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# taz.de -- Kommentar Prokon wird Genossenschaft: Sieg der Bürger
> Ein Erfolgsmodell: Die Gläubiger der insolventen Windenergie-Firma Prokon
> wollen das Projekt als Genossenschaft fortführen.
Bild: Die düsteren Wolken verziehen sich.
Respekt! Was die „Freunde von Prokon“ in den letzten Wochen und Monaten auf
die Beine gestellt haben, [1][ist beachtlich.] Sie konnten den
Insolvenzverwalter überzeugen, neben dem klassischen Investorenplan noch
einen Genossenschaftsplan zu entwickeln – ein ausgesprochen seltenes
Ereignis.
Sie gewannen namhafte Akteure der Ökowirtschaft als Unterstützer. Und sie
überzeugten am Ende Zehntausende von Gläubigern. Zu erwarten war dieser
Erfolg zumindest am Anfang nicht.
Die „Freunde von Prokon“ (die es übrigens schon vor dem Insolvenzfall der
Firma gewissermaßen im Verborgenen gab) agierten im ersten Moment reichlich
unbeholfen gegenüber der Öffentlichkeit. Doch als es drauf ankam,
professionalisierten sie sich rasant. So entstand eine Konkurrenz von
höchster Symbolkraft.
Auf der einen Seite engagierte Menschen, die ihr Bürgerprojekt Energiewende
weiterhin in der eigenen Hand halten wollen. Auf der anderen Seite mit der
EnBW ein Unternehmen, das jegliche Energiewende Jahrzehnte lang torpediere,
der Gesellschaft Milliardenlasten an Atommüll hinterlässt, selbst nach der
Jahrtausendwende noch in klimaschädliche Kohle fehlinvestierte, und dann
meinte – inzwischen zwangsgewendet nach Fukushima – , ganzseitige Anzeigen
in Spiegel & Co. und ein Bündel Bares reichten aus, um sich nun Prokon
schnappen zu können.
Getäuscht. Und das ist gut so. Die Energiewende war immer zuvorderst ein
Bürgerprojekt und das muss sie auch bleiben. Während die etablierte
Energiewirtschaft erst die politischen Nach-Fukuhsima-Kapriolen als
Energiewende betrachtet, haben viele Bürger schon Jahrzehnte lang Erfahrung
mit dem Thema. Übrigens wurde das Wort Energiewende bereits im Jahr 1980
vom Öko-Institut – eine Gründung, die aus dem Wyhl-Widerstand resultierte �…
in einem Buchtitel geprägt. Und nicht 2011 von Angela Merkel.
## Bürgerenergiewende
Prokon wird nun ein weiteres Kapitel dieser Bürgerenergiewende schreiben.
Und es ist zu hoffen, dass das Signal – der Wille der Bürger mitzumachen –
auch in der Politik ankommt. Die hatte sich in der Vergangenheit ja so
manches ausgedacht, um explizit Bürgerengagement zu torpedieren, durch
Gesetzes-Ideen, wie das Kapitalanlagegesetzbuch und das
Kleinanlegerschutzgesetz. Dabei zeigt die Erfahrung eines ganzen
Jahrhunderts, dass Genossenschaften eine unschlagbar solide
Unternehmensform sind.
Auch die Unterstützer der Prokon-Genossenschaft kamen schließlich aus gutem
Hause: Eine Genossenschaftsbank, der die Finanzkrise nicht das geringste
anhaben konnte, während Großbanken gerettet werden mussten. Und ein
genossenschaftlicher Energieversorger, der stetige Gewinne schreibt,
während die börsennotierten Stromkonzerne aus dem letzten Loch pfeifen.
Und so ist es nun den Prokon-Anlegern, die einst einem windigen
Geschäftsmann aufsaßen, zu wünschen, dass ihre Firma jetzt in ruhigeres
Fahrwasser gerät. Die Genossenschaft ist die beste Voraussetzung dafür.
3 Jul 2015
## LINKS
[1] /Umwandlung-in-Genossenschaft/!5208568/
## AUTOREN
Bernward Janzing
## TAGS
Prokon
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Energiewende
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