# taz.de -- Probleme bei Genossenschaftsbanken: Im Tarifdschungel | |
> Die Volks- und Raiffeisenbanken profitieren von den Filialschließungen | |
> der Konkurrenz. Sie plagen allerdings hausgemachte Probleme. | |
Bild: Die Gebäude der Raiffeisenbank und der Sparkasse in Frankfurt. | |
HAMBURG taz | Niedrige Zinsen und maue Kreditnachfrage in Deutschland | |
können den Genossenschaftsbanken nichts anhaben. Volks- und | |
Raiffeisenbanken, Sparda- und PSD-Banken steigerten ihren schon | |
außerordentlichen Gewinn des Vorjahrs im Geschäftsjahr 2014 um fast 14 | |
Prozent auf 7,8 Milliarden Euro nach Steuern. | |
Dabei profitieren die 1.047 Volks- und Raiffeisenbanken von den | |
Filialschließungen bei der Konkurrenz. Viele private Banken wie HVB oder | |
Deutsche Bank und selbst die Sparkassen ziehen sich aus der Fläche und | |
weniger lukrativen Stadtteilen zurück. Bei Verbraucherschützern sind die | |
Genossenschaftsbanken schon deshalb vergleichsweise beliebt, auch wenn sie | |
keine Billigstanbieter sind. Aber ihre 12.800 Filialen beleben den | |
Wettbewerb im Land. | |
Die Genossen plagen allerdings hausgemachte Probleme. So gönnt sich der | |
Verbund zwei Zentralbanken. Mehrere Anläufe, die deutlich größere DZ Bank | |
mit der vor allem in Nordrhein-Westfalen aktiven WGZ zu vereinigen, | |
scheiterten. | |
Vor allem gönnen sich die Genobanken einen Tarifdschungel. Seit 2013 gibt | |
es keinen verbindlichen Tarifvertrag mehr mit der Gewerkschaft Verdi. | |
Mancher regionale Bankvorstand greift dann gerne auf ältere Abkommen mit | |
den sogenannten gelben, also wirtschaftsfriedlichen Gewerkschaften | |
Deutscher Handels- und Industrieangestelltenverband und Deutscher | |
Bankenangestellten-Verband zurück. Dies soll für Beschäftigte in unteren | |
Tarifgruppen zu Lohneinbußen von mehreren Hundert Euro geführt haben – pro | |
Monat. | |
## Falsche Eingruppierung von Angestellten | |
„Genobanken sind einerseits gute Banken, die traditionelles Geschäft machen | |
– andererseits gehen viele mit Beschäftigten ruppig um“, sagt Mark Roach, | |
zuständiger Gewerkschaftssekretär in der Verdi-Bundesverwaltung, der taz. | |
„Betriebsräte werden behindert, Tarifverträge falsch angewendet und | |
Beschäftigte falsch eingruppiert.“ | |
So habe der Betriebsrat einer Bank in Ingolstadt mehr als fünfzig Prozesse | |
wegen falscher Eingruppierung von Angestellten gegen den Vorstand geführt – | |
und alle gewonnen. In Münster, Ludwigsburg, oder Regensburg mobbten laut | |
Roach Geschäftsführungen aktive Betriebsräte teilweise jahrelang. Zum | |
Schutz der Beschäftigten und ihrer Betriebsräte ist der Bankexperte mit | |
aktuellen Fällen zurückhaltend. Schließlich setzten Vorstände oft Anwälte | |
ein, die sich auf die Entlassung unliebsamer Beschäftigter spezialisiert | |
haben. | |
Vor dem Bundesarbeitsgericht (BAG) gelandet ist allerdings der Fall des | |
aktiven Betriebsratsvorsitzenden Torsten Wacker, der nach 33 Jahren vom | |
Vorstand der Volksbank Kraichgau Wiesloch-Sinsheim fristlos gekündigt | |
wurde. Noch im Sommer will das BAG entscheiden. | |
## Verband mit positivem Selbstbild | |
„Allein die geringe Anzahl spricht gegen das Vorliegen einer | |
grundsätzlichen Problematik“, widerspricht der Arbeitgeberverband der | |
Genossenschaftsbanken den Vorwürfen. Die rund 160.000 Mitarbeiter „zeigen | |
sich mit ihren Arbeitgebern auch ganz überwiegend zufrieden“. Belegt sieht | |
man dies durch lange Betriebszugehörigkeit und eine geringe Zahl von | |
Kündigungen der Mitarbeiter. Auch die Fälle, die Verdi nennt, schätzt man | |
in der Verbandszentrale anders ein. | |
Dort freut man sich über 20 Milliarden Euro Zinsüberschuss aus dem | |
klassischen Kreditgeschäft. Bei Darlehen an Firmen legten die Genobanken um | |
3,7 Prozent zu – obwohl der Gesamtmarkt um 0,8 Prozent schrumpfte, sagte | |
Uwe Fröhlich, Präsident des Bundesverbands, am Mittwoch auf der | |
Jahrespressekonferenz in Frankfurt. Er sieht seine Gruppe als „starken | |
Kreditgeber und zuverlässigen Partner der mittelständischen Wirtschaft“. | |
16 Jul 2015 | |
## AUTOREN | |
Hermannus Pfeiffer | |
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