# taz.de -- Ostsee-Fähren nutzen Landstrom: Schiffe an der Steckdose | |
> Die Fährlinien auf der Ostsee werden sauberer. Zwei Reedereien schließen | |
> ihre Schiffe ans Stromnetz an - in Oslo und Göteborg. In Kiel ist das in | |
> weiter Ferne, Hamburg überlegt. | |
Bild: Keine Fantasie: Auch in Kiel könnte die Versorgung der Skandinavien-Fäh… | |
HAMBURG taz | Es wird sauberer auf der Ostsee. An der Steckdose hängen ab | |
sofort die Fähren der norwegischen Reederei Color – allerdings nur in Oslo. | |
Das gab Color Line am Montag bekannt. Im Partnerhafen Kiel dieseln die | |
beiden Großfähren „Fantasy“ und „Magic“ (siehe Kasten) weiter munter … | |
sich hin. „Aber wir sind in Gesprächen“, versichert Ulf Jahnke, Sprecher | |
der Kieler Hafengesellschaft. Doch ob und wann auch an den | |
Passagier-Terminals der schleswig-holsteinischen Landeshauptstadt wieder | |
bessere Luft zu atmen sein wird, ist derzeit noch offen. Binnen eines | |
Jahres sei eine Landstromanbindung umzusetzen, sagt Jahnke, „wenn der | |
Startschuss gefallen ist“. | |
Color Line hat 1,9 Millionen Euro in die Umrüstung seiner beiden | |
Luxusfähren investiert, die landseitigen Anschlüsse in Oslo kosteten eine | |
weitere Million Euro. In dieser Größenordnung kalkuliert auch der | |
Hafenbetreiber an der Förde. „Unsere Berechnungen haben einen hohen | |
sechsstelligen Betrag ergeben“, sagt Jahnke. | |
Allerdings wurden die Investitionen in Norwegen vom Staat bezuschusst. Denn | |
Oslo hat sich für 2016 beworben als „Umwelthauptstadt Europas“, da sind | |
rußende Schiffsschornsteine am Terminal in unmittelbarer Nähe des | |
schneeweißen Opernhauses am Fjord und der Hafencity „Akerbrygge“ | |
unerwünscht. | |
Ein erheblicher Unterschied aber besteht bei den Betriebskosten. Der Strom | |
aus Wasserkraftwerken in Oslo ist nur etwa halb so teuer wie er in Kiel | |
wäre, sagt Color-Sprecherin Lynn Siebert. Deshalb sei die | |
Kalkulationsgrundlage in Deutschland „ganz anders“. Allerdings glaubt auch | |
Siebert an den Erfolg der Verhandlungen mit der Kieler Hafengesellschaft: | |
„Das wird was, wir sind da ganz optimistisch.“ Einen Zeitpunkt will sie | |
jedoch nicht nennen. | |
Auch die schwedische Reederei Stena ist an einer Landstromversorgung | |
interessiert, sagt Reedereisprecher Martin Wahl. Die beiden Fähren, die | |
täglich zwischen Kiel und Göteborg pendeln, seien schon umgerüstet worden. | |
„In Göteborg gehen wir bereits ans Netz“, sagt Wahl, „das würden wir in | |
Kiel auch machen, wenn das Angebot da ist.“ | |
Color hat errechnet, dass während der Liegezeiten in Oslo beide Schiffe | |
übers Jahr etwa fünf Millionen Kilowattstunden „klimaneutralen | |
Wasserkraftstrom“ verbrauchen werden. Gegenüber dem Schiffsdiesel würden im | |
Jahr etwa 3.000 Tonnen Kohlendioxid, 50 Tonnen Stickoxide, 2,5 Tonnen | |
Schwefeldioxid und 0,75 Tonnen Feinstaub vermieden. In Kiel wird genau | |
diese Menge weiterhin in die Luft geblasen. | |
Aus diesem Grund hatte als erster Fährhafen Lübeck-Travemünde im August | |
2008 eine Landstromanlage in Betrieb genommen. Denn dem Badeort drohte die | |
Aberkennung des Titels „Ostseeheilbad“, weil die Emissionen der Schiffe die | |
Qualität von Luft und Wasser massiv beeinträchtigten. Dort verursachte der | |
Schiffsverkehr 95 Prozent der Emissionen an Schwefel, 78 Prozent der | |
Stickoxide und 65 Prozent des Feinstaubs. Für 1,5 Millionen Euro wurden | |
darum drei Liegeplätze eingerichtet, an denen sich die Schiffe – | |
kostenpflichtig – mit Elektrizität versorgen können. | |
Hamburg indes hinkt noch hinterher. Ende Juli will die Wirtschaftsbehörde | |
ein Konzept darüber vorlegen, ob eine Landstromversorgung im Hafen sinnvoll | |
und finanzierbar sein könnte. Das Thema sei „hochkomplex“, gibt | |
Behördensprecherin Susanne Meinecke zu bedenken. | |
Außerdem hat Hamburg keine Eile. Die Stadt war 2011 bereits „European Green | |
Capital“ – Oslo will das erst noch werden. | |
9 Jul 2012 | |
## AUTOREN | |
Sven-Michael Veit | |
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