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# taz.de -- Kolumne Fußball im Eishockeyland: Im Mikrowellen-Reservat
> In Montréal muss man ganz schön weit nach oben gehen, um zu merken, dass
> man gar nicht in Frankreich ist.
Bild: Amerikanische Kultur hat es in Montréal schwer. Nur in schummrigen Sport…
Nur auf dem Mont Royal merkt man, dass Montréal gar nicht in Frankreich
liegt. Man steigt hunderte Stufen aus der Stadt nach oben in Erwartung,
dass auf dem Berg, der der Stadt seinen Namen gab, gut gekleidete
Ausflugsfranzsosen in einem mondänen Café auf der Aussichtsplattform oder
im Chalet sitzen und sich gepflegt über die neue Ausstellung im Musée d‘Art
Contemporain oder das Programm des gerade laufenden weltgrößten
Jazzfestivals unterhalten.
Aber der beschwerliche Anstieg auf 200 Höhenmeter wird begleitet von Frauen
und Männern mit entblößtem Oberkörper, die schwitzend, schnaufend und
röchelnd den Berg hoch und kreuz und quer durch den Park rennen.
Auf den steilen Treppenstufen muss man über Leute klettern, die gerade
Dehnübungen am Geländer machen. Auf der schmucken Plattform spreizen und
zappeln Halbnackte ihre Beine schamlos in der Luft. Das öffentliches Piano
steht verloren mittendrin und wartet darauf wartet, dass wenigstens einer
mal „Für Elise“ spielt. Hoffnungslos. Höchstens benutzt es einer der
Sportkranken für Armbeugen oder legt die Beine zum Stretchen drauf.
Im Chalet gibt es statt Café au lait eine riesige Reihe mit Getränke- und
Snackautomaten, die unter anderem tiefgekühlte Fertiggerichte in Aluschale
anbieten. Unter historischen Fotoaufnahmen dieser Hügelanlage stehen extra
dafür zwei Mikrowellen bereit.
Die Frankokanadier haben den Amerikanokanadiern das Terrain hier oben
offenbar als eine Art Reservat überlassen. Unten in der Stadt ist Joggen
verboten. Jedenfalls inoffiziell. Jedenfalls rede ich mir das ein. Und nur
in amerikanischen Sportsbars gibt es kostenlos Popcorn.
Gegen eine weitere Amerikanisierung eines weiteren Parks, direkt unter dem
Mont Royal, gibt es allerdings großen Protest. Die Anwohner rund um den
Rutherford Park wollen nicht, dass dieser wie von der Satdt geplant, mit
Kunstrasen ausgelegt wird. Montréal ist übrigens schon immer absoluter
Vorreiter in Sachen Kunstrasen gewesen. Das erste Weltturnier auf
Kunstrasen fand hier statt: der Hockey-Wettbewerb der Olympischen Spiele
1976.
„Werden sie trotzdem am Freitag ins Stade Olympique kommen“, frage ich
einen der protestierenden Anwohner. „Aber sicher. Möge der Kunstrasen den
Deutschen zum Verhängnis werden und die Französinnen zu Weltmeistern
machen.“ Auf Caféhausrevoluzzer ist einfach Verlass.
25 Jun 2015
## AUTOREN
Doris Akrap
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