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# taz.de -- Kita-Streik gescheitert: Jetzt sollen die Schlichter ran
> Geschlossene Kitas waren für die Kommunen finanziell leichter zu ertragen
> als andere Streiks. Am Ende war die Situation verfahren.
Bild: Verdi-Chef Frank Bsirske am Donnerstag in Frankfurt am Main bei der Strei…
Berlin taz | Zumindest ortstechnisch können sich die Erzieherinnen und
Erzieher bereits aufgewertet sehen: In das noble Kongresshaus Kap Europa im
Frankfurter Bankenviertel hat Verdi am Donnerstag die rund 330
Streikdelegierten aus dem ganzen Bundesgebiet geladen, um über den Stand
der Tarifauseinandersetzung im Sozial- und Erziehungsdienst zu beraten. Die
Atmosphäre ist angespannt. „Die Stimmung könnte besser sein“, räumt
Verdi-Vorsitzender Frank Bsirske ein.
Bis in den frühen Morgen hatten Bsirske und die Seinen mit den
VertreterInnen der Städte und Gemeinden um eine Verständigung in dem seit
Monaten andauernden Konflikt gerungen. Am Ende jedoch konnten sie sich nach
dem sechzehnstündigen Verhandlungsmarathon in Berlin nur darauf einigen,
sich nicht einigen zu können. Auf Vorschlag der Arbeitgeber soll nun per
Schlichtung eine Lösung gefunden werden.
Glücklich sind die in Frankfurt versammelten Gewerkschaftsmitglieder damit
nicht. „Ich habe eine Wut in mir, dass es so ausgegangen ist“, sagt Peter
Erlbeck aus Nürnberg. Noch in der Nacht zuvor saß er mit in Berlin am
Verhandlungstisch. „Es war unbefriedigend, ein Entgegenkommen der
Gegenseite gab es nicht.“ Eine Sozialarbeiterin aus Lehrte bei Hannover
sagt: „Wir waren vier Wochen auf der Straße und fragen uns jetzt: wofür?“
## Die Öffentlichkeit hätte kein Verständnis
Auf ein altes Verdi-Kampagnenplakat hat eine Erzieherin „Wortbruch“ in
Großbuchstaben mit blauem Edding-Stift geschrieben. Als Frank Bsirske den
Tagungsraum „Horizont“ betritt, klopfen ihm trotzdem viele auf den Rücken.
„Die Basis steht zu dir“, ruft ihm eine Erzieherin zu. Der Verdi-Chef
verteidigt das Ergebnis: „Die Öffentlichkeit hätte kein Verständnis, wenn
wir die Schlichtung nicht angenommen hätten.“
Die Situation ist verfahren. Auch nach vier Wochen Streik lehnen die
Kommunen weiterhin Forderung nach einer generellen Aufwertung der Sozial-
und Erziehungsberufe strikt ab. Die Hartleibigkeit der Arbeitgeber dürfte
auch damit zu tun haben, dass – anders als bei anderen Arbeitskämpfen –der
Ausstand ihnen keine Kosten verursacht, im Gegenteil. Rund 80 Millionen
Euro könnten die Städte und Gemeinden laut Berechnungen sogar bislang
gespart haben.
Jetzt hat sich Verdi bereit erklärt, den Streik auszusetzen. Am Sonntag
beginnt die vereinbarte Friedenspflicht. Sie gilt bis zum Ende der
Schlichtungsverhandlungen, die in der kommenden Woche beginnen.
## Für Verdi geht Herbert Schmalstieg als Schlichter ins Rennen
Als Schlichter hat Verdi Hannovers Ex-Oberbürgermeister Herbert Schmalstieg
benannt. Der 71-jährige SPD-Mann, der bereits 2010 im Streit zwischen
Arbeitgebern und Gewerkschaften im öffentlichen Dienst erfolgreich
vermittelt hat, gibt sich zuversichtlich: „Ich glaube, dass die Arbeitgeber
wissen, welche wichtige Aufgabe Erzieherinnen und Erzieher im
Kindertagesstättenbereich haben“, sagt Schmalstieg. „Da werden wir schon
was bewegen.“
Allerdings geht es Verdi nicht nur um die ErzieherInnen. Auch
KinderpflegerInnen, SozialassistentInnen, SozialarbeiterInnen,
SozialpädagogInnen, HeilerziehungspflegerInnen sowie Beschäftigte im
handwerklichen Erziehungsdienst und in der Behindertenhilfe sollen
bessergestellt werden. Mittels höherer Eingruppierung sollen sie alle
künftig im Durchschnitt 10 Prozent mehr verdienen.
Doch damit beißt die Gewerkschaft bei den kommunalen Arbeitgebern auf
Granit. Nur für ErzieherInnen, „denen schwierige fachliche Tätigkeiten in
einem pädagogischen Spezialgebiet übertragen sind“, sowie für
Kita-LeiterInnen und ihren Vertretungen haben sie bisher ein Angebot
gemacht – das weit hinter der gewerkschaftlichen Forderung zurückbleibt.
## Den Druck aufrechterhalten
Wen die Arbeitgeber als ihren Schlichter benennen, stand bis
Redaktionsschluss noch nicht fest. Verdi-Chef Bsirske rechnet mit einem
Ergebnis „bis Mitte übernächster Woche“. An einen Schlichterspruch wären
die Tarifparteien nicht gebunden. Er sei jedoch eine „starke Vorgabe für
beide Seiten“, sagt Bsirske.
An der in Frankfurt versammelten Basis ist der Kampfgeist weiter
ungebrochen. „Wir werden alles tun, was im Rahmen der Friedenspflicht
möglich ist, um den Druck aufrecht zu erhalten“, sagt Birgit Weindel. „Wenn
die Arbeitgeber uns ausbluten lassen wollen, dann werden wir ihnen zeigen,
wie stark wir Frauen sind.“ Die Sozialpädagogin aus Hattersheim ist
überzeugt: „Wir werden nicht einknicken.“
4 Jun 2015
## AUTOREN
Alina Leimbach
Pascal Beucker
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