# taz.de -- Kommentar zur EU-Krise: Nicht Griechenland ist das Problem | |
> Wer auf eine offene Debatte über die Euro-Rettung für die schwächeren | |
> Mitglieder hoffte, wurde bitter enttäuscht. Nichts dergleichen ist | |
> passiert. | |
Bild: Eher selten einer Meinung: Matteo Renzi (l.), François Hollande (M.) und… | |
Wieder einmal ist es Griechenland, das Europa in eine tiefe Krise zu | |
stürzen droht. So war es schon 2010/2011, als das Land sich gegen die | |
harten Sparvorgaben sträubte, als die damalige Regierung ein Referendum | |
wollte und darüber stürzte – auf Druck aus Brüssel, Berlin und Paris. Genau | |
den gleichen Film bekommen wir auch heute wieder zu sehen. | |
Doch es ist der falsche Film, auch wenn die Rhetorik von den | |
„Ansteckungsgefahren für andere Länder“ weiter den Eindruck nährt, wirkl… | |
schlimm stehe es nur um Griechenland, dem wahren Infektionsherd. Auch wenn | |
die Konfrontation von 18 gegen 1 in der Eurogruppe das Bild schafft, eine | |
große, geschlossene Gemeinschaft stehe gegen den einen, isolierten Sünder. | |
Nein, die Eurokrise beginnt nicht in Griechenland, und sie wird auch dort | |
nicht enden. Die Verwerfungen in der Währungsunion wurzeln viel tiefer. Sie | |
liegen in der tiefen Asymmetrie zwischen den Volkswirtschaften des harten | |
Kerns Europas und den Ökonomien in der südlichen Peripherie. | |
Mit dem Euro werde automatisch „Konvergenz“ einziehen, hieß es vor gut 15 | |
Jahren, doch das Gegenteil war der Fall. Und die globale Finanzmarktkrise | |
legte 2008 das enorme Gefälle in der Konkurrenzfähigkeit endgültig offen. | |
## Stimme für Wende in Europa | |
Sehr einfach war dann die Antwort, die Merkel-Deutschland durchsetzen | |
konnte: Die Krise sei zu lösen, wenn die anderen „uns“ nacheiferten, immer | |
neuen Vorgaben gehorchten und endlich „ihre Hausaufgaben“ machten. Das | |
haben sie getan – doch die Austerität hat im Süden Europas tiefe Spuren | |
hinterlassen. Italien etwa büßte 25 Prozent seiner Industrieproduktion ein | |
und hat heute eine Jugendarbeitslosigkeit von 43 Prozent. | |
Daher schien es, Italien könne unter Matteo Renzi wie Frankreich unter | |
François Hollande zur lauten Stimme für eine Wende in Europa werden. Doch | |
wer auf eine offene europäische Debatte über die Frage gehofft hatte, wie | |
der Euro nachhaltig auch für die schwächeren Mitglieder der Währungsunion | |
gestaltet werden kann, wurde bitter enttäuscht. Nichts dergleichen | |
passierte. | |
Denn in Rom oder Paris ist die Angst zu groß, den Konflikt mit Deutschland | |
und in Folge das Misstrauen der Märkte zu riskieren. Angela Merkels | |
Vorgabenpolitik hat auf ganzer Linie gesiegt, vorneweg gegen Griechenland | |
tatsächlich aber gegen die Zukunft der EU. | |
30 Jun 2015 | |
## AUTOREN | |
Michael Braun | |
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