| # taz.de -- Bundesparteitag der AfD: Sie lächelt ihn weg | |
| > Anfangs war Frauke Petry die junge Frau unter alten Professoren. Jetzt | |
| > will sie die Führung in der Partei übernehmen. Wie rechts ist sie? | |
| Bild: Will Lucke stürzen: Frauke Petry | |
| Frauke Petry eilt über den Göttinger Marktplatz auf den Gänselieselbrunnen | |
| zu. Sie lacht, sie winkt. Petry, 40 Jahre alt, die Haare kurz, eine schmale | |
| Gestalt im dunkelblauen Kurzmantel, hat den Brunnen als Treffpunkt | |
| vorgeschlagen. „Kennen Sie die Gänseliesel?“, fragt sie und sprudelt los. | |
| Jeder, der in Göttingen promoviere, müsse ihr Blumen bringen und ihr einen | |
| Kuss geben, sagt Petry und deutet auf die Bronzefigur. | |
| Auch sie und ihr Mann haben hier ihren Doktor gemacht, sie in Chemie, er in | |
| Theologie. Petry erzählt vom Sekt und blauem Himmel, an dem Tag, an dem sie | |
| die Gänseliesel küsste, vom Doktorhut, der nicht ins Wasser fallen dürfe, | |
| und dass die Göttinger an diesem Tag auf den Beinen seien. | |
| „Volksfeststimmung“ sei dann. „Das ist schön.“ | |
| Keine fünf Minuten sind vergangen, schon hat Frauke Petry Nähe hergestellt. | |
| Zwei Stunden später erzählt sie einem anderen Journalisten exakt dieselbe | |
| Geschichte. | |
| Frauke Petry, Bundessprecherin, eine von dreien, und sächsische | |
| Fraktionsvorsitzende der Alternative für Deutschland, der AfD, hat viele | |
| Termine in diesen Tagen, noch mehr als sonst. Sie trifft Journalisten, | |
| berät sich mit ihren Vertrauten, reist durch die Landesverbände, spricht | |
| mit Funktionären und vor der Parteibasis. Vor gut zwei Jahren war sie eine | |
| unbekannte, politisch unerfahrene Frau inmitten nicht mehr ganz junger | |
| Professoren, die eine neue Partei gründen und die alten aufmischen wollten. | |
| Jetzt will sie Bernd Lucke, die Führungsfigur, stürzen. Und die Macht in | |
| der AfD übernehmen. | |
| ## Sie macht kaum Fehler | |
| Ihre Chancen stehen nicht schlecht. Für eine Anfängerin macht sie | |
| erstaunlich wenige Fehler. | |
| Das ist eine Linie im Machtkampf dieser Partei: Auf der einen Seite eine | |
| Frau mit politischem Talent, starkem Machtbewusstsein und der Fähigkeit, | |
| Menschen zu erreichen. Auf der anderen ein Mann, der in die Politik | |
| gegangen und doch Professor geblieben ist. | |
| Lucke deutet den Konflikt als Richtungsstreit. Er warnt, dass die Partei | |
| nach rechts abdrifte, zum deutschen Front National werde. In dieser | |
| Erzählung hat Petry die Rolle der Marine Le Pen. | |
| Wie rechts ist Frauke Petry? | |
| ## Lucke warnt vor einem deutschen Front National | |
| Auf dem Göttinger Marktplatz steuert sie auf das Eiscafé an der Ecke zu, | |
| ruft dem Mann hinter der Theke freundlich, aber bestimmt „Hier bekommen wir | |
| sicher auch nur einen Kaffee“ zu, und wählt den Tisch in der Ecke. „Front | |
| National?“, sie lacht auf. „Das glaubt er doch selbst nicht.“ | |
| Der Front National, in Frankreich längst dritte politische Kraft, fordert: | |
| „Franzosen zuerst“, einen strikten Einwanderungsstopp und die Einführung | |
| der Todesstrafe. Das würde Frauke Petry nie tun. | |
| Noch Mitte April habe Lucke ihr bestätigt, es gebe inhaltlich keine großen | |
| Differenzen zwischen ihnen, sagt sie. „Und das sehe ich auch so.“ | |
| Frauke Petry ist gut darin, die Dinge beiläufig wegzuwischen. Sie hat dafür | |
| ihre nette Art. Ihr Lächeln. | |
| Petrys Deutung des Machtkampfes geht so: Lucke, ein Kontrollfreak mit | |
| autoritärem Führungsstil, unfähig zur offenen Diskussion und zum | |
| Kompromiss, sei schlicht nicht in der Lage, die Partei zusammenzuhalten. | |
| „Er denkt: Ich bin die Partei. Ich, ich, ich. Das ist das Problem.“ Weil | |
| die Partei ihm entgleite, male er jetzt ein Angstgespenst an die Wand. | |
| Dabei hat er doch selbst Signale nach rechts gesendet, von „entarteter | |
| Demokratie“ gesprochen und Einwanderern als „sozialen Bodensatz“. | |
| ## Das falsche Etikett? | |
| Klebt an Petry also ein Etikett, das gar nicht zu ihr passt? | |
| „Ich bin konservativ und liberal“, sagt sie über sich selbst. Die | |
| Zuschreibung als „rein konservativ“ stamme nicht von ihr. Das Wort „recht… | |
| nimmt sie erst gar nicht in den Mund. Dann erzählt sie von ihrer Kindheit | |
| in der DDR, dass sie mit acht Wochen in die Krippe kam. Auch ihre Kinder | |
| seien alle vier in der Krippe gewesen. „Diese Zwangsjacke, zu Hause bei den | |
| Kindern bleiben zu müssen, die würde ich keiner Frau mehr anziehen.“ Das | |
| sei in der AfD eine liberale Position. | |
| Am Abend in Northeim, ein kleines Städtchen mit vielen Fachwerkhäusern, 20 | |
| Kilometer nördlich von Göttingen. Im ersten Stock eines kleinen Hotels | |
| löffelt Petry eine Suppe und trinkt stilles Wasser. Um sie herum sitzen | |
| Männer, meist hinter großen Biergläsern und Schnitzeln, die über den | |
| Tellerrand lappen: die Spitze der lokalen AfD. | |
| Bei dieser Szene kommt einem weniger Marine Le Pen als Ursula von der Leyen | |
| in den Sinn. Auch so eine schmale, smarte, extrem disziplinierte Frau, | |
| christlich geprägt, mit vielen Kindern und großem Machtbewusstsein. | |
| „Quo vadis AfD?“ heißt der Titel der Veranstaltung. Knapp 50 Leute sitzen | |
| im Saal, wie immer wenige Frauen. Petry steht in dunkelblauem Hosenanzug | |
| und weißer Bluse vorn. Sie erzählt, dass Göttingen auch ihre Heimat sei, | |
| zehn Jahre habe sie hier gelebt, ihren Doktor gemacht, Kinder bekommen, sie | |
| sei ein „deutsch-deutscher Hybrid“. | |
| Dann redet sie über den Mittelstand, das Ideal der | |
| Vater-Mutter-Kind-Familie und fordert, dass das Asylrecht eingehalten wird. | |
| Sie sagt: „Es ist das breite Themenspektrum, das uns stark macht.“ Petry | |
| spricht gegen das Image der rechten Sächsin an. Am Ende fragt man sich: | |
| Könnte diese Frau nicht auch in der CDU Karriere machen? | |
| ## Wie viel Le Pen, wie viel von der Leyen? | |
| Wie viel von der Leyen, wie viel Le Pen stecken in Frauke Petry? Fragt man | |
| sie selbst, wie rechts sie sei, lacht sie wieder. Woran mache man das denn | |
| überhaupt fest? | |
| Vielleicht daran, dass sie sich für eine Volksabstimmung zum | |
| Abtreibungsparagrafen 218 aussprach? „Die deutsche Politik hat eine | |
| Eigenverantwortung, das Überleben des eigenen Volkes, der eigenen Nation | |
| sicherzustellen.“ Wünschenswert sei deshalb die Drei-Kind-Familie. | |
| „Dazu stehe ich“, sagt Petry, „Einwanderung wird den Bevölkerungsmangel | |
| nicht ausgleichen, also finden wir uns entweder mit der Schrumpfung ab, was | |
| ich nicht will, oder wir müssen aktive Bevölkerungspolitik betreiben.“ Das | |
| sei keine Position, für die sie sich schäme. | |
| ## Petry pariert. Und lächelt dabei. | |
| Ein völkisches Verständnis von Nation, das kann man als extrem rechts | |
| betrachten. | |
| Sie hat außerdem Mitglieder der islamfeindlichen Partei „Die Freiheit“ in | |
| die AfD geholt. | |
| Jetzt muss Frauke Petry ausholen. Gerade zehn bis zwölf ehemalige | |
| Mitglieder der Freiheit gebe es in ihrem Landesverband. Alles | |
| Einzelentscheidungen, „eine Unterwanderung war das nicht“. Ein Exfunktionär | |
| der „Freiheit“ ist Mitglied im AfD-Landesvorstand, ein anderer der | |
| Pressereferent des Landesverbands. „Meinen Sie Julien Wiesemann? Der ist | |
| kein Pressereferent. Er hat uns nur kurzzeitig unterstützt.“ Klickt man auf | |
| der Website der Sachsen AfD den Presseverteiler an, steht da | |
| „Pressekontakt: Julien Wiesemann“. | |
| Der bayerische Verfassungsschutz hat für Organisationen wie die „Freiheit“ | |
| ein eigenes Beobachtungsfeld geschaffen: die verfassungschutzrelevante | |
| Islamfeindlichkeit. | |
| So kann man fortfahren. Kann nach ihrem Gespräch mit den | |
| Pegida-Organisatoren fragen. Nach ihren Aussagen zum „Genderwahnsinn“. Kann | |
| sie mit der Forderung im sächsischen Wahlprogramm konfrontieren, über den | |
| Bau von Moscheen mit Minarett Volksabstimmungen durchzuführen, was bislang | |
| nur Parteien am rechten Rand verlangten. Petry pariert. Jeden Vorwurf. Und | |
| lächelt dabei. | |
| ## Ihr viertes Kind bekam Frauke Petry im Auto | |
| Es fällt schwer, sich eine Frau mit diesen Ansichten auf einer | |
| Spitzenposition in der Merkel-CDU von heute vorzustellen. In den achtziger | |
| und neunziger Jahren, als in der CDU noch die Dreggers und Kanthers den Ton | |
| angaben, die mitunter selbst in der Grauzone zwischen Konservativen und | |
| extrem Rechten unterwegs waren, hätte das noch anders ausgesehen. | |
| Frauke Petry ist in Dresden geboren, kurz nach dem Mauerfall zog die | |
| Familie ins Ruhrgebiet, Petry war 14. Sie machte Abitur, Schnitt 1,1. Als | |
| politisch engagiert fiel sie niemandem auf. An der Schule lernte sie auch | |
| Sven Petry, ihren Mann, kennen. Sie zog nach England, um Chemie zu | |
| studieren. Er wartete in Göttingen. Dort folgten Einserdiplom, Stipendium | |
| der Studienstiftung des deutschen Volkes, Heirat, Promotion. | |
| Während der Doktorarbeit kam ihre erste Tochter auf die Welt, heute haben | |
| die Petrys vier Kinder, der Jüngste ist vier. Ihn hat sie im Auto bekommen. | |
| Der Weg zum Geburtshaus war zu weit. | |
| Als ihre ehemaligen Kolleginnen und Kollegen am Institut für Humangenetik | |
| der Göttinger Universität von ihrer Politik-Karriere hörten, waren sie | |
| überrascht. „Ich hatte sie nicht so hardcore-konservativ in Erinnerung“, | |
| sagt eine, die mit ihr zusammengearbeitet hat. Petry, wissenschaftliche | |
| Mitarbeiterin damals, 29, sei sozial gewesen, habe sich um Doktoranden aus | |
| unterschiedlichsten Ländern gekümmert. Eine Teamplayerin. | |
| ## Ermittlungen wegen Insolvenzverschleppung | |
| Mit einem neuen Reifendichtmittel gründete Petry in Leipzig ein | |
| Unternehmen, sie bekam etliche Preise. Ihr Mann wurde Pfarrer in Frohburg, | |
| einer Kleinstadt zwischen Leipzig und Chemnitz, die Familie zog ins | |
| Pfarrhaus. Ende 2013 ging die Firma pleite, dann: Privatinsolvenz. Weil sie | |
| vor der Bundestagswahl nicht Insolvenz anmelden wollte, ermittelt die | |
| Leipziger Staatsanwalt wegen Insolvenzverschleppung. „Ich gehe davon aus, | |
| dass die Ermittlungen bald eingestellt werden werden“, sagt sie. | |
| Gleich beim ersten Parteitag der AfD im April 2013 wurde Petry zu einer von | |
| drei Sprechern - neben Lucke und dem pensionierten Publizisten Konrad Adam. | |
| Eine attraktive junge Frau, dazu aus dem Osten. Meist ungeschminkt. Das | |
| machte sich gut in einer Partei, die anders sein will als die anderen. | |
| Hätte Lucke damals geahnt, wie talentiert Petry als Politikerin ist, er | |
| hätte sich wohl eine andere Co-Sprecherin geholt. | |
| Die Partei, anfangs ganz auf ihn und seine Eurokritik zugeschnitten, | |
| scheitert 2013 knapp bei der Bundestagswahl, im Mai 2014 zieht sie mit 7 | |
| Abgeordneten ins Europaparlament ein. | |
| Ende August im Landtagswahlkampf in Sachsen tritt Petry, die | |
| Spitzenkandidatin, mit Lucke in Bautzen auf. Er bringt ein langes | |
| Redemanuskript mit, sie einen Korb mit Äpfeln aus ihrem Garten, so hat es | |
| ein Reporter aufgeschrieben. Sie merkt: Sie kann nicht nur den Kopf der | |
| Zuhörer ansprechen, sondern auch ihren Bauch. Eine Fähigkeit, die Lucke | |
| fehlt. | |
| ## Islamkritik, Grenzkriminalität, Flüchtlingshetze | |
| Petry setzt im Wahlkampf auf Islamkritik, sie thematisiert | |
| Grenzkriminalität und steigende Flüchtlingszahlen, gibt konservative | |
| Familienpolitik dazu und etwas „Das wird man wohl noch sagen dürfen“. Doch | |
| sie weiß um die Grenze, die sie nicht überschreiten darf. Nie würde sie | |
| Pegida als „natürliche Verbündete“ bezeichnen oder die AfD als Partei für | |
| diejenigen, „die kein Asylbewerberheim in ihrer Nähe wollen“, wie Alexander | |
| Gauland, der Brandenburger Landeschef. Sie beherrscht die Kunst der | |
| Andeutung. Wenn es brenzlig wird, reagiert sie. Als sich ihr Vize im | |
| Landtagswahlkampf abfällig über Behinderte äußert, ist er weg. „Ich kann | |
| auch streng sein“, sagt sie. | |
| Mit fast zehn Prozent zieht die AfD in den sächsischen Landtag ein, | |
| Brandenburg und Thüringen folgen zwei Wochen später. In Dresden hat Petry | |
| jetzt einen Stab, bezahlte Mitarbeiter - und viel Aufmerksamkeit. Bernd | |
| Lucke sitzt in Brüssel, Hunderte Kilometer entfernt. | |
| Er setzt jetzt alles daran, alleiniger Parteichef zu werden. Vor dem | |
| Parteitag Ende Januar stemmt Petry sich mit ihren Getreuen dagegen. Manche | |
| hat Lucke mit seinem autoritären Führungsstil vergrätzt, andere wollen noch | |
| stärker an die Stammtische ran. Lucke gewinnt. Er hatte gedroht | |
| auszusteigen. Noch glauben seine Gegner, ohne ihn gehe es nicht. „Die | |
| Chance der AfD liegt in ihrer programmatischen Breite“, sagt Petry im | |
| Moment ihrer Niederlage. „Wir wollten nie ohne Bernd Lucke, wir haben uns | |
| deswegen aufeinander zubewegt.“ | |
| Meint sie das damals ernst? | |
| ## Erzählungen über Intrigen | |
| Kritiker erzählen nun von einer ganz anderen Frauke Petry. Von einer | |
| Intrigantin, die sich öffentlich für Kompromisse ausspricht und diese dann | |
| hintertreibt. Bernd Kölmel, Landeschef in Baden-Württemberg und | |
| Europaabgeordneter der Partei, gehört zu Luckes Gefolgsleuten. „Fakt ist“, | |
| sagt er, „dass Frauke Petry sich für die Einerspitze ausgesprochen hat. In | |
| den Bussen, die aus Sachsen zum Parteitag nach Bremen gefahren sind, aber | |
| wurden Handzettel verteilt, auf denen stand: Bitte stimmen Sie gegen den | |
| Kompromiss.“ Nicht nur Kölmel erzählt diese Geschichte. Er sagt: „Bis dah… | |
| habe ich sie sehr geschätzt.“ | |
| Im Eiscafé am Göttinger Markt zerrt Petry an der Verpackung des Kekses, den | |
| die Kellnerin mit dem Latte macchiato gebracht hat. Auf die Handzettel | |
| angesprochen, sagt sie: „Das ist eine Unterstellung, das weise ich zurück.“ | |
| Auch andere Geschichten, wie jene, dass sie bereits bei einem Parteitreffen | |
| im März 2013 in Nürnberg hinter einem Abwahlantrag gegen Lucke gesteckt | |
| habe, seien schlicht falsch. | |
| Ende Januar ist Parteitag in Bremen, im Congress Centrum hält Petry die | |
| Eingangsrede. Sie fordert offene, konstruktive Diskussionen statt | |
| öffentlicher Schlammschlachten. Das trifft die Stimmung vieler. Lucke | |
| kritisiert die Arbeit des Bundesvorstands in seiner Rede als „stümperhaft“ | |
| und beschreibt sich allein als Motor der Partei. Er setzt sich mit seinem | |
| Plan noch einmal durch. Die Herzen der Mitglieder aber hat Petry erreicht. | |
| ## Lucke, ein politischer Autist | |
| Sie spricht sich eng mit ihren Vertrauten ab: dem Nationalkonservativen | |
| Gauland, der radikalen Lebensschützerin Beatrix von Storch und mit Markus | |
| Pretzell, den beiden Europaparlamentariern. Seit Bremen ist Pretzell, ein | |
| Intimfeind Luckes, ihr engster Verbündeter. „Ich habe ein paar Menschen in | |
| der AfD, denen ich hundertprozentig vertraue“, sagt Petry. „Bernd Lucke hat | |
| dieses Vertrauensverhältnis zu niemandem.“ Soll heißen: Lucke ist ein | |
| politischer Autist. | |
| Petry und Pretzell ziehen durch die Landesverbände, bei den | |
| Delegiertenwahlen für den Parteitag, der Mitte Juni in Kassel geplant ist, | |
| fallen Luckes Leute zunehmend durch. Der Professor merkt, dass ihm die | |
| Partei entgleitet. Er initiiert den „Weckruf 2015“ und fordert die | |
| Parteimitglieder auf, beizutreten - zur Rettung der AfD vor dem rechten | |
| Rand. Indirekt droht er damit auch, eine neue Partei zu gründen. Bisher | |
| haben sich allerdings nur knapp 4.000 der 22.000 AfD-Mitglieder seinem | |
| Weckruf angeschlossen. | |
| Petry sieht ihre Chance. | |
| „Ich kann mir nicht vorstellen, dass Bernd Lucke nach dem Parteitag weiter | |
| an der Spitze der AfD steht.“ Es ist ein Dienstag Mitte Mai, morgens hat | |
| Lucke den Weckruf in Straßburg offiziell vorgestellt. Am Abend läuft ihr | |
| Satz über die Nachrichtenagenturen. Das ist die offene Kampfansage. | |
| Von allzu Rechten grenzt sie sich nun ab. Sie weiß: Will sie die Partei | |
| führen, darf sie nicht zu extrem wirken. Björn Höcke fehle es an | |
| politischem Urteilsvermögen, er sei für Funktionen in der AfD ungeeignet, | |
| sagt sie dann. Höcke, der Thüringer Landeschef, ganz rechter Rand der AfD, | |
| hatte bezweifelt, ob jedes NPD-Mitglied extremistisch sei. | |
| ## „Petry steht für die Öffnung zum Rechtspopulismus“ | |
| Petry passe sich ihrem Gegenüber an, sagt Alexander Häusler, der ihr den | |
| Mittekurs nicht abnimmt. Der Sozialwissenschaftler aus Düsseldorf | |
| beobachtet die Entwicklung der AfD, seit es sie gibt. In einem Interview | |
| mit Blu-News, einem von Islamkritikern und Rechtspopulisten geschätzten | |
| Internetportal, spreche Petry auch mal von „Antifanten“, wenn es um | |
| antifaschistische Gruppen geht. „Das ist rechtsextremer Szenejargon, den | |
| kein Normalsterblicher kennt“, sagt Häusler. Seine Diagnose: Petry steht | |
| „für die inhaltliche Öffnung der AfD zum Rechtspopulismus“. | |
| In Göttingen ist es Mittag geworden, Petry sitzt mit dem nächsten | |
| Journalisten in einer Crêperie. Zwei Vermummte erscheinen, brüllen | |
| „Scheiß-Nazi“ und bespritzen sie mit Flüssigkeit. Petrys Bluse ist ganz | |
| nass danach. „Ich bin Chemikerin, das ist nicht gefährlich“, sagt sie und | |
| lässt sich von der Kellnerin ein Handtuch geben. Ausgesprochen cool habe | |
| sie reagiert, erinnert sich der Journalist. | |
| Am Abend in Northeim erntet Petry Applaus. Er könne fast alles | |
| unterschreiben, was sie gesagt habe, sagt der Moderator - doch das gehe ihm | |
| bei Lucke auch immer so. Die Zuhörer wollen, dass der Streit an der | |
| Parteispitze aufhört. Am liebsten wäre ihm, sagt einer, wenn sie es mit | |
| Lucke noch mal gemeinsam versuche. | |
| 2. Juni, Europaparlament. Petry steht neben einem Kamerastativ auf einem | |
| Flur, ihre Hände hat sie hinter dem Rücken verschränkt. Lucke läuft an ihr | |
| vorbei: „Was machst du denn hier?“ „Arbeiten“, antwortet sie knapp, der | |
| Mund schmal, die Hände bleiben hinterm Rücken. 22 Sekunden, die zeigen, wie | |
| kalt Frauke Petry sein kann. Der Clip steht noch auf Spiegel Online. | |
| Längst scheint es, als hätten Petry und ihre Leute die Mehrheiten für den | |
| Parteitag organisiert, doch dann geht es hin und her. Große und kleine | |
| Parteitage werden angesetzt und abgesagt. Aktueller Stand: Am 3. und 4. | |
| Juli soll in Essen der AfD-Vorsitzende gewählt werden. | |
| Frau Petry, treten Sie gegen Bernd Lucke an? „Ich habe immer gesagt, ich | |
| trete an, und das werde ich auch“, sagt Petry in dem Göttinger Eiscafé. | |
| Der Showdown naht. Sie lächelt. | |
| 3 Jul 2015 | |
| ## AUTOREN | |
| Sabine am Orde | |
| ## TAGS | |
| Schwerpunkt AfD | |
| Frauke Petry | |
| Machtkampf | |
| Schwerpunkt AfD | |
| Schwerpunkt Frankreich | |
| Ursula von der Leyen | |
| Schwerpunkt Rassemblement National | |
| Jean-Marie Le Pen | |
| Jean-Marie Le Pen | |
| Schwerpunkt AfD | |
| Schwerpunkt AfD | |
| Schwerpunkt AfD | |
| Schwerpunkt AfD | |
| Schwerpunkt AfD | |
| Schwerpunkt AfD | |
| Schwerpunkt AfD | |
| Schwerpunkt AfD | |
| Schwerpunkt AfD | |
| ## ARTIKEL ZUM THEMA | |
| AfD-Chefin unter Druck: Meineid-Ermittlungen gegen Petry | |
| Der Vorwurf: Frauke Petry soll vor einem Ausschuss falsche Angaben gemacht | |
| haben. Demnächst könnte ihr die Aufhebung der Immunität drohen. | |
| Gerichtsentscheidung in Frankreich: Nenn Le Pen „Faschistin“ | |
| Auch, wenn es ihr nicht gefällt: Front-National-Chefin Marine Le Pen muss | |
| hinnehmen, dass man sie als „Faschistin“ bezeichnet. | |
| Plagiatsjäger über von der Leyen: „Auf fast jeder zweiten Seite Plagiate“ | |
| Muss die Ministerin zurücktreten? Die Frage interessiere ihn nicht, sagt | |
| Plagiatsjäger Gerhard Dannemann. Einen Doktor aber habe sie nicht verdient. | |
| „Anstachelung zum Rassenhass“: Prozess gegen Marine Le Pen | |
| Marine Le Pen, Vorsitzende von Frankreichs rechtsextremen Front National, | |
| hetzte gegen Muslime. Jetzt steht sie dafür vor Gericht. Und will dort | |
| erscheinen. | |
| Familienstreit beim Front National: Jean-Marie Le Pen oben ohne | |
| Marine Le Pen hat ihren Vater als Femen-Aktivistin verspottet. Nach seinem | |
| Rauswurf hatte er angekündigt, am Sommertreffen der Partei teilnehmen zu | |
| wollen. | |
| Rechtsextreme Partei Front National: Parteigründer Le Pen rausgeworfen | |
| Wegen antisemitischer Parolen hat der Front National den Gründer Le Pen | |
| ausgeschlossen. Der Ausschluss könnte vor Gericht ein Nachspiel haben. | |
| Parteigründer Lucke tritt aus der AfD aus: AfD ist keine Alternative mehr | |
| Erst hatte Bernd Lucke den Machtkampf mit Frauke Petry verloren, nun | |
| verlässt der Parteigründer die Rechtspopulisten. | |
| Nach dem AfD-Parteitag: „NPD im Schafspelz“ | |
| AfD-Parteigründer Bernd Lucke plant eine Umfrage zur Gründung einer neuen | |
| Partei. Hans-Olaf Henkel geht gleich ganz. | |
| Nach dem Machtwechsel in der AfD: Durchmarsch des rechten Flügels | |
| Die Stellvertreter der neuen Parteivorsitzenden bestätigen den Rechtsruck | |
| in der Führungsmannschaft. Der Lucke-Flügel wird abgestraft. | |
| Kommentar Zukunft der AfD: Die neuen Rechtspopulisten | |
| Frauke Petry ist ein politisches Talent. Es könnte ihr gelingen, die AfD in | |
| der Parteienlandschaft zu etablieren. | |
| Machtkampf bei der AfD: Showdown in Essen | |
| Demütigungen und Ungeschick: Bernd Lucke verliert auf dem AfD-Parteitag | |
| deutlich. Frauke Petry präsentiert sich als Zukunft der Partei. | |
| Machtkampf in der AfD: Petry neue Vorsitzende | |
| Bernd Lucke wird ausgebuht und abgewählt. Seine Rivalin Frauke Petry | |
| gewinnt die Wahl zum Vorsitz mit deutlicher Mehrheit. | |
| Streit in der AfD: „Ohne Lucke keine Chance“ | |
| Die Bürgerlichen wählen keine Partei ohne klare Abgrenzung nach rechts, | |
| sagt der Politologe Oskar Niedermayer. | |
| Wegen juristischer Zweifel: AfD sagt Bundesparteitag ab | |
| Bei der Delegiertenaufstellung soll nicht alles mit rechten Dingen | |
| zugegangen sein. Alternativ könnte es nun einen Mitgliederparteitag Ende | |
| Juni geben. | |
| AfD-Chefs kritisieren Parteigründer Lucke: Hau ab, Bernd! | |
| Der Parteivorstand der rechtspopulistischen AfD hat den neuen Verein von | |
| Parteichef Lucke missbilligt. Die Co-Chefs Petry und Gauland wollen nicht | |
| mehr mit ihm arbeiten. |