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# taz.de -- Bundesparteitag der AfD: Sie lächelt ihn weg
> Anfangs war Frauke Petry die junge Frau unter alten Professoren. Jetzt
> will sie die Führung in der Partei übernehmen. Wie rechts ist sie?
Bild: Will Lucke stürzen: Frauke Petry
Frauke Petry eilt über den Göttinger Marktplatz auf den Gänselieselbrunnen
zu. Sie lacht, sie winkt. Petry, 40 Jahre alt, die Haare kurz, eine schmale
Gestalt im dunkelblauen Kurzmantel, hat den Brunnen als Treffpunkt
vorgeschlagen. „Kennen Sie die Gänseliesel?“, fragt sie und sprudelt los.
Jeder, der in Göttingen promoviere, müsse ihr Blumen bringen und ihr einen
Kuss geben, sagt Petry und deutet auf die Bronzefigur.
Auch sie und ihr Mann haben hier ihren Doktor gemacht, sie in Chemie, er in
Theologie. Petry erzählt vom Sekt und blauem Himmel, an dem Tag, an dem sie
die Gänseliesel küsste, vom Doktorhut, der nicht ins Wasser fallen dürfe,
und dass die Göttinger an diesem Tag auf den Beinen seien.
„Volksfeststimmung“ sei dann. „Das ist schön.“
Keine fünf Minuten sind vergangen, schon hat Frauke Petry Nähe hergestellt.
Zwei Stunden später erzählt sie einem anderen Journalisten exakt dieselbe
Geschichte.
Frauke Petry, Bundessprecherin, eine von dreien, und sächsische
Fraktionsvorsitzende der Alternative für Deutschland, der AfD, hat viele
Termine in diesen Tagen, noch mehr als sonst. Sie trifft Journalisten,
berät sich mit ihren Vertrauten, reist durch die Landesverbände, spricht
mit Funktionären und vor der Parteibasis. Vor gut zwei Jahren war sie eine
unbekannte, politisch unerfahrene Frau inmitten nicht mehr ganz junger
Professoren, die eine neue Partei gründen und die alten aufmischen wollten.
Jetzt will sie Bernd Lucke, die Führungsfigur, stürzen. Und die Macht in
der AfD übernehmen.
## Sie macht kaum Fehler
Ihre Chancen stehen nicht schlecht. Für eine Anfängerin macht sie
erstaunlich wenige Fehler.
Das ist eine Linie im Machtkampf dieser Partei: Auf der einen Seite eine
Frau mit politischem Talent, starkem Machtbewusstsein und der Fähigkeit,
Menschen zu erreichen. Auf der anderen ein Mann, der in die Politik
gegangen und doch Professor geblieben ist.
Lucke deutet den Konflikt als Richtungsstreit. Er warnt, dass die Partei
nach rechts abdrifte, zum deutschen Front National werde. In dieser
Erzählung hat Petry die Rolle der Marine Le Pen.
Wie rechts ist Frauke Petry?
## Lucke warnt vor einem deutschen Front National
Auf dem Göttinger Marktplatz steuert sie auf das Eiscafé an der Ecke zu,
ruft dem Mann hinter der Theke freundlich, aber bestimmt „Hier bekommen wir
sicher auch nur einen Kaffee“ zu, und wählt den Tisch in der Ecke. „Front
National?“, sie lacht auf. „Das glaubt er doch selbst nicht.“
Der Front National, in Frankreich längst dritte politische Kraft, fordert:
„Franzosen zuerst“, einen strikten Einwanderungsstopp und die Einführung
der Todesstrafe. Das würde Frauke Petry nie tun.
Noch Mitte April habe Lucke ihr bestätigt, es gebe inhaltlich keine großen
Differenzen zwischen ihnen, sagt sie. „Und das sehe ich auch so.“
Frauke Petry ist gut darin, die Dinge beiläufig wegzuwischen. Sie hat dafür
ihre nette Art. Ihr Lächeln.
Petrys Deutung des Machtkampfes geht so: Lucke, ein Kontrollfreak mit
autoritärem Führungsstil, unfähig zur offenen Diskussion und zum
Kompromiss, sei schlicht nicht in der Lage, die Partei zusammenzuhalten.
„Er denkt: Ich bin die Partei. Ich, ich, ich. Das ist das Problem.“ Weil
die Partei ihm entgleite, male er jetzt ein Angstgespenst an die Wand.
Dabei hat er doch selbst Signale nach rechts gesendet, von „entarteter
Demokratie“ gesprochen und Einwanderern als „sozialen Bodensatz“.
## Das falsche Etikett?
Klebt an Petry also ein Etikett, das gar nicht zu ihr passt?
„Ich bin konservativ und liberal“, sagt sie über sich selbst. Die
Zuschreibung als „rein konservativ“ stamme nicht von ihr. Das Wort „recht…
nimmt sie erst gar nicht in den Mund. Dann erzählt sie von ihrer Kindheit
in der DDR, dass sie mit acht Wochen in die Krippe kam. Auch ihre Kinder
seien alle vier in der Krippe gewesen. „Diese Zwangsjacke, zu Hause bei den
Kindern bleiben zu müssen, die würde ich keiner Frau mehr anziehen.“ Das
sei in der AfD eine liberale Position.
Am Abend in Northeim, ein kleines Städtchen mit vielen Fachwerkhäusern, 20
Kilometer nördlich von Göttingen. Im ersten Stock eines kleinen Hotels
löffelt Petry eine Suppe und trinkt stilles Wasser. Um sie herum sitzen
Männer, meist hinter großen Biergläsern und Schnitzeln, die über den
Tellerrand lappen: die Spitze der lokalen AfD.
Bei dieser Szene kommt einem weniger Marine Le Pen als Ursula von der Leyen
in den Sinn. Auch so eine schmale, smarte, extrem disziplinierte Frau,
christlich geprägt, mit vielen Kindern und großem Machtbewusstsein.
„Quo vadis AfD?“ heißt der Titel der Veranstaltung. Knapp 50 Leute sitzen
im Saal, wie immer wenige Frauen. Petry steht in dunkelblauem Hosenanzug
und weißer Bluse vorn. Sie erzählt, dass Göttingen auch ihre Heimat sei,
zehn Jahre habe sie hier gelebt, ihren Doktor gemacht, Kinder bekommen, sie
sei ein „deutsch-deutscher Hybrid“.
Dann redet sie über den Mittelstand, das Ideal der
Vater-Mutter-Kind-Familie und fordert, dass das Asylrecht eingehalten wird.
Sie sagt: „Es ist das breite Themenspektrum, das uns stark macht.“ Petry
spricht gegen das Image der rechten Sächsin an. Am Ende fragt man sich:
Könnte diese Frau nicht auch in der CDU Karriere machen?
## Wie viel Le Pen, wie viel von der Leyen?
Wie viel von der Leyen, wie viel Le Pen stecken in Frauke Petry? Fragt man
sie selbst, wie rechts sie sei, lacht sie wieder. Woran mache man das denn
überhaupt fest?
Vielleicht daran, dass sie sich für eine Volksabstimmung zum
Abtreibungsparagrafen 218 aussprach? „Die deutsche Politik hat eine
Eigenverantwortung, das Überleben des eigenen Volkes, der eigenen Nation
sicherzustellen.“ Wünschenswert sei deshalb die Drei-Kind-Familie.
„Dazu stehe ich“, sagt Petry, „Einwanderung wird den Bevölkerungsmangel
nicht ausgleichen, also finden wir uns entweder mit der Schrumpfung ab, was
ich nicht will, oder wir müssen aktive Bevölkerungspolitik betreiben.“ Das
sei keine Position, für die sie sich schäme.
## Petry pariert. Und lächelt dabei.
Ein völkisches Verständnis von Nation, das kann man als extrem rechts
betrachten.
Sie hat außerdem Mitglieder der islamfeindlichen Partei „Die Freiheit“ in
die AfD geholt.
Jetzt muss Frauke Petry ausholen. Gerade zehn bis zwölf ehemalige
Mitglieder der Freiheit gebe es in ihrem Landesverband. Alles
Einzelentscheidungen, „eine Unterwanderung war das nicht“. Ein Exfunktionär
der „Freiheit“ ist Mitglied im AfD-Landesvorstand, ein anderer der
Pressereferent des Landesverbands. „Meinen Sie Julien Wiesemann? Der ist
kein Pressereferent. Er hat uns nur kurzzeitig unterstützt.“ Klickt man auf
der Website der Sachsen AfD den Presseverteiler an, steht da
„Pressekontakt: Julien Wiesemann“.
Der bayerische Verfassungsschutz hat für Organisationen wie die „Freiheit“
ein eigenes Beobachtungsfeld geschaffen: die verfassungschutzrelevante
Islamfeindlichkeit.
So kann man fortfahren. Kann nach ihrem Gespräch mit den
Pegida-Organisatoren fragen. Nach ihren Aussagen zum „Genderwahnsinn“. Kann
sie mit der Forderung im sächsischen Wahlprogramm konfrontieren, über den
Bau von Moscheen mit Minarett Volksabstimmungen durchzuführen, was bislang
nur Parteien am rechten Rand verlangten. Petry pariert. Jeden Vorwurf. Und
lächelt dabei.
## Ihr viertes Kind bekam Frauke Petry im Auto
Es fällt schwer, sich eine Frau mit diesen Ansichten auf einer
Spitzenposition in der Merkel-CDU von heute vorzustellen. In den achtziger
und neunziger Jahren, als in der CDU noch die Dreggers und Kanthers den Ton
angaben, die mitunter selbst in der Grauzone zwischen Konservativen und
extrem Rechten unterwegs waren, hätte das noch anders ausgesehen.
Frauke Petry ist in Dresden geboren, kurz nach dem Mauerfall zog die
Familie ins Ruhrgebiet, Petry war 14. Sie machte Abitur, Schnitt 1,1. Als
politisch engagiert fiel sie niemandem auf. An der Schule lernte sie auch
Sven Petry, ihren Mann, kennen. Sie zog nach England, um Chemie zu
studieren. Er wartete in Göttingen. Dort folgten Einserdiplom, Stipendium
der Studienstiftung des deutschen Volkes, Heirat, Promotion.
Während der Doktorarbeit kam ihre erste Tochter auf die Welt, heute haben
die Petrys vier Kinder, der Jüngste ist vier. Ihn hat sie im Auto bekommen.
Der Weg zum Geburtshaus war zu weit.
Als ihre ehemaligen Kolleginnen und Kollegen am Institut für Humangenetik
der Göttinger Universität von ihrer Politik-Karriere hörten, waren sie
überrascht. „Ich hatte sie nicht so hardcore-konservativ in Erinnerung“,
sagt eine, die mit ihr zusammengearbeitet hat. Petry, wissenschaftliche
Mitarbeiterin damals, 29, sei sozial gewesen, habe sich um Doktoranden aus
unterschiedlichsten Ländern gekümmert. Eine Teamplayerin.
## Ermittlungen wegen Insolvenzverschleppung
Mit einem neuen Reifendichtmittel gründete Petry in Leipzig ein
Unternehmen, sie bekam etliche Preise. Ihr Mann wurde Pfarrer in Frohburg,
einer Kleinstadt zwischen Leipzig und Chemnitz, die Familie zog ins
Pfarrhaus. Ende 2013 ging die Firma pleite, dann: Privatinsolvenz. Weil sie
vor der Bundestagswahl nicht Insolvenz anmelden wollte, ermittelt die
Leipziger Staatsanwalt wegen Insolvenzverschleppung. „Ich gehe davon aus,
dass die Ermittlungen bald eingestellt werden werden“, sagt sie.
Gleich beim ersten Parteitag der AfD im April 2013 wurde Petry zu einer von
drei Sprechern - neben Lucke und dem pensionierten Publizisten Konrad Adam.
Eine attraktive junge Frau, dazu aus dem Osten. Meist ungeschminkt. Das
machte sich gut in einer Partei, die anders sein will als die anderen.
Hätte Lucke damals geahnt, wie talentiert Petry als Politikerin ist, er
hätte sich wohl eine andere Co-Sprecherin geholt.
Die Partei, anfangs ganz auf ihn und seine Eurokritik zugeschnitten,
scheitert 2013 knapp bei der Bundestagswahl, im Mai 2014 zieht sie mit 7
Abgeordneten ins Europaparlament ein.
Ende August im Landtagswahlkampf in Sachsen tritt Petry, die
Spitzenkandidatin, mit Lucke in Bautzen auf. Er bringt ein langes
Redemanuskript mit, sie einen Korb mit Äpfeln aus ihrem Garten, so hat es
ein Reporter aufgeschrieben. Sie merkt: Sie kann nicht nur den Kopf der
Zuhörer ansprechen, sondern auch ihren Bauch. Eine Fähigkeit, die Lucke
fehlt.
## Islamkritik, Grenzkriminalität, Flüchtlingshetze
Petry setzt im Wahlkampf auf Islamkritik, sie thematisiert
Grenzkriminalität und steigende Flüchtlingszahlen, gibt konservative
Familienpolitik dazu und etwas „Das wird man wohl noch sagen dürfen“. Doch
sie weiß um die Grenze, die sie nicht überschreiten darf. Nie würde sie
Pegida als „natürliche Verbündete“ bezeichnen oder die AfD als Partei für
diejenigen, „die kein Asylbewerberheim in ihrer Nähe wollen“, wie Alexander
Gauland, der Brandenburger Landeschef. Sie beherrscht die Kunst der
Andeutung. Wenn es brenzlig wird, reagiert sie. Als sich ihr Vize im
Landtagswahlkampf abfällig über Behinderte äußert, ist er weg. „Ich kann
auch streng sein“, sagt sie.
Mit fast zehn Prozent zieht die AfD in den sächsischen Landtag ein,
Brandenburg und Thüringen folgen zwei Wochen später. In Dresden hat Petry
jetzt einen Stab, bezahlte Mitarbeiter - und viel Aufmerksamkeit. Bernd
Lucke sitzt in Brüssel, Hunderte Kilometer entfernt.
Er setzt jetzt alles daran, alleiniger Parteichef zu werden. Vor dem
Parteitag Ende Januar stemmt Petry sich mit ihren Getreuen dagegen. Manche
hat Lucke mit seinem autoritären Führungsstil vergrätzt, andere wollen noch
stärker an die Stammtische ran. Lucke gewinnt. Er hatte gedroht
auszusteigen. Noch glauben seine Gegner, ohne ihn gehe es nicht. „Die
Chance der AfD liegt in ihrer programmatischen Breite“, sagt Petry im
Moment ihrer Niederlage. „Wir wollten nie ohne Bernd Lucke, wir haben uns
deswegen aufeinander zubewegt.“
Meint sie das damals ernst?
## Erzählungen über Intrigen
Kritiker erzählen nun von einer ganz anderen Frauke Petry. Von einer
Intrigantin, die sich öffentlich für Kompromisse ausspricht und diese dann
hintertreibt. Bernd Kölmel, Landeschef in Baden-Württemberg und
Europaabgeordneter der Partei, gehört zu Luckes Gefolgsleuten. „Fakt ist“,
sagt er, „dass Frauke Petry sich für die Einerspitze ausgesprochen hat. In
den Bussen, die aus Sachsen zum Parteitag nach Bremen gefahren sind, aber
wurden Handzettel verteilt, auf denen stand: Bitte stimmen Sie gegen den
Kompromiss.“ Nicht nur Kölmel erzählt diese Geschichte. Er sagt: „Bis dah…
habe ich sie sehr geschätzt.“
Im Eiscafé am Göttinger Markt zerrt Petry an der Verpackung des Kekses, den
die Kellnerin mit dem Latte macchiato gebracht hat. Auf die Handzettel
angesprochen, sagt sie: „Das ist eine Unterstellung, das weise ich zurück.“
Auch andere Geschichten, wie jene, dass sie bereits bei einem Parteitreffen
im März 2013 in Nürnberg hinter einem Abwahlantrag gegen Lucke gesteckt
habe, seien schlicht falsch.
Ende Januar ist Parteitag in Bremen, im Congress Centrum hält Petry die
Eingangsrede. Sie fordert offene, konstruktive Diskussionen statt
öffentlicher Schlammschlachten. Das trifft die Stimmung vieler. Lucke
kritisiert die Arbeit des Bundesvorstands in seiner Rede als „stümperhaft“
und beschreibt sich allein als Motor der Partei. Er setzt sich mit seinem
Plan noch einmal durch. Die Herzen der Mitglieder aber hat Petry erreicht.
## Lucke, ein politischer Autist
Sie spricht sich eng mit ihren Vertrauten ab: dem Nationalkonservativen
Gauland, der radikalen Lebensschützerin Beatrix von Storch und mit Markus
Pretzell, den beiden Europaparlamentariern. Seit Bremen ist Pretzell, ein
Intimfeind Luckes, ihr engster Verbündeter. „Ich habe ein paar Menschen in
der AfD, denen ich hundertprozentig vertraue“, sagt Petry. „Bernd Lucke hat
dieses Vertrauensverhältnis zu niemandem.“ Soll heißen: Lucke ist ein
politischer Autist.
Petry und Pretzell ziehen durch die Landesverbände, bei den
Delegiertenwahlen für den Parteitag, der Mitte Juni in Kassel geplant ist,
fallen Luckes Leute zunehmend durch. Der Professor merkt, dass ihm die
Partei entgleitet. Er initiiert den „Weckruf 2015“ und fordert die
Parteimitglieder auf, beizutreten - zur Rettung der AfD vor dem rechten
Rand. Indirekt droht er damit auch, eine neue Partei zu gründen. Bisher
haben sich allerdings nur knapp 4.000 der 22.000 AfD-Mitglieder seinem
Weckruf angeschlossen.
Petry sieht ihre Chance.
„Ich kann mir nicht vorstellen, dass Bernd Lucke nach dem Parteitag weiter
an der Spitze der AfD steht.“ Es ist ein Dienstag Mitte Mai, morgens hat
Lucke den Weckruf in Straßburg offiziell vorgestellt. Am Abend läuft ihr
Satz über die Nachrichtenagenturen. Das ist die offene Kampfansage.
Von allzu Rechten grenzt sie sich nun ab. Sie weiß: Will sie die Partei
führen, darf sie nicht zu extrem wirken. Björn Höcke fehle es an
politischem Urteilsvermögen, er sei für Funktionen in der AfD ungeeignet,
sagt sie dann. Höcke, der Thüringer Landeschef, ganz rechter Rand der AfD,
hatte bezweifelt, ob jedes NPD-Mitglied extremistisch sei.
## „Petry steht für die Öffnung zum Rechtspopulismus“
Petry passe sich ihrem Gegenüber an, sagt Alexander Häusler, der ihr den
Mittekurs nicht abnimmt. Der Sozialwissenschaftler aus Düsseldorf
beobachtet die Entwicklung der AfD, seit es sie gibt. In einem Interview
mit Blu-News, einem von Islamkritikern und Rechtspopulisten geschätzten
Internetportal, spreche Petry auch mal von „Antifanten“, wenn es um
antifaschistische Gruppen geht. „Das ist rechtsextremer Szenejargon, den
kein Normalsterblicher kennt“, sagt Häusler. Seine Diagnose: Petry steht
„für die inhaltliche Öffnung der AfD zum Rechtspopulismus“.
In Göttingen ist es Mittag geworden, Petry sitzt mit dem nächsten
Journalisten in einer Crêperie. Zwei Vermummte erscheinen, brüllen
„Scheiß-Nazi“ und bespritzen sie mit Flüssigkeit. Petrys Bluse ist ganz
nass danach. „Ich bin Chemikerin, das ist nicht gefährlich“, sagt sie und
lässt sich von der Kellnerin ein Handtuch geben. Ausgesprochen cool habe
sie reagiert, erinnert sich der Journalist.
Am Abend in Northeim erntet Petry Applaus. Er könne fast alles
unterschreiben, was sie gesagt habe, sagt der Moderator - doch das gehe ihm
bei Lucke auch immer so. Die Zuhörer wollen, dass der Streit an der
Parteispitze aufhört. Am liebsten wäre ihm, sagt einer, wenn sie es mit
Lucke noch mal gemeinsam versuche.
2. Juni, Europaparlament. Petry steht neben einem Kamerastativ auf einem
Flur, ihre Hände hat sie hinter dem Rücken verschränkt. Lucke läuft an ihr
vorbei: „Was machst du denn hier?“ „Arbeiten“, antwortet sie knapp, der
Mund schmal, die Hände bleiben hinterm Rücken. 22 Sekunden, die zeigen, wie
kalt Frauke Petry sein kann. Der Clip steht noch auf Spiegel Online.
Längst scheint es, als hätten Petry und ihre Leute die Mehrheiten für den
Parteitag organisiert, doch dann geht es hin und her. Große und kleine
Parteitage werden angesetzt und abgesagt. Aktueller Stand: Am 3. und 4.
Juli soll in Essen der AfD-Vorsitzende gewählt werden.
Frau Petry, treten Sie gegen Bernd Lucke an? „Ich habe immer gesagt, ich
trete an, und das werde ich auch“, sagt Petry in dem Göttinger Eiscafé.
Der Showdown naht. Sie lächelt.
3 Jul 2015
## AUTOREN
Sabine am Orde
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