# taz.de -- Stilmittel Selbstjustiz: Wutbürger klopfen nachts | |
> „Bürger in Wut“-Kandidaten dringen beim Infoladen „Katzensprung“ in | |
> Vegesack ein und wollen reden. Dort fühlt man sich bedroht. | |
Bild: Katzensprung-Aktivisten entsprechen dem Feindbild der Bürger in Wut. | |
BREMEN taz | In Vegesack ist es am Wochenende zu einer Konfrontation | |
zwischen den „Bürgern in Wut“ (BIW) und linken Aktivisten gekommen. In der | |
Nacht zum Sonntag waren drei BIW-Kandidaten im Hinterhof des linken | |
Infoladens „Katzensprung“ vorgefahren und wollten die anwesenden Aktivisten | |
angeblich zur Rede stellen. Die fühlten sich bedroht. Beide Seiten sagen, | |
sie riefen die Polizei – und fürchten jetzt weitere Eskalationen. | |
## Xenophobe Parolen flott abgehängt | |
Die BIW-Bürgerschaftskandidaten Oliver Meier und Fritjof Balz sowie ein | |
BIW-Beiratskandidat hatten zuvor Wahlplakate in der Gegend aufgehängt. | |
Diese seien nach ein paar Minuten wieder abgerissen worden, erklärte Balz | |
der taz. Weil die drei die Täter in dem linken Treff vermuteten, fuhren sie | |
dorthin. | |
Der Infoladen „Katzensprung“ ist in Vegesack im gleichen Haus mit dem | |
„Linkstreff“ der Linksparteiabgeordneten Claudia Bernhard sowie dem Büro | |
des „Bremer Erwerbslosen Verbandes“. Der Infoladen hatte erst Anfang | |
Februar eröffnet, auch als Reaktion auf die zunehmende Hetze gegen | |
Flüchtlingsunterkünfte. | |
Fritjof Balz, der nun für die BIW für die Bürgerschaft antritt, ist der | |
Gründer der Bürger-Ini „Rekumer Straße – nicht mit uns“. Deren Mitglie… | |
hatten teilweise mit xenophoben Parolen gegen die Unterbringung von | |
straffällig gewordenen minderjährigen Flüchtlingen in Blumenthal gewettert. | |
Kyra Behrje, Aktivistin des Infoladens, erklärt: „Die drei waren aggressiv, | |
sind im Dunkeln zum Fenster gestürmt und haben verlangt, dass Mike und sein | |
Freund aufmachen.“ Die beiden Aktivisten seien zufällig im Laden gewesen. | |
Sie hätten sich nicht getraut aufzumachen. Daraufhin habe Oliver Meier | |
versucht, die Hintertür zu öffnen. | |
Die alarmierte Polizei nahm von allen die Personalien auf. Für eine | |
Anzeigen gegen die Aktivisten gab es keine Anhaltspunkte, wegen der | |
abgerissenen Plakate ermittelt die Polizei weiterhin „gegen unbekannt“. | |
## Kandidaten beschuldigen drauflos | |
Die Aktivisten ihrerseits erwägen, Balz und Meier anzuzeigen. „Es ist | |
erschreckend, dass Bürgerschaftskandidaten den nächstbesten linksorientiert | |
Menschen beschuldigen und dann so einschüchternd vorgehen“, sagt Behrje. | |
Noch in der Nacht hatte Fritjof Balz ein Foto von sich auf Facebook | |
veröffentlicht: Mit geballter Faust und grimmiger Miene hält er ein | |
zerrissenes Wahlplakat in die Kamera. Die Darstellung der linken Aktivisten | |
sei falsch, sagte er zur taz: Niemand sei bedroht worden. „Ich wollte eine | |
Klärung über die abgerissenen Plakate herbeiführen“, so Balz, | |
„unbürokratisch und einfach.“ Nicht immer müsse man gleich die Polizei | |
rufen und so die Steuerzahler belasten. | |
## Mit Meier Auge in Auge | |
Auch Oliver Meier erklärte der taz, dass er Konflikte lieber „im Gespräch, | |
Auge in Auge“, löse. Dazu seien die Linken aber nicht bereit gewesen. Er | |
befürchtet, dass der Konflikt eskalieren könne, wenn man sich auf der | |
Straße begegne. „Es sind Nachwuchskräfte der Linkspartei, die durchwoben | |
ist von Antifa-Vertretern“, so Meier. Die „BIW“ würden als Feindbild | |
aufgebaut und ihr vorgeworfen, rassistische Plakate aufzuhängen, was nicht | |
stimme. | |
Ein BIW-Plakat sorgt aktuell besonders für Kritik: Über einem Foto der | |
Flüchtlingsunterkunft in der Rekumer Straße steht der Schriftzug: „Vollzug | |
statt schöner Wohnen“. Politiker aller anderen Bürgerschaftsfraktionen | |
hatten den Spruch gegenüber Radio Bremen verurteilt. | |
1 Apr 2015 | |
## AUTOREN | |
Jean-Philipp Baeck | |
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