# taz.de -- NSU-Untersuchungsausschuss in BaWü: „Ja, das Blut-Dings“ | |
> Vor dem Stuttgarter Landtag gibt sich ein führendes Mitglied der | |
> Schwäbisch Haller Ku-Klux-Klan-Gruppe weitgehend ahnungslos. | |
Bild: Ku-Klux-Klan-Mitglieder in West Virginia. Zwei Kollegen der getöteten Po… | |
STUTTGART taz | Die Gedächtnislücken des Zeugen sind groß. Wie so häufig | |
bei Zeugen aus der rechten Szene kann sich auch Steffen B., rotes Hemd und | |
schwere Ohrringe, immer dann besonders schlecht erinnern, wenn es um | |
Personen und Aktivitäten geht. Der 38 Jahre alte Tätowierer soll vor dem | |
NSU-Untersuchungsausschuss des baden-württembergischen Landtages Auskunft | |
geben über den „European White Knights of kkk“ (EWK-KKK), jene | |
Ku-Klux-Klan-Sektion im Raum Schwäbisch Hall, der auch der Polizist Timo H. | |
angehörte. Timo H. war der Gruppenführer von Michèle Kiesewetter und Martin | |
Arnold, jenen Polizisten, die 2007 in Heilbronn mutmaßlich Opfer des NSU | |
wurden. | |
B. sagt freimütig von sich, er komme aus der Skinheadszene. Zusammen mit | |
Achim Schmid, der offenbar gute Kontakte zu dem Klan in den USA hatte, | |
gründete er im Jahr 2000 den EWK-KKK. Ebenfalls Mitglied dieser Gruppe war | |
Thomas Richter, der später als V-Mann „Corelli“ enttarnt wurde. Richter | |
soll bereits 2005 dem Verfassungsschutz eine CD-ROM mit einer Datei namens | |
„NSU/NSDAP“ zugespielt haben. Corelli kann nicht mehr befragt werden, er | |
starb 2014 an einer unerkannten Diabetes. | |
Steffen B., immerhin Mitbegründer der Klan-Gruppe, will vor dem Ausschuss | |
nur wenig preisgeben. Vom NSU habe er erst aus der Presse gehört, sagt er. | |
Dass Richter ein V-Mann gewesen sei, habe er kaum glauben können. Und | |
letztlich habe der Klan nur wenig Wirkung entfaltet: Man habe sich zu | |
gelegentlichen Kreuzverbrennungen getroffen oder zum Aufnahmeritual, bei | |
dem neue Mitglieder ihren Beitritt mit Blut aus dem Finger besiegeln | |
mussten. Steffen B. sagt: „Ja, das Blut-Dings.“ Zum „Blut-Dings“ waren | |
offenbar auch der Polizeibeamte Timo H. sowie mindestens ein weiterer | |
seiner Kollegen bereit. Steffen B. hat keine Zweifel, was für einer | |
Gruppierung sie beitreten. | |
Dass sich mindestens 20 weitere Polizeibeamte für eine Mitgliedschaft im | |
KKK interessiert haben sollen, wie der frühere Klan-Dragon Achim Schmid in | |
einem Interview verlauten ließ, hält B. für aus der Luft gegriffen. Dabei | |
hat der Mann Verbindung zur Polizei: Steffen B.s Bruder Jörg ist ebenfalls | |
Polizeibeamter. Über ihn hatte B. auch die beiden Polizisten kennengelernt, | |
die ihre Mitgliedschaft später mit Blut besiegelten. | |
Beide Beamte kamen, nachdem ihre Mitgliedschaft bekannt geworden war, mit | |
Rügen und ohne disziplinarische Folgen davon. Die internen Ermittlungen des | |
Landeskriminalamts zeigten kaum Erfolge. Sie beschränkten sich auf den | |
bereits bekannten Personenkreis, wie die Befragung des zuständigen Beamten | |
im Untersuchungsausschuss zeigte. | |
Es habe zwar Hinweise auf weitere Polizisten im Ku-Klux-Klan gegeben, man | |
habe aber keine Namen ermitteln können, antwortete der Beamte auf Fragen | |
der Parlamentarier. Der Grünen-Abgeordnete Jürgen Filius fasste die | |
Ermittlungen des Landesbeamten lakonisch zusammen: „Ihre Ermittlungen haben | |
also nur bestätigt, was Sie bereits wussten.“ | |
8 Jun 2015 | |
## AUTOREN | |
Benno Stieber | |
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