# taz.de -- Balz mit braunen Freunden: Der Dreck des Saubermanns | |
> In den kommenden vier Jahren sitzt der Wutbürger Fritjof Balz im Beirat | |
> in Blumenthal. Vor allem online verbreitet er seine Hetze. | |
Bild: Auch ein Mann mit feschem Kragen kann widerwärtige Posts verfassen | |
Wenn sich am 6. Juli in Blumenthal der Stadtteil-Beirat konstituiert, | |
werden auch die Bürger in Wut (BIW) drei Plätze besetzen. Mit 18 Prozent | |
wurden sie bei der Wahl im Mai drittstärkste Kraft hinter SPD und CDU. | |
Diesen Erfolg verdankt die BIW vor allem einem Kandidaten: Fritjof Balz. | |
Der hatte sich seit Herbst 2014 als Gründer der Bürger-Initiative gegen ein | |
Flüchtlingsheim in der Rekumer Straße einen Namen gemacht - und holte satte | |
3.294 Personenstimmen. | |
Mit Anzug, Krawatte und weißem BIW-Hemd gab Balz im Wahlkampf den | |
Saubermann. Auch als ihn Politiker aller Fraktionen für Wahlplakate | |
verurteilten, wiegelte er ab: Über einem Foto der Flüchtlingsunterkunft in | |
der Rekumer Straße stand darauf der Schriftzug: „Vollzug statt schöner | |
Wohnen“. Das habe mit Rechtspopulismus nicht zu tun, erklärte Balz | |
gegenüber Radio Bremen. | |
Etwas schmutziger macht sich Balz, wenn gerade keine Kameras laufen: In den | |
Kommentarspalten der sozialen Netze, etwa der Facebook-Gruppe „Rekumer Str. | |
12 - nicht mit uns“, die mittlerweile nur noch für Mitglieder zugänglich | |
ist. Balz schreibt von der „Asylwirtschaft, welche sich auf den Schultern | |
der Steuerzahler enorme Summen zuschustert“. Oder vom Krieg, den man besser | |
nicht mehr erwähne, weil der „uns sonst noch 100 Jahre aufs Brot geschmiert | |
und als Ausrede genutzt“ werde. | |
In den letzten Tagen legte er richtig los: Am 15. Juni postete er einen | |
wirren Kommentar, den er von rechten Verschwörungs-Blogs kopiert zu haben | |
scheint. Neben der Klage über Flüchtlinge aus Indien werden darin | |
antisemitische Verschwörungstheorien ausgebreitet: Dass ein Plan bestehe, | |
Europa zu einem „buntgemischten braun-gelb-schwarz-weißen Bastardenvolk“ zu | |
vermischen, um dann „von der Edelrasse der Juden regiert“ zu werden. Auch | |
von einer „zionistischen Vernichtungs-Agenda“ ist die Rede und dass diese | |
darin bestehe „40 Millionen Deutsche“ zu sterilisieren. | |
Den Post hat Balz schnell wieder gelöscht. Über Flüchtlinge aber diskutiert | |
er in der Gruppe fleißig weiter, aktuell wegen einer möglichen | |
Zelt-Unterkunft für Flüchtlinge in Bremen-Nord. „Was Blumenthal noch alles | |
aufnehmen“ müsse, fragt Balz. Zwei Zeilen darunter schreibt ein Lars Hinte: | |
„Anzünden“. Hinte meint: „Wer Wind säht, wird Sturm ernten.“ Seine | |
Aufforderung zur Gewalt bleibt unwidersprochen. Vielmehr schreibt Balz ein | |
paar Zeilen darunter: „Unsere Aufgabe wird es sein, ein Zeichen zu | |
setzten.“ Man solle „jetzt zeigen was Widerstand heißt“. | |
In der Facebook-Gruppe und der Bürger-Initiative, in der sich unter anderem | |
die rechten Hooligans der „Farge Ultras“ tummelten, ebenso wie | |
NPD-Politiker oder der Mitorganisator der Hogesa-Proteste mit dem | |
Spitznamen Captain Flubber, weiß man, was darunter zu verstehen ist. | |
Im Beirat allerdings scheinen das noch nicht alle verstanden zu haben. Eine | |
Zusammenarbeit mit der BIW wird nicht von allen kategorisch ausgeschlossen: | |
Obwohl die SPD mit sieben Sitzen die stärkste Fraktion stellt, soll | |
CDU-Mann Hans-Gerd Thormeier angekündigt haben, auch für den | |
Sprecher-Posten kandidieren zu wollen - und dafür braucht er die Stimmen | |
von Balz und seinen beiden BIW-Kollegen. Das heißt: Schon vor der ersten | |
Sitzung kommt die BIW für eine Koalition in Frage. | |
Für SPD-Sprecherkandidatin Ute Reimers-Bruns ist es „undenkbar“, auf die | |
Stimmen der BIW zu zählen, wegen der rassistischen Äußerungen, die gefallen | |
seien. Allerdings: Auch Reimers-Bruns hofft noch auf Läuterung bei der BIW: | |
„Wir werden sie in die Beiratsarbeit einbinden, dann sollen sie sich | |
beweisen“, so Reimers-Bruns. Ähnlich sieht das der künftige Beirat der | |
Grünen, Reinhold Koch. Auch er räumt Wutbürger Balz noch Chancen ein: „Es | |
kommt darauf an“, sagt Koch, „wie sich der Kollege im Beirat verhält.“ | |
Nachtrag: Am Freitag distanzierte sich Fritjof Balz von den | |
Online-Kommentaren und wies die Vorwürfe zurück. Zu dem Beitrag mit den | |
antisemitischen Passagen, den er am 15. Juni in der Facebook-Gruppe | |
„Rekumer Straße 12 - Nicht mit uns“ veröffentlicht hatte, erklärte er in | |
einer Stellungnahme für die BIW: Der angesprochene Text sei „zugesendet und | |
verfasst von einem Leser der Facebook-Seite“ und „wurde lediglich für drei | |
Minuten veröffentlicht“. | |
Nach erneuter Durchsicht sei der Beitrag sofort gelöscht worden, „da | |
Fritjof Balz sich in Gänze mit dem Inhalt nicht identifizieren konnte und | |
die dort gemachten Aussagen doch zu weit von der durch das Grundgesetz | |
garantierten Meinungsfreiheit abwichen“. Die BIW distanziere sich von den | |
Aussagen, gleichwohl lehne sie „eine Massenzuwanderung aus sicheren | |
Regionen sowie die derzeit noch praktizierte inkonsequente Asylpolitik mit | |
den damit verbundenen Konsequenzen ab“. | |
Weiter heißt es: „Der Kommentar eines Mitglieds der Facebook-Gruppe | |
‚RS12-Nicht mit uns‘, Flüchtlingsunterkünfte ‚anzuzünden‘, ist den | |
Administratoren schlichtweg entgangen“. Auch davon werde sich distanziert, | |
der Eintrag sei mittlerweile von der Seite entfernt. Und: „Die später von | |
Fritjof Balz gemachte Aussage, ‚unsere Aufgabe wird es sein, ein Zeichen zu | |
setzen‘, steht nicht im Zusammenhang mit diesem ‚Anzünden-Eintrag‘“. | |
Balz‘ Aussagen würden vielmehr in den „falschen Kontext“ gestellt und �… | |
dem Zusammenhang gerissen“. Damit würden die rund 2.000 Mitglieder der | |
Facebook-Gruppe in unzulässiger Weise pauschal verunglimpft. Außerdem könne | |
es „immer wieder zu problematischen Einträgen“ kommen, die „von Gegnern | |
unserer Positionen bewusst provokativ auf dieser Seite mit zum Teil | |
künstlichen Profilen gepostet werden“. | |
18 Jun 2015 | |
## AUTOREN | |
Jean-Philipp Baeck | |
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