Fertigung von
Containerschiffen wird von der Massenproduktion aus Korea, China und
Vietnam verdrängt.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.