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# taz.de -- Kommentar Russlands NGO-Gesetz: Angst vor der Freiheit der Anderen
> Das Gesetz über „unerwünschte Organisationen“ bedroht die
> Zivilgesellschaft. Auf dem Spiel steht jedoch mehr: der Anstand.
Bild: Demonstration für freie Meinungsäußerung im November in Moskau.
Moskau taz | Russland schottet sich in rasantem Tempo weiter ab. Am
Wochenende unterzeichnete Präsident Wladimir Putin das [1][Gesetz über
„unerwünschte Organisationen“], das ausländischen NGOs in Russland
jederzeit die Arbeit verbieten kann. Illusionen sind fehl am Platze. Ein
für allemal will Moskau den Kontakt zu Initiativen kappen, [2][die sich
Freiheit und Menschenrechte auf ihre Fahnen geschrieben haben].
Doch nicht der Westen in toto ist Adressat. Kontakte zu
rechtspopulistischen und faschistoiden Einrichtungen baut Moskau
zielstrebig aus. Auch antieuropäische Meinungsmacher erfahren stete
Aufmerksamkeit und Förderung.
Tatsächlicher Gegner des Gesetzes ist Russlands Zivilgesellschaft. Es ist
die Angst vor der Freiheit der Anderen, die den Kreml treibt. Die Furcht
vor einem Subjekt, das sich Aufrichtigkeit und Wahrhaftigkeit verpflichtet
fühlt und den Mut auch im Angesicht erdrückender Übermacht nicht verliert.
Das treibt die machthabenden Zyniker um.
Doch in Russland steht längst Zivilität als solche auf dem Spiel. Nach der
[3][Niederlage im Eishockey WM-Finale] verließ das russische Team das Feld
noch vor dem Abspielen der Hymne des kanadischen Siegers. Ein Minimum an
Regeln wird nicht mehr eingehalten. Demnächst könnte als Verräter gelten,
wer dem Sieger noch Achtung erweist, meinte einer der wenigen schockierten
Beobachter.
Vor dieser Entwicklung ist das [4][Einreiseverbot des
CDU-Bundestagsabgeordneten Karl-Georg Wellmann] zwar eine unschöne Geste,
aber nicht viel mehr als eine Retourkutsche für westliche Sanktionen. Auch
russische Politiker müssen in der EU und den USA vorerst draußen bleiben.
Im russischen Rechtsverständnis, das auf der Prämisse des ewigen
Opferstatus fußt, ist dies nichts anderes als die Wiederherstellung von
Gerechtigkeit. So erklärt sich Russland auch die Annexion der Krim. Da
treffen zwei Welten aufeinander, die mehr trennt als nur abweichende
Rechtsauslegungen.
Zugegeben, darüber müsste man reden. Wellmanns Ausschluss ist – wenn kein
bürokratisches Versehen – jedoch ein Signal: kein Bedarf an
Gesprächsaufnahme.
Vielleicht sollte Europa den Wunsch ernst nehmen und sich mal zurückziehen.
Ewig betteln versaut die Haltung. Bis der Nasenring schmerzt, an dem China
den Bären durch die Manege dirigiert.
26 May 2015
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## AUTOREN
Klaus-Helge Donath
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