# taz.de -- Nach der Regionalwahl in Spanien: Revolution in den Rathäusern | |
> In den großen Städten sind jetzt Bürgerbewegungen an der Macht. Ihrem | |
> Versprechen einer sozialen Politik wollen sie nun Taten folgen lassen. | |
Bild: Aktivistin und Bürgermeisterin: Ada Colau hat Zwangsräumungen den Kampf… | |
MADRID taz | Madrid, eine der korruptesten Städte Spaniens, wird künftig | |
von der pensionierten Richterin Manuela Carmena regiert. In Barcelona, | |
einer der Städte mit den höchsten Zahlen an Zwangsräumungen, sitzt mit Ada | |
Colau eine Aktivistin [1][gegen eben diese Räumungen] im Bürgermeisteramt. | |
Und in Valencia, Hauptstadt einer Region, wo die Küste wie sonst kaum | |
irgendwo [2][am Mittelmeer zugebaut wurde], nimmt ein Ökologe die Geschicke | |
der Stadt in die Hand. | |
Am Samstag traten überall im Land die am [3][24. Mai gewählten Gemeinde- | |
und Stadträte] zusammen. Sie wählten die Stadtregierungen und vollzogen so | |
den Wandel, den die Urnen erbracht hatten. | |
In fünf der zehn größten Städte Spaniens – Madrid, Barcelona, Zaragoza, | |
Cádiz, A Coruña – regieren erst vor wenigen Monaten entstandene | |
Bürgerlisten unter Beteiligung der neuen [4][Protestpartei Podemos], und in | |
einer weiteren Stadt – Valencia – ziehen die Ökosozialisten von Compromis | |
ins Bürgermeisteramt ein. | |
Die noch in Spanien regierende Partido Popular (PP) wird künftig mit Málaga | |
und Murcia nur noch zwei der zehn größten Städte halten. Sevilla und Las | |
Palmas gehen an die Sozialisten, dank der Unterstützung durch die dortigen | |
Bürgerlisten. | |
## „Sie vertreten uns!“ | |
Am Samstag glichen sich die Bilder überall: Tausende von Menschen | |
versammelten sich während der Investitur vor den Rathäusern. Kaum war die | |
Abstimmung über das Bürgermeisteramt beendet, brach Jubel aus. Die | |
frischgewählten Bürgermeister und Bürgermeisterinnen traten auf die Straße | |
und wurden begeistert gefeiert. | |
„Sie vertreten uns“, lautete einer der Parolen in Anlehnung an jenes „Sie | |
vertreten uns nicht“ der Empörten, als diese vor vier Jahren überall im | |
Lande die Plätze aus [5][Protest gegen Korruption und verknöchertes | |
Zweiparteiensystem] besetzten. In Madrid fand bis tief in die Nacht ein | |
Volksfest in einer der historischen Parkanlagen der Altstadt statt. | |
„Wir werden zuhören beim Regieren“, versprach die neue Bürgermeisterin | |
Madrids, die 71-jährige pensionierte Richterin Manuela Carmena. Ihre Liste | |
Ahora Madrid (Jetzt Madrid) erreichte mit Unterstützung der kleinen | |
sozialistischen Fraktion die Mehrheit im Stadtrat. Nur eine Stunde nach der | |
Investitur rief Carmena ihre Dezernenten erstmals zusammen. | |
Sie beschlossen die Senkung der Gehälter für die Mitglieder der | |
Stadtregierung und die Angehörigen der Fraktion von Ahora Madrid, die | |
Einrichtung eines Büros zur Untersuchung und Bekämpfung der Korruption | |
sowie Schulspeisung dreimal täglich für alle bedürftigen Kinder. | |
## Für ein Ende der Zwangsräumungen | |
Die neue Bürgermeisterin von Spaniens zweitgrößter Stadt Barcelona ist die | |
41-jährige Aktivistin Ada Colau. Sie wurde mit den Stimmen ihrer | |
Bürgerliste „Barcelona en Comú“ (Barcelona gemeinsam) und linker Parteien | |
ins Bürgermeisteramt gewählt. Colau versprach am Samstag in der bisher von | |
den konservativen katalanischen Nationalisten von CiU regierten Stadt | |
„unter die Teppiche zu schauen“. | |
Auch in Barcelona steht das Thema Zwangsräumungen ganz oben auf der Liste. | |
Neben weiteren sozialpolitischen Maßnahmen will Colau die Ansiedlung und | |
Entstehung neuer Unternehmen fördern, um die Arbeitslosigkeit zu bekämpfen | |
und die Wirtschaft der katalanischen Metropole zu diversifizieren. | |
Wie die restlichen Bürgerlisten auch, will Barcelona en Común die | |
Privatisierung im öffentlichen Dienst rückgängig machen. „Werft uns hinaus, | |
wenn wir nicht machen, was wir versprochen haben“, richtete sich eine | |
sichtlich gerührte Colau in der Antrittsrede an ihre Wähler. | |
14 Jun 2015 | |
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## AUTOREN | |
Reiner Wandler | |
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