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# taz.de -- Anschuldigungen gegen Polizei: Tatort Kleingarten
> Laubenpieper sehen sich als Opfer von Polizeigewalt und fotografierten
> ihre Verletzungen. Daten aus der Überwachungskamera soll es nicht geben.
Bild: Polizeiliche Willkür oder ein Missverständnis? Laubenpieper beschuldige…
Bremen taz | Körperliche Versehrtheit dank polizeilicher Ermittlungen? Der
Bremer Jurist Jan Sürig vom „Anwaltsbüro für Migrationsrecht + Soziales“
berichtet, dass zwei seiner Mandanten von Polizisten geschlagen und
getreten wurden. Die Cousins kamen deshalb am Mittag des 28. Juni zur
Behandlung in die Notfallambulanz des Gröpelinger Diakonie-Krankenhauses
(Diako).
Die der taz vorliegende Anamnese des diensthabenden Assistenzarztes gibt
zum Tathergang an, dass die beiden Patienten am Freitagabend, 26. Juni, auf
ihrer Parzelle im Kleingartengebiet zwischen Bahnhof Oslebshausen und
Autobahn 27 mit einem Unbekannten in eine verbale Auseinandersetzung
geraten seien. Über ein angeblich falsch geparktes Fahrzeug habe man etwa
fünf Minuten gestritten. „Das war es“, so wurde Sürig berichtet.
Schließlich sei einer seiner Klienten ins Bett gegangen, während der andere
noch Fernsehen schaute. „Unvermittelt“ hätten dann gegen 21.30 Uhr sechs
Polizeibeamte die Türen aufgebrochen und das Gartenhaus gestürmt.
Aufforderungen, die Parzelle wieder zu verlassen, wären mit dem Einsatz von
Pfefferspray beantwortet worden. „Fragen wurden nicht gestellt,
Vernehmungen nicht durchgeführt, die Maßnahmen nicht erklärt.“
Laut Mitteilung der Polizeipressestelle seien die Beamten „nach einem
vorangegangenen Körperverletzungsdelikt zu Hilfe gerufen worden. Die
mutmaßlichen Tatverdächtigen der Körperverletzung traten den Einsatzkräften
gegenüber sofort derart aggressiv in Erscheinung, dass schließlich
Zwangsmittel eingesetzt werden mussten. Gegen dieselben Tatverdächtigen
wurden von den betroffenen Einsatzkräften Verfahren unter anderem wegen
Widerstands, Bedrohung und Beleidigung eingeleitet.“
Sürigs Auftraggeber haben nun eine Gegenanzeige gegen die Einsatzkräfte bei
der Staatsanwaltschaft eingereicht. Im Klinikum gaben die beiden an, die
Polizisten hätten sie nach dem Überfall ins Freie gezerrt und ihnen die
Arme auf den Rücken gefesselt. Einem sei eine „Tüte“ über den Kopf gezog…
worden, die Sürig als „Sichtschutzmaske“ beschreibt.
Nach einer Stunde wäre die Ambulanz gekommen und hätte die beiden, so die
Vermutung des Anwalts, zur Minderung der Pfeffersprayfolgen mit kaltem
Wasser übergossen. Gefesselt und durchnässt hätten sie drei Stunden auf dem
Boden verharren müssen. Dafür soll es Zeugen unter vorbeiflanierenden
Parzellisten geben.
Weiter hätten die Mandanten ausgesagt, während des Transports im
Einsatzwagen der Polizei von mehreren Beamten wiederholt geschlagen worden
zu sein. Einige Stunden verbrachten sie auf dem Waller Revier. Aus der
Zelle seien sie gegen 4 Uhr morgens mit Fausthieb und Fußtritt entlassen
worden, berichtet Sürig. „Egal was vorher passiert ist: Diese
Misshandlungen sind in keinster Art und Weise zu rechtfertigen.“
Psychisch, so der Anwalt, stehe einer seiner Klienten seither neben sich,
habe Angst vor der Polizei und müsse Hilfe des sozialpsychiatrischen
Dienstes in Anspruch nehmen.
Laut des ärztlichen Bulletins aus dem Diako wurden bei den beiden
Beteiligten der „fraglichen tätlichen Auseinandersetzung“ Schmerzen und
Prellungen am gesamten Brustkorb und Schwellungen an der Schulter
diagnostiziert, ebenso Taubheit an den Händen sowie an Kiefer- und
Halswirbelsäulenbereichen.
Auch Druckschmerz-empfindliche Blutergüsse an beiden Oberarmen,
Schürfwunden am Becken und Verstauchungen am Fußgelenk sind vermerkt. All
das wurde mit Einverständnis der Patienten fotografisch dokumentiert.
Sürig berichtet, dass Staatsanwältin Carola Roden versucht habe, Videos der
Überwachungskamera von diesem Abend im Polizeirevier Walle sicherzustellen.
„Die Bilder werden aus Datenschutzgründen nicht aufgezeichnet, liegen als
Beweismittel also nicht vor“, erklärte gestern die Staatsanwaltschaft dazu.
6 Jul 2015
## AUTOREN
Jens Fischer
## TAGS
Schwerpunkt Polizeigewalt und Rassismus
Ermittlungen
Körperverletzung
Bremen
Hamburg
Polizei
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Bayern
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