# taz.de -- Kommentar Gysi-Rückzug: Nun erst recht übers Regieren reden | |
> Für die die Linke birgt der Rückzug von Gregor Gysi eine Chance. Die | |
> Partei muss in ernsthafte Diskussionen um ihren Kurs einsteigen. | |
Bild: Er wollte seinen Laden zusammenhalten: Gregor Gysi. | |
Er geht also. [1][Gregor Gysi gibt den Fraktionsvorsitz ab]. Auf den ersten | |
Blick eine schlechte Nachricht für die Reformer in der Linkspartei, die | |
irgendwann regieren wollen: Mit Gysi stand schließlich der prominenteste | |
Vertreter ihres Lagers an der Fraktionsspitze. Auf den zweiten Blick haben | |
die Realos aber Grund zur Freude, denn die Debatte um eine linke | |
Regierungsbeteiligung könnte endlich Fahrt aufnehmen. | |
Gysi mag seit der Bundestagswahl 2013 zwar den Ehrentitel des | |
Oppositionsführers tragen. Inhaltlich geführt hat er zuletzt aber nicht | |
einmal seine eigene Fraktion. Das Amt des Fraktionschefs definierte er | |
anders: Er wollte nicht vorangehen und für kontroverse Positionen kämpfen. | |
Er wollte seinen Laden zusammenhalten und stets Kompromisse zwischen den | |
verfeindeten Parteiströmungen finden. | |
Das führte zeitweise zu einer seltsam unpolitischen Haltung. Das pauschale | |
Nein der Linkspartei zu Auslandseinsätzen der Bundeswehr zum Beispiel ist | |
eines der größten Hindernisse für Rot-Rot-Grün. In Interviews mahnte Gysi | |
deshalb vor dem Parteitag, die Linke müsse ihre Position überdenken. Welche | |
Art von Einsätzen er für akzeptabel hält, wollte er aber partout nicht | |
verraten. | |
Damit machte er es den Gegnern einer Regierungsbeteiligung zu einfach: Sie | |
müssen gar nicht erst konkret erklären, warum die Bundeswehr weder mit | |
hundert Soldaten im Kosovo stehen noch syrische Chemiewaffen vernichten | |
darf. | |
## Kein Blatt vor den Mund nehmen | |
Das könnte sich jetzt ändern. Als einfacher Abgeordneter steht Gysi zwar | |
nicht mehr täglich vor den Kameras. Sein Wort ist in der Partei aber | |
weiterhin etwas wert, und auf die Befindlichkeiten der verschiedenen | |
Parteiströmungen muss er in Zukunft weniger Wert legen. Als Elder Statesman | |
wird er kein Blatt mehr vor den Mund nehmen. Damit könnte er seine Partei | |
zu einer ernsthaften Diskussion zwingen. | |
Und Gysis Nachfolger, die voraussichtlich Sahra Wagenknecht und Dietmar | |
Barsch heißen werden? Wagenknecht wird einen Teufel tun, eine rot-rot-grüne | |
Koalition vorzubereiten. Sie wird weiterhin den linkesten Teil der Linken | |
bedienen; in einer Art Arbeitsteilung, von der Bartsch profitiert: Er muss | |
den Fundamentaloppositionellen nicht den Bauch pinseln. Mit ihm stünde also | |
ein Reformer an der Fraktionsspitze, der ohne Drucksereien für eine linke | |
Regierung werben darf. | |
7 Jun 2015 | |
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[1] /Parteitag-der-Linken/!5202954/ | |
## AUTOREN | |
Tobias Schulze | |
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